Die Buchbranche balanciert in diesen Zeiten ein bisschen auf dem schmalen Grat zwischen Politik und dem ganz alltäglichen Branchengeschäft. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat dazu ein Gespräch (noch nicht online verfügbar) mit dem Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Peter Kraus vom Cleff, geführt. Er sagt: Der Verband müsse beide Seiten bedienen. „Ganz konkret Mitgliedernutzen stiften und eine Metageschichte erzählen.“
Die „Metageschichte“, das ist für Kraus vom Cleff die aktuelle politische Lage in der Ukraine, der Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Forderungen nach einem Totalbyokott russischer Literatur, wie sie gelegentlich schon zu lesen waren, will Kraus vom Cleff nicht folgen. „Wir müssen zwischen dem russischen Staat und der russischen Kultur unterscheiden. Ich bin gegen einen Pauschalboykott russischer Verlage oder Autorinnen und Autoren. Dem russischen Nationalstand werden wir aber auf der Frankfurter Buchmesse keine Bühne geben.“
Dass der Börsenverein sich schon spürbar in Bereichen von Meinungsfreiheit oder Menschenrechten engagiert, sei konsequent, so der Hauptgeschäftsführer weiter. „Die gesamte Kulturbranche wirkt schon immer in die Politik hinein. Unsere Hauptantriebsfedern als Branche und Verband bestehen darin, Meinungsvielfalt zu fördern, Pluralität, Diversität.“
Über diese politischen und gesellschaftlichen Themen hinaus arbeite der Verband natürlich weiter an den klassischen Branchenthemen. „Selbstverständlich wollen wir auch Branchenthemen wie digitale Transformation, den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Bücher, Preisbindung und fairen Urheberschutz ebenso engagiert transportieren.“
Gerade mit Blick auf die jüngste EU-Entscheidung, den Mehrtwertsteuersatz (auch) auf Bücher bis zu Null reduzieren zu können, sei ein Anlass, für den Buchhandel zu werben. Die EU-Entscheidung ist bekanntlich nicht bindend für die Mitgliedsstaaten, sondern kann umgesetzt werden. Dass Bücher in Deutschland von einer weiteren Steuer-Reduzierung profitieren sollten, dafür werde der Verband werben. „Es gibt einen enormen Preisdruck: Rohstoff-, Energie-, Lohnkosten steigen. Der Preis einer Europalette hat sich verfünfzehnfacht. Das alles gilt auch für andere Branchen, aber mit Büchern betreiben Sie ja zusätzlich auch noch aktive Kulturförderung, weshalb sie ja jetzt schon zu den steuerbegünstigten Produkten zählen. Und zur Beruhigung von Herrn Lindner: Es gibt Branchen, die viel größer sind als unsere, wo also auch der Verlust an Mehrwertsteuereinnahmen für den Staat viel mehr zu Buche schlüge. Warum also nicht wir?“
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