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Offener Brief der großen Buchhandels-Ketten: »Frontalangriff auf Geschäftsmodell«

Das Thema Onleihe sorgt weiter für einen heftigen Streit unter den Beteiligten. Die Bibliotheken haben großes Interesse daran, sämtliche E-Book-Titel auch verleihen zu dürfen. E-Books sollen wie gedruckte Bücher von den Bibliotheken frei eingekauft und verliehen werden können. Vor allem sollen E-Books sofort nach Erscheinen zur Ausleihe zur Verfügung stehen.

Gegen diesen jüngsten Vorstoß des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV) sind zunächst Autorenverbände Sturm gelaufen: Die geforderte Liberalisierung der E-Book-Leihe solle von den Autorinnen und Autoren bezahlt werden und gehe auf Kosten des Buchsektors, also auch der Verlage und Buchhändler.

Zuletzt hatten sich verschiedene Verleger mit klarer Kritik an dieser Forderung der Bibliotheken zu Wort gemeldet.

Nun haben auch die großen Filialisten Thalia, Hugendubel, die Weltbild Gruppe, die Osiandersche Buchhandlung sowie Lehmanns Media ihre Position formuliert. „Die Forderung des dbv, künftig sämtliche E-Book-Titel für die Ausleihe durch Öffentliche Bibliotheken verfügbar zu machen, um diese den Nutzer ab dem Moment ihres Erscheinens kostenfrei überregional bereitzustellen, kommt einem Frontalangriff auf unser Geschäftsmodell gleich“, heißt es in einem Offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestages.

Und weiter: „Bibliotheken und der deutsche Buchhandel stellen, vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Einschränkungen, ihre digitalen Angebote noch stärker in den Vordergrund, um so den Bedarf an Büchern weiterhin zu decken. Die derzeitigen Restriktionen dürfen allerdings nicht zum Anlass genommen werden, den durch die Pandemie bereits stark angeschlagenen Buchhandel durch einen massiven Ausbau des digitalen Leihangebotes der Öffentlichen Bibliotheken zusätzlich unter Druck zu setzen oder gar dessen Geschäftsmodell zu zerstören.

Im zurückliegenden Jahr 2020 lag die Anzahl der Onleihe-Leihvorgänge von E-Books mit mehr als 30 Mio. bereits auf dem Niveau des gesamten kommerziellen E-Book-Absatzes mit Endkunden in Deutschland.

Die Anzahl der E-Book-Ausleihen von Öffentlichen Bibliotheken ist – nicht zuletzt durch den Einfluss von COVID-19 – überproportional angestiegen im Vergleich zum Absatz-Zuwachs aller E-Book-Händler. Während sich beim E-Book-Markt mit Endkunden in Deutschland gegenüber 2019 ein Mehrumsatz in der Größenordnung von 8-12% abzeichnet, lag der Zuwachs der E-Book-Ausleihen der Onleihe, nach Angaben des dbv, bei 17,7%. Hinzu kommt, dass von den Onleihe-Nutzer*innen, das sind bereits 25% aller Bibliothekskunden, nur rund 13% E-Books kaufen. Sie befriedigen ihren Bedarf vorrangig über die digitale Leihe.“

Kannibalisierung

Tatsächlich zeigen die Marktzahlen aus 2020, dass die Onleihe deutlich an Fahrt aufgenommen hat. In allen Bereichen lagen die Zahlen deutlich über den Vorjahreswerten.

Die großen Filialisten befürchten eine „Kannibalisierung“ des Buchhandels. „Das Angebot an physischen Büchern wird dagegen, aufgrund der begrenzten Budgets, zurückgefahren. Es ist vor diesem Hintergrund fraglich, ob die Öffentlichen Bibliotheken ihrem Auftrag, den kommunalen Zugang zu Büchern und Wissen sicherzustellen, mittelfristig noch gerecht werden können. Die neue Forderung des dbv verschärft die Konkurrenz zu Buchhandel und Verlagen noch einmal dramatisch“, so heißt es im Schreiben.

Die breite Verfügbarkeit von Ausleih-Titeln, mehr oder weniger parallel zum Erscheinungstag, schädige die Geschäftsgrundlage für Buchhändler.

„In dieser Situation sehen wir es nicht als Aufgabe der Politik an, die Vielfalt hochwertiger Angebote und einen lebendigen Buchhandelsmarkt durch die Schaffung einer umfassenden gesetzlichen Erlaubnis zum E-Book-Verleih durch Öffentliche Bibliotheken zu zerstören.“

 

 

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