Für die Freiheit des Wortes in Belarus
Das PEN-Zentrum Deutschland und der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller solidarisieren sich mit der Demokratiebewegung in Belarus
Das PEN-Zentrum Deutschland und der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS in ver.di) fordern Alexander Lukaschenko, den Präsidenten von Belarus, auf, das Strafverfahren gegen den Koordinierungsrat der Opposition zu stoppen und Gespräche mit der Demokratiebewegung zu führen, um einen friedlichen Machtwechsel zu ermöglichen.
Die Europäische Union erkennt das Ergebnis der Präsidentschaftswahl, die am 9. August 2020 endete, nicht an. Wir schließen uns dieser Haltung an. Offensichtlich verlief die Wahl nicht nach demokratischen Standards und die proklamierte Wiederwahl von Präsident Lukaschenko scheint zweifelhaft.
Wir sind darüber hinaus mit unseren Herzen und Gedanken bei den abertausenden Menschen, die friedlich auf die Straßen gehen, mit den Streikenden der Staatsbetriebe und mit allen Menschen, die sich Demokratie und Freiheit wünschen, aber nicht auf die Straße trauen. Wir trauern mit ihnen um die Verletzten und Toten, wir verlangen und hoffen mit ihnen, dass die Gefangenen freikommen und die Folterverletzungen wieder verheilen.
Wir begrüßen den von der ins Exil geflüchteten Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja in der vergangenen Woche gegründeten Koordinationsrat, der nach eigenen Angaben eine friedliche Machtübergabe vorbereiten will. Ihm gehören nach unseren Informationen rund 70 Personen aus Politik, Wirtschaft und Kultur an, darunter auch die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Die 72-Jährige hat in diesen Tagen Lukaschenko immer wieder dazu aufgefordert, abzutreten. Im Radio Swobody sagte Alexijewitsch: »Meiner Ansicht nach hat die Staatsmacht der eigenen Nation den Krieg erklärt. Ich habe mit bloßem Auge gesehen, wie sie die Situation zugespitzt hat. Damit meine ich besonders das Verhalten der Sonderpolizei OMON, die auf Autos geschossen hat, auch wenn dort kleine Kinder mitgefahren sind. Friedliche Menschen wurden einfach auf der Straße festgenommen.«[1] Alexijewitsch war von 2008 bis 2010 Stipendiatin im Writers-in-Exile-Programm des deutschen PEN-Zentrums.
Am 20. August kündigte der Generalstaatsanwalt in Belarus an, es sei ein Strafverfahren gegen den Koordinierungsrat eingeleitet worden, denn das Gremium gefährde die nationale Sicherheit. Auf solche Vorwürfe stehen in Belarus fünf Jahre Haft.
Der Koordinierungsrat versteht sich jedoch nach eigener Darstellung als Beratungsgremium, das Kontakt zu den Protestierenden hält und die Verhandlungsgruppe unterstützen will, die sich aus Mitgliedern des Wahlstabs und Vertrauenspersonen von Tichanowskaja zusammensetzt. Einziges Ziel dieser Gruppe sei der friedliche Machtwechsel. Tichanows-kaja hat ihre Bereitschaft erklärt, das Präsidentenamt in Belarus bis zu schnellen neuen freien Wahlen zu übernehmen.
Wir Schriftstellerinnen und Schriftsteller von PEN und VS wünschen uns für Belarus eine friedliche Entwicklung, die seinen Bürgerinnen und Bürgern Freiheit und demokratische Teilhabe an den Geschicken ihres von ihnen geliebten Landes ermöglicht. Wir treten stets für die Freiheit der Rede ein und wenden uns gegen jegliche Gewalt und Unterdrückung der Meinungsfreiheit und politischen und kulturellen Selbstbestimmung.
Wir unterstützen den Aufruf der Union der Schriftstellerinnen und Schriftstellern von Belarus (UBW), die Gewalt gegen friedliche Proteste zu stoppen und freie, gerechte und transparente Wahlen in Belarus
abzuhalten.
[1] Zitiert nach: https://www.deutschlandfunk.de/belarus-opposition-gruendet-koordinierungsrat.1783.de.html?dram:article_id=482600
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