Die Aufgaben für die Leipziger Buchmesse werden nicht leichter. Unverdrossen wollen viele Verlage im März ein Zeichen setzen und planen eine Teilnahme. Das Land Sachsen gab in der vergangenen Woche ausdrücklich „grünes Licht“ für die Messe. Doch am Montag gab es erst einmal schlechte Nachrichten aus München.
Die Verlagsgruppe Penguin Random House (PRH) teilte mit, dass sie ihre Teilnahme an der Messe absagen werde. Nicht dabei sein wird von den großen deutschen Publikumsverlagsgruppen auch die Verlagsgruppe Holtzbrinck (S. Fischer, KiWi, Rowohlt, Droemer Knaur, Argon Hörbuch).
Bei PRH „bedauere“ man die Absage, natürlich, doch gelte: „Während der gesamten Pandemie war und ist der Schutz und die Fürsorge für alle Kolleginnen und Kollegen unser oberstes Gebot. Bei uns gilt weiterhin Home-Office-Pflicht. Die Präsenz im Verlag ist auf Ausnahmen beschränkt. Nun blicken wir auf steigende Infektionszahlen. Immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von Infektionen und Quarantänemaßnahmen betroffen. Unter diesen Umständen ist es uns nicht möglich, einen Messestand in Leipzig so aufzubauen und zu betreiben, wie es notwendig und sinnvoll wäre. Wir mussten jetzt aufgrund der aufwändigen Logistik unseres Standbaus und der gesamten Organisation unserer Messeteilnahme eine Entscheidung treffen. Wir konnten auch nicht abwarten, ob es – wider Erwarten – zu dramatischen Verbesserungen der pandemischen Lage kommt.“
Das Unternehmen betont in seiner Absage die Bedeutung der Frühjahrsmesse, die für Aufmerksamkeit von Büchern, Themen und Autoren sorge. Es sei bedauerlich, dass diese „besondere Feier“ auch in diesem Jahr nicht wie üblich stattfinden könne.
„Zugleich haben wir die Messeleitung gebeten, uns in diesem Jahr dennoch eine Teilnahme an Leipzig liest zu ermöglichen“, heißt es von PRH. Dort sei, jenseits der Messehallen, Begegnung in einem „angemessenen und sicheren Rahmen“ möglich – auch ein deutliches Signal in Richtung Messe.
Der angestammte März-Termin ist während der Pandemiezeit unglücklich. Schon 2020 und 2021 musste die Messe abgesagt werden.
Zuletzt hatte es für dieses Jahr bei der angeschlossenen Manga Comic Con prominente Absagen gegeben, etwa vom Manga-Verlag Toykopop, von Carlsen und dem Splitter Verlag. Dafür gehen die Comic- und Manga-Spezialisten Cross Cult, Avant und Egmont aktuell noch davon aus, in Leipzig präsent zu sein.
Weitere Absagen und Überlegungen
Auch andere Verlage haben auf buchreport-Anfrage bestätigt, ihre Teilnahme in Leipzig abgesagt zu haben. Dazu gehört die auf Kinder- und Jugendbuch fokussierte Verlagsgruppe Oetinger. Zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass man dort allerdings auch etwas verwundert ist über die Kommunikation der Messe.
Auch aus der Bonnier-Gruppe gibt es durchaus Absagen, z.B. Carlsen. Reclam und HarperCollins werden ebenfalls nicht mit einem Stand vertreten sein, wenngleich es durchaus den Wunsch gibt, sich zumindest an „Leipzig liest“ zu beteiligen. Auch Diogenes wird sich nicht mit einem eigenen Stand präsentieren, sondern lediglich am Schweizer Gemeinschaftsstand auftreten – und gerne bei „Leipzig liest“ dabei sein.
Noch unentschlossen sind Verlage wie Hanser, der DuMont Buchverlag und Reprodukt, wo aber in dieser Woche Entscheidungen anstehen.
Weiter mit einem Stand vor Ort vertreten
Es gibt aber auch große und mittlere Publikumsverlage, die weiterhin betonen, nach Leipzig kommen zu wollen. Zu dieser Liste gehören aktuell C.H. Beck, Aufbau, Wagenbach und Klett-Cotta.
Es ist Bewegung im Thema. Bei Durchführung der Messe wird nur ein Teil der Verlagslandschaft sichtbar sein – ähnlich wie zuletzt in Frankfurt.
Dass das Börsenverein-Verbandsblatt „Börsenblatt“ die Leipziger Messe am Montag in einem Kommentar bereits so gut wie abgeschrieben hatte und eine baldige Absage vermutete, sorgte indes für hitzige Diskussionen. Die „Leipziger Zeitung“ unterstellte am Dienstag sogar eine Parteilichkeit des Verbandsmagazins, das Leipzig schlechtrede, aber Frankfurt feiere. Von einer „medialen Beerdigung“ war dabei die Rede.
