Als Geschäftsführer der Kalenderverlag KVH stehen Ulrich Granseyer, Claudia Knauss, Michael Gilles, Peter Keil, Ute Edda Hammer und Michael Borg in der Pflicht (v.l.). |
Beim Mannheimer Verlagsgruppe Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus (BIFAB) sind Licht und Schatten derzeit nah beieinander. In der vergangenen Woche hat BIFAB den Geschäftsbericht vorgelegt: Weil neben dem Nachfragerückgang im Bereich Allgemein-Lexika auch der Rechtschreib-„Duden“ nach dem Boomjahr 2006 wieder auf Normalpegel fließt, ist die BIFAB AG (an der Langenscheidt seit 20 Jahren 76% der Anteile hält) vergangenes Jahr von 80,3 Mio auf 65,5 Mio Euro (–18%) geschrumpft. Die Umsätze der Verlagsgruppe, also einschließlich Schulbuch und Kalender, sind von 107,6 Mio Euro auf 92,6 Mio Euro (–14%) zurückgegangen.
Den Umsatzeinbrüche im Nachschlagebereich stehen die Hoffnungsträger gegenüber. Im Schulbuch- und vor allem im Kalendergeschäft wollen die Mannheimer wachsen – und zwar durch das Zusammengehen mit dem Heye Verlag: An dem zum 1.4. neu gegründeten Holding Kalenderverlag KVH ist BIFAB zu 56,9% beteiligt (die anderen Anteile halten die ehemaligen Heye-Gesellschafter). „Wir wollen der entscheidende Partner des Sortiments im Kalendergeschäft werden“, legt Ulrich Granseyer, BIFAB-Vorstand und Vorsitzender der Holding-Geschäftsführung, die Sprunglatte für den jungen Kalenderriesen auf.
Die Konkurrenz, namentlich die drei großen Verfolger Korsch, teNeues und DuMont, stehen bei folgenden Vitalwerten unter Zugzwang: Mit mehr als 1000 Titeln und einem addierten Umsatzvolumen von rund 35 Mio Euro haben BIFAB und Heye den größten nationalen Kalenderanbieter aus der Taufe gehoben. Was auf dem Papier per Unterschrift unter dem Kooperationsvertrag auf den Weg gebracht wurde, gewinnt in diesen Monaten konkrete Konturen. „Wir verbinden zwei Unternehmen, die ideal zusammenpassen und die sich hervorragend ergänzen“, schilderte Heye-Verlegerin Claudia Knauss während der ersten Koordinationskonferenz der Kalenderverlag KVH Anfang Mai am Heye-Sitz in Unterhaching.
Mit gepflegter Eigenständigkeit
Neben Granseyer und Knauss gehören Michael Gilles und Ute Edda Hammer (BIFAB) sowie Peter Keil und Michael Bork (Heye) zum Führungsteam des Verlagsverbundes, der seine offizielle Adresse am Heye-Standort hat. Unter dem Dach der Holding-Konstruktion soll die Eigenständigkeit von Heye und der BIFAB-Tochter Kalenderverlag Mannheim mit den Eigenmarkten Weingarten, Harenberg, Brockhaus, Duden und Meyers unangetastet bleiben.
„Wir gehen davon aus, dass sich der Markt nennenswert positiv entwickelt und wollen uns gegenseitig befruchten“, betont Granseyer. Zu den Hauptaufgaben der Holding gehört die zentrale Steuerung der Verlage in den Bereichen Programm, Vertrieb und Finanzen. Für den 1962 gegründeten Heye Verlag wurde mit dem Zusammenschluss zugleich die Nachfolgefrage geregelt. Es war kein Geheimnis, dass Verlegerin Claudia Knauss seit Längerem mit ihrem Ehemann Jürgen Knauss auf der Suche nach einer Lösung war, um den Fortbestand des Unternehmens langfristig abzusichern.
Die 1947 in München geborene Heye-Chefin dockte nach dem Französisch-Studium in der Schweiz zunächst als Mitarbeiterin der Werbeagentur Heye & Partner an, bevor sie 1980 in den Heye Verlag wechselte. 1988, im Jahr des Todes des Verlagsgründers Friedrich Wilhelm Heye, übernahm sie gemeinsam mit ihrem Mann und Peter Keil (kaufmännische Geschäftsführung) die Leitung des Unternehmens.
