Trotz der bundesweiten Lockerungen im stationären Handel habe der Online-Handel in Deutschland im 1. Halbjahr 2021 wieder deutlich zulegen können, meldet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) mit Verweis auf seine Verbraucherbefragung.
Grund dafür seien starke Nachholeffekten zum Jahresbeginn:
- Die E-Commerce-Umsätze mit Waren sind im 2. Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 19% gestiegen. Bereits im Vergleichszeitraum von April bis Juni 2020 war der Umsatz aufgrund von Corona-Effekten überproportional hoch um 17 Prozent gewachsen.
- Insgesamt gaben die Verbraucher im 2. Quartal im Online-Handel rund 24 Mrd Euro inkl. USt aus (2020: 20 Mrd) aus.
- Die Online-Umsätze bei Büchern und E-Books stiegen um knapp 10%.
- Größte Wachstumstreiber unter den Warengruppen waren im zweiten Quartal DIY-Produkte und Floristik (+ 37,3 Prozent), Drogerieprodukte und Lebensmittel (+ 34,2 Prozent bzw. 34,9 Prozent), Haus- und Heimtextilien (+ 31,5 Prozent) sowie Medikamente (+ 30,6 Prozent).
Im gesamten 1. Halbjahr summierten sich die Erlöse laut BEVH auf 45,2 Mrd Euro (inkl. USt), ein Plus von 23% gegenüber Vorjahr. „Dank der guten Umsatzentwicklung mit Waren liegt der E-Commerce im prognostizierten Wachstumskorridor und könnte in diesem Jahr erstmals die Umsatzgrenze von 100 Mrd. Euro übertreffen“, prognostiziert BEVH-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer.
Dass der Onlinehandel nicht mehr nur auf schwachen Vergleichszahlen wie im ersten Quartal wachse, sondern auch auf „überproportional starken Vorjahreswerten“, deute auf einen „Substanzeffekt“ hin, vermutet er. Die Menschen hätten den E-Commerce in der Pandemie als verlässlichen Partner kennengelernt und nutzten ihn „noch selbstverständlicher als zuvor“. Das zeige sich u.a. an folgenden Entwicklungen:
- Deutlich mehr online eingekauft wird in denjenigen Warensegmenten, die seit Mai auch stationär wieder deutlich zugelegt haben, wie zum Beispiel das Modesegment.
- Der Onlinehandel konnte besonders stark in jenen Warengruppen zulegen, die während der Pandemie weiter stationär in Lebensmittelgeschäften, Drogerien, Baumärkten und Apotheken angeboten werden durften. Im Vergleich der ersten Jahreshälfte 2020 zu 2021 am meisten zugewonnen haben die Waren-Cluster der Güter des täglichen Bedarfs (+43%) und Einrichtungen (+33%).
Multi-Channel-Anbieter profitierten am wenigsten
Die Versendertypen haben sich im 2. Quartal laut BEVH teils deutlich unterschiedlich entwickelt:
- Mit rund 23% am stärksten gewachsen ist der Umsatz im Handel auf Online-Marktplätzen, die aktuell auf einen Marktanteil von 51% kommen.
- Dicht dahinter rangieren Teleshopping-Anbieter mit einem Wachstum von 21% sowie Internet-Pure-Player (+21%) und Hersteller (Direct-to-Consumer) mit +20%.
- Das Schlusslicht bilden die Multichannel-Anbieter mit sowohl stationärem als auch digitalem Standbein. Sie legten mit rund 8% am wenigsten zu.
„Trotz ihres Wachstums konnten Multichannel-Anbieter aus eigener Kraft nicht das noch viel höhere Tempo in der Branche halten“, so Wenk-Fischers Erklärung für das vergleichsweise geringere Wachstum bei den Multi-Channel-Händlern. Anders sehe es dagegen bei den Plattformen aus, die Händlern den digitalen Markteintritt erleichterten und eine hohe Reichweite gäben. Für viele dieser Händler seien Plattformen deshalb „nicht nur ein Rettungsanker, sondern aktuell der gebotene Weg, um neben dem steigenden Aufwand des stationären Geschäfts weiter am E-Commerce teilzuhaben“.
Die Zahlen des BEVH sind insofern mit Vorsicht zu betrachten, als sie nicht auf Verkaufszahlen (Kassendaten) beruhen, sondern auf Hochrechnungen einer Befragung von 40.000 Privatpersonen in Deutschland zu ihrem Ausgabeverhalten im Online- und Versandhandel.
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