Der Verlag Friedrich Oetinger wurde am 12. Juni 1946 von dem damals 39-jährigen Buchhändler und Antiquar Friedrich Oetinger in Hamburg gegründet… So beginnt die Geschichte der heutigen Verlagsgruppe Oetinger, die bald ihr 75-jähriges Bestehen feiern kann. Zuvor wird aber radikal umgebaut.
Verkrustete Strukturen aufbrechen, umfassende Sanierung, grundlegender Change: Bei der Hamburger Verlagsgruppe Oetinger redet das Management-Trio Julia Bielenberg, Christian Graef und Thilo Schmid im Klartext-Modus. Der Verlag ist weiterhin in Familienbesitz, Bielenberg (49) gehört zur dritten Generation und erzählt: „Ich schätze sehr, was die beiden vorherigen Generationen geleistet haben, und es ist für mich eine große Verantwortung, das fortzuführen, unsere Stärken zu erhalten und weiterzuentwickeln. Als Unternehmerin habe ich erkannt, dass wir uns grundsätzlich verändern müssen. Das war nicht von vornherein absehbar, ich beschreibe das gerne mit einer Renovierungsmetapher: Man kratzt die alte Tapete von der Wand und merkt, dass es nicht mit ein paar Ausbesserungen und frischer Farbe getan ist, sondern dass eine umfassende Sanierung gefragt ist.“
Die wurde 2015 begonnen und soll 2020 in einen Umzug vom traditionellen Firmensitz an der ländlichen Hamburger Peripherie in die City münden. Der Umzug soll die Veränderung materialisieren und steht im Zeichen einer stärkeren Vernetzung:
- Mitten ins Leben: Die zentrale Großstadtlage soll Elfenbeinturm-Tendenzen entgegenwirken, den Kontakt zu den Zielgruppen Autoren, Kunden und Handel erleichtern.
- Aufgelöste Silos: Statt wie bisher in den getrennten Landhäusern sollen die Abteilungen unter einem Dach enger und räumlich flexibel zusammenarbeiten
- Neue Arbeitswelten: Die festen Arbeitsplätze werden aufgelöst, Workshop-Bereiche geschaffen, agile Projektentwicklungstechniken gefördert.
All das soll die Produktion beflügeln, eine ergebnisverbessernde Effizienz sichern und auch helfen, attraktiver für junge Mitarbeiter zu werden.
In einem großen buchreport-Interview erläutert das Oetinger-Führungstrio, wie es die Kolleginnen und Kollegen in die Mitverantwortung nimmt, ihren Gestaltungswillen fördert und dafür sorgen will, „dass wir alle über den Tellerrand hinausschauen“, sagt Christian Graef: „Wir sind jetzt ein Paradebeispiel für einen sehr grundlegenden Change, weil wir keinen Stein auf dem anderen gelassen haben.“
Der Verlag brauchte ein neues Mindset
Thilo Schmid: „Es ist sehr deutlich geworden, dass der gesamte Verlag seine Arbeits- und Denkweise verändern muss, ein neues Mindset braucht.“ Mit Hilfe externer Beratung und Kreativworkshops mit dem Ziel: „Raus aus der viel zitierten und larmoyanten Komfortzone in eine selbstbestimmte und gestaltbare Zukunft – und das nicht nur als Unternehmen im Ganzen, sondern gerade auch als Mitarbeiter und Mitarbeiterin: Was kann und möchte ich beitragen? Was wird mir zugemutet? Was wird mir zugetraut? Was fehlt mir und dem Unternehmen, um richtig gut zu sein? Die Antworten auf diese Fragen haben eine Authentizität und eine Kraft, die in eine tragfähige Zukunft führt.“
Das Management-Trio Julia Bielenberg, Christian Graef und Thilo Schmid spricht offen über die Herausforderungen des Change-Prozesses im buchreport.magazin 1/2020 und im PLUS-Bereich von buchreport.de: „Raus aus der Komfortzone“.
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