Kurt-Wolff-Stiftung plädiert für Messe
Unterdessen hat die in Leipzig ansässige Kurt-Wolff-Stiftung ihre Unterstützung für die Buchmesse formuliert. „Die Leipziger Buchmesse ist von zentraler Bedeutung für die vielfältige deutsche Buch- und Verlagswelt. Als Publikumsmesse sorgt sie seit Jahren für eine breite Sichtbarkeit besonders der unabhängigen Verlagsprogramme, für einen lebendigen Austausch von Verlegerinnen und Verlegern, Autorinnen und Autoren mit Leserinnen und Lesern. Sie ist daher unverzichtbar für unsere Branche“, heißt es dort.
Die Stiftung, die gerade den Kurt-Wolff-Preis an Antje Kunstmann verliehen hat, werde in Leipzig mit einem Stand präsent sein und zudem erneut das Forum „Die Unabhängigen“ organisieren, bei dem Autorinnen und Autoren aus 40 deutschen, österreichischen und schweizerischen Verlagen ihre neuesten Werke vorstellen.
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 9.2.2022 um 8:30 Uhr aktualisiert.
Ich finde es etwas peinlich, dass man die Gesundheit als Grund vorschiebt. Eher wirtschaftliche Interessen werden hier eine Rolle spielen. Messen wie die Buchmesse werden teilweise bis zu einem Jahr im voraus von den Teilnehmern geplant und sind wirklich kostenintensiv. Die Besucherzahlenlage ist unklar, dazu kommt die Papierknappheit und dass so eine Messe mit gerade Mal 5-6 Wochen Vorlaufzeit für einen Großkonzern nur schwer logistisch machbar ist und sich eventuell gar nicht lohnt. Ich würde mir da etwas mehr Ehrlichkeit wünschen, statt den Teilnehmenden Verlagen indirekt zu unterstellen, dass ihnen die Gesundheit nicht wichtig wäre. Nach ihrer Argumentation ist die Gesundheit der Mitarbeiter wichtiger, als die der Autoren. Denn die will man trotz Absage ja gerne hinschicken. Was für eine Farce
Schade, dass die (große) Verlage absagen. Nach zwei Jahren Pandemie sollte jedem klar sein, wie man sich vernünftig und gesundheitsbewusst verhält. Die Leipziger Buchmesse hat vor einer endgültigen Zusage dies klar und mit einem Evaluationsbogen gut kommuniziert.
Wir als kleiner, neu gegründeter Verlag sind auch auf jeden Fall dabei und wir freuen uns auch! Sollen doch die Großverlage im Homeoffice sitzen bleiben, wir nehmen gerne euch die Marktanteile ab 😉
Grenzwertig …finde ich die Kommunikation auf Seiten der MESSEN. Hier wird zu wenig auf die Meinung der Beteiligten gehört. Durch Durchhalteparolen und die Stimmen weniger Verlage wird immer wieder Stimmung betrieben, ohne aber die tatsächlichen Meinungsbilder bei den Verlagen abzufragen.
Als Verleger habe ich zuerst die Verantwortung für meine Mitarbeiter. Wenn diese nicht nach Leipzig wollen, weil OMIKRON allgegenwärtig ist, dann hat das wenig mit den Vertretern zu tun, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Büchern online oder vor Ort verdienen müssen. Die Verantwortung von Long-Covid kann ich für meine Mitarbeiter, die nicht als Messeaussteller angestellt wurden, nicht tragen.
Die Messegesellschaft in Leipzig trägt eine extrem große Verantwortung, da es sich um eine ENDKUNDENMESSE handelt.
Aus meiner Sicht werden die Entscheidungen unnötig herausgezögert und alle Teilnehmer in Kosten gezwungen, die vermeidbar sind.
Man hätte das kommen sehen können – und die Messer vier Wochen nach hinten verlegen können. Und das schon im Herbst kommunizieren können.
Als Leserin finde ich das … ungenügend.
Als Kleinverlegerin, die auf jeden Fall bei der Buchmesse mitmachen möchte, finde ich das … ungenügend.
Als jemand, der im Hauptberuf im Gesundheitswesen tätig ist und mehr als genug Patientenkontakte hat, und als jemand, der weiß, dass diese Großverlage offenbar keine Schwierigkeiten hatten Vertreter in ihren Reihen zu finden, die eine öffentliche Buchhandlung nach der anderen auch in Pandemie-Zeiten besuchen, finde ich die Bergündung … grenzwertig.