Während die europäischen Politiker in der Schuldenkrise an einer verstärkten Integration der Länder unter dem Dach der EU plädieren, wagt Frankreich bei der Mehrwertsteuer für E-Books einen Alleingang. Zum Jahreswechsel sollen elektronische Bücher unter den ermäßigten Steuersatz fallen – was die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen könnte.
Nach einem Bericht von zdnet.fr hat Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy beim Forum von Avignon das vor einem Jahr gesetzlich besiegelte Vorhaben (buchreport.de berichtete) bekräftigt, zum 1. Januar 2012 die Mehrwertsteuer bei E-Books von aktuell 19,6% auf dann 7% zu senken – ursprünglich waren 5,5% geplant, doch die Regierung will mit der Anhebung des reduzierten Steuersatzes ein paar Mrd Euro kassieren, um die Verschuldung zu entschärfen (buchreport.de berichtete). Dies wiederum erzürnt die französische Buchbranche.
Leitet die EU ein Verfahren gegen Frankreich ein?
Doch Branchenfunktionäre rechnen weiterhin mit einer unangenehmen Antwort aus Brüssel. Denn von Beginn des Gesetzesverfahrens an war besonders das grenzüberschreitende Element des Gesetzes strittig: Während nationale Preisbindungssysteme auch nach Meinung der EU-Beamten zulässig sind, verstößt eine Bindung ausländischer Händler an feste Preise nach der bisherigen Rechtsauffassung der Kommission gegen die im EU-Vertrag garantierte Warenverkehrsfreiheit.
Auch die französische Regierung hatte im vergangenen Jahr zunächst eingeräumt, der Vorstoß sei nicht kompatibel mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, die Vorgaben über die Ausgestaltung der nationalen Umsatzsteuergesetze macht – und insofern aussichtslos. Später berief sich Paris auf die Ausnahmeregelungen für die französische Kultur, speziell auf das „Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ der UNESCO vom Oktober 2005 (hier mehr Infos). Das Übereinkommen schafft eine völkerrechtlich verbindliche Grundlage für das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik. Die Konvention trat am 18. März 2007 in Kraft.
Börsenverein applaudiert Vorstoß
Hierzulande hat der Börsenverein den Vorstoß Frankreichs begrüßt: Auf einen solchen Vorstoß beim Thema Mehrwertsteuersatz warteten Verleger und Buchhändler in Deutschland bis heute. „Mehr noch: Wenn es um die Anwendung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf digitale Bücher geht, präsentiert sich bei den gegenwärtigen Verhandlungen auf europäischer Ebene ausgerechnet die deutsche Seite als Bremser.“
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