Bei den Fachverlagen ist die Digitalisierung sehr viel weiter fortgeschritten als bei den Publikumsverlagen: Für sie ist die Entwicklung neuer Vertriebs- und Erlösmodelle kein zaghaftes Experimentieren, sondern eine „Überlebensfrage“. Wie Haufe-Lexware dem Wandel begegnet, erläutert Geschäftsführer Carsten Thies (Foto) im Interview. Er hält die Keynote auf der „Paid Content-Konferenz“ der Akademie des Deutschen Buchhandels am 17. September 2013 in München (hier mehr).
Was muss ein digitales Produkt mindestens bieten, damit der Kunde bereit ist, dafür zu zahlen?
Die Wertschöpfung für den Kunden muss stimmen. Die liegt meist nicht direkt in den Inhalten sondern in Zeitersparnissen, Kosteneinsparungen, Qualitätsverbesserungen, Umsatzsteigerungen oder im Komfort der Nutzung und Bedienung. Aus meiner Sicht ist es ein Irrtum, zu glauben, Leser von Printprodukten würden für Inhalte bezahlen. Sie bezahlen für Herstellung und Transport. Deshalb funktionieren die alten Modelle im Zeitalter des Internets nicht.
Was bedeutet das Thema Paid Content für Ihren Verlag und wie gehen Sie damit um?
Traditionell waren Loseblattwerke die Hauptprodukte der Haufe Gruppe und Vertriebserlöse die mit Abstand wichtigste Erlösart. Anzeigenerlöse und Veranstaltungsgeschäft waren Randgeschäfte. Das Thema Paid Content ist deshalb eine Überlebensfrage für die Haufe Gruppe. Über die Jahre zeigt sich jedoch, dass die alten Geschäfts- und Erlösmodelle sich nicht direkt in die digitale Welt übertragen lassen. Die Geschäfts- und Erlösmodelle verändern sich stark. Wir bleiben uns dabei treu, denn das Geld kommt weiterhin von den Nutzern und nicht aus Anzeigenerlösen oder Sponsoring-Modellen. Aber die Leistungen, die wir bieten, für die die Kunden bezahlen, ändern sich grundlegend.
Wie vermarkten Sie in Ihre Bezahlinhalte?
Die Vermarktung ist in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Früher hat die Haufe Gruppe vor allem über Direktmarketing vermarktet, daneben auch über den Sortimentsbuchhandel. Durch die Ausweitung des Portfolios auf Software sind Fachmärkte und Fachhändler dazugekommen. Heute ist der Direktvertrieb über eine eigene Vertriebsmannschaft der am stärksten wachsende Channel. Auch das Direktmarketing hat sich stark gewandelt. Traditionell waren das vor allem Mailings, dann Telefon-Marketing. Heute ist für viele Produkte Google Adwords der wichtigste Marketing-Channel, vor dem E-Mail-Marketing. Auch über unsere Portale und die Suchmaschinenoptimierung machen wir weiterhin Fortschritte.
Sollte jeder Verlag Paid Content im Angebot haben?
Wenn Markt und Unternehmensressourcen Potenzial bieten, wird kein Unternehmer leichtfertig auf eine Erlösquelle verzichten, auch nicht auf Paid Content. Mir ist klar, dass das für viele Verlage in der heutigen Zeit nicht einfach umzusetzen ist. Dennoch sollte aus meiner Sicht jeder Verlag prüfen, mit welchen spezifischen Angeboten er einen Nutzen für seine Kunden schaffen kann, für den der Kunde bereit ist, zu bezahlen. Überlebensnotwendig ist das für jeden Verlag, der Vertriebserlöse für gedruckte Verlagsprodukte erzielt.
Interview: Akademie des Deutschen Buchhandels
… „Aus meiner Sicht ist es ein Irrtum, zu glauben, Leser von Printprodukten
würden für Inhalte bezahlen. Sie bezahlen für Herstellung und
Transport. …“
Mit Verlaub: auch in Printprodukten zählt in erster Linie der Inhalt. Sonst würden hübsch eingebundene Bücher mit leeren Seiten ja ein Kassenschlager sein. Die eingangs genannte Wertschöpfung muss auch bei Printprodukten stimmen.
Der Haufe-Verlag ist auch sehr teuer, aber im Vergleich zur Apotheke C.H.Beck noch human. Und C.H.Beck ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie hinterwäldlerisch die Fachverlage in Wirklichkeit sind! Den Palandt (z. B.) gibt es noch immer nicht als eBook, dafür aber in einer grässlichen Abkürzungssprache und trotzdem „untragbar“ schwer. Hier wäre ein eBook geradezu Pflicht mit Notiz-, Kommentierungs- und sehr guter Suchfunktion. Dann könnte man den Text auch wieder lesbar schreiben!
QUOTE: “ eBook geradezu Pflicht mit Notiz-, Kommentierungs- und sehr guter Suchfunktion“
Was Sie da beschreiben sind Funktionen einer eBook Reader Software. Das hat mit dem eBook an sich wenig zu tun. Völlig illusorisch zu glauben Verlage würden sowas in ein eBook implementieren wo doch schon der simpelste Adobe Reader (free) das bietet.