Der Weg vom Nischenanbieter im Bereich Humor & Cartoon zum Vollanbieter wurde in den folgenden Jahren konsequent fortgesetzt. 2000 kamen das Fachhandelsprogramm von Mohn sowie die Starkalender von Danilo ins Programm. In dem Unternehmen arbeiten heute 70 Mitarbeiter, neben den Kalendern wird flankierend eine Auswahl an Papeterie-Produkten, Puzzles und Spielen angeboten.
„In der Tat war es so, dass wir seit geraumer Zeit miteinander gesprochen haben“, blickt Claudia Knauss auf die Anbahnung der BIFAB-Partnerschaft zurück, über die in der Branche längere Zeit heiß spekuliert wurde. Beide Seiten hätten in den Begegnungen sehr schnell Gemeinsamkeiten entdeckt. „Uns verbindet ein großes Marken- und Qualitätsverständnis“, betont Claudia Knauss. „Wir haben die gleichen Ansichten über Unternehmensführung und zudem rasch erkannt, dass wir ähnliche Unternehmenskulturen pflegen“, ergänzt Heye-Gesellschafter Peter Keil.
Mit verstärkter Mannschaft
Dass BIFAB nach den Zukäufen des Kalenderbereichs von Harenberg und Weingarten noch weitere Pläne verfolgt, wurde bereits bei Bekanntgabe einer Personalie gemutmaßt, die im November 2007 durch die Branche ging. Seinerzeit meldete BIFAB, dass der damalige DuMont-Kalenderchef Michael Gilles die Kölner DuMont-Schauberg-Gruppe verlassen würde, um den Kalenderverlag Mannheim nach der Weingarten-Akquise zu verstärken.
Gilles hatte den Marktauftritt der seit 2004 eigenständig operierenden DuMont-Schauberg-Tochter DuMont-Kalenderverlag als Geschäftsführer deutlich ausgebaut. Als er 2001 in Köln anfing, wurde das Programm mit 70 Titeln bestritten. Für das Jahr 2008 schickte das Unternehmen insgesamt 235 Kalender ins Rennen. Gilles trat im Januar als Nachfolger des langjährigen Weingarten-Verlegers Rainer Berger in die Dienste von BIFAB und an die Seite von Ute Edda Hammer und Ulrich Granseyer.
Mit genauem Feintuning
Derzeit sind die Geschäftsführer der Holding mit einer Analyse beschäftigt, um festzustellen, an welchen Stellen Optimierungsprozesse in Gang gesetzt werden können. „Wir arbeiten die jeweiligen Stärken aus und stimmen uns bei der Themenwahl und Komposition der Programme in enger Zusammenarbeit ab“, skizziert Ute Edda Hammer den Plan für die kommenden Monate. Als Pfund werfen die Geschäftsführer der Holding das Profil des Komplettanbieters für den Handel in die Waagschale, der inhaltlich kaum eine Nische auslässt. Auch bei den Preisen wird die komplette Klaviatur bespielt. „Wir sind nun in allen Segmenten stark vertreten. Dem Sortiment können wir aus einer Hand die komplette Bandbreite dessen anbieten, was Kalenderkäufer heute verlangen“, stellte Granseyer schon bei der Vorstellung der Allianz als Alleinstellungsmerkmal des neuen Kalenderprimus heraus.
Unmittelbar ausschöpfbare Vorteile sehen die Leiter des Verlagsverbundes beim gemeinsamen Papiereinkauf, eine bessere Verhandlungsposition ergibt sich auch im Geschäftsverkehr mit Bildagenturen und Druckereien. Auch beim Marketing und in der Werbung sind gemeinsame Aktionen geplant. Die Vertriebsmannschaften werden nicht tangiert, sie ziehen für die „starken Marken“ weiterhin wie gewohnt separat ins Feld. An den Standorten wird festgehalten. Eine Garantie gibt es in dieser Frage allerdings nicht. Granseyer: „Das ist erst einmal ein gültiges Wort. Man kann aber natürlich nicht ausschließen, dass sich daran langfristig irgendwann etwas ändert.“
Rainer Uebelhöde
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