Der Online-Händler Amazon pflegt in seiner Außendarstellung das klassische amerikanische Erfolgspathos mit einer Inbrunst, wie man sie sonst fast nur aus Hollywood-Filmen kennt. Die Kommunikation zur Entwicklung seines E-Book-Geschäfts etwa ist so eine erstaunlich simple Mischung aus der Verkündung großer Ereignisse („erstmals mehr elektronische als gedruckte Bücher verkauft“) und großer Ergriffenheit (Jeff Bezos: „Wir hätten nie gedacht, dass es so schnell gehen würde.“).
Klar: Konkrete Zahlen stören da nur. Die Erinnerung an seine jüngsten Bilanzen nähren zum Beispiel ernsthafte Zweifel an Bezos’ Überrumpelung, denn Amazon lässt ja um den Preis erheblicher Ergebnisminderung nichts unversucht, damit es mit dem E-Book „so schnell geht“. Und so beantwortet sich zwanglos von selbst, was uns der jüngste Fanfarenstoß der Amazonen über die Entwicklung des E-Book-Marktes lehrt, zumal des deutschen.
Denn: Die Sensationsmeldung, ihre Richtigkeit einmal vorausgesetzt, bezieht sich nur auf den Absatz von Titeln, nicht auf erzielten Umsatz. Ob sie wirklich eine Wasserscheide markiert, ist deshalb nicht einmal für den US-Markt klar, wo Amazon und Co. die E-Books mit Kampfpreisen in den Markt drücken, die sie sich auf Dauer nicht werden leisten können und wollen.
Viel weniger für den deutschen Markt, wo die Preise gebunden und die Konsumenten konservativer sind, vor allem aber der stationäre Buchhandel längst nicht so marginalisiert ist wie in den USA. Sicher: Auch hierzulande entsteht ein E-Book-Markt. Aber Tempo und Ausmaß bleiben unwägbar. Und nüchterne Planung die bessere Reaktion als nebulöses Pathos.
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