Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt von Lektoren und Vertrieblern in den Fachverlagen grundlegend. De Gruyter-Chef Sven Fund erklärt, wie die Verlage sich personell für künftige Herausforderungen aufstellen.
Führen die neuen Herausforderungen durch Medienwandel und neue Vertriebsstrukturen zu einem „Job-Boom“ in den RWS-Verlagen?
Einen Job-Boom sehen wir nicht, die Aufgaben von Verlagen haben sich ja nicht schlagartig vermehrt, sie ändern sich inhaltlich derzeit stark. Daher besteht die Herausforderung in einer Weiterqualifikation der Kolleginnen und Kollegen in diesen Veränderungsbereichen.
Wie stark verändern der Medienwandel und die neuen Vertriebsstrukturen die Berufsbilder in den RWS-Verlagen?
Insbesondere ändern sich Berufsbilder mit Blick auf technische Aspekte. Das Arbeiten mit komplexen Redaktionssystemen und die Vorbereitung von XML-Daten bereits im Entstehungsprozess der Inhalte eröffnen neue Perspektiven, was für die Erschließung dieser Inhalte enorme Vorteile für die Nutzer bietet. Das hat Konsequenzen für den Vertrieb dieser Produkte, der deutlich erklärungsbedürftiger wird. Über eins sollten all die Veränderungen aber nicht hinwegtäuschen: Lektoren brauchen weiterhin die enge Bindung zu ihren Autorinnen und Autoren, um qualitativ hochwertige Inhalte mit Nutzwert akquirieren zu können. Und Verkäufer müssen weiterhin verkaufen können.
Welche Fähigkeiten müssen Bewerber heute darüber hinaus mitbringen?
In einer Phase massiver Veränderungen eines Marktes wie der von Verlagen – und dieses sowohl auf Seiten der Kundenerwartungen als auch der technischen Möglichkeiten – sind neben fachlichen Kompetenzen vor allem Veränderungsbereitschaft und die Offenheit zum Experiment gefragt. Wir können Berufseinsteigern heute nicht mehr, wie es noch die letzte Verlegergeneration konnte, voraussagen, wie ihr Arbeitsplatz bei Renteneintritt aussieht. Das als Chance und nicht als Unsicherheit zu verstehen, ist die Herausforderung.
Welche Chancen gibt es für Branchenfremde ohne Verlags- oder Buchhandelshintergrund?
Quereinsteiger im Lektorat tun sich meiner Beobachtung nach schwer, insbesondere im RWS-Bereich. Ich denke, dass nur inhaltlich qualifizierte Lektorinnen und Lektoren kompetente Gesprächspartner von Autoren sind. Im Vertrieb sehe ich gute Chancen für Branchenfremde.
Bringt das den Verlagen neue Impulse?
Über einen Mangel an neuen Impulsen kann unsere Branche nun wirklich nicht klagen. Dass neben unseren Kunden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zentrale Treiber dieser Veränderungen sind, ist deutlich. Darum investieren wir substanziell in Personal.
Die Fragen stellte David Wengenroth
Die Veränderung der Berufsbilder in den RWS-Fachverlagen war Thema einer Umfrage für das Supplement buchreport.spezial RWS Recht + Steuern, das am Freitag vergangener Woche der aktuellen Ausgabe von buchreport.magazin beilag. Die gesamte Umfrage finden Sie hier
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