Inmitten der Hängepartie rund ums Google Book Settlement (hier der letzte Stand, hier unser Dossier zum Thema) machen französische Verlage Nägel mit Köpfen. Anknüpfend an die bilaterale Vereinbarung des US-Unternehmens mit Hachette Livre und La Martinière haben der Verlegerverband SNE und die vereinigten Autoren jetzt mit Google die Friedenspfeife geraucht.
Am heutigen Montag (11. Juni 2012) hat das Syndicat national de l’édition (SNE, spricht für 600 Verlage) zusammen mit dem Schriftstellerverband SGDL (über 6000 Autoren) bekanntgegeben, ein Rahmenabkommen zur Digitalisierung von urheberrechtlich geschützten, aber vergriffenen Büchern abgeschlossen zu haben – das Ende eines sechsjährigen Rechtsstreits.
Kernstücke der Vereinbarung:
- Google beteiligt sich am Aufbau einer Datenbank, in der die Titel/Autoren und Rechte verzeichnet werden.
- Auf dieser Basis können die Verlage und Autoren selbst entscheiden, ob ihre Titel bei Google zu finden sein (als Snippets, kurze Textauszüge) und kommerziell verwertet (E-Book-Verkauf) werden sollen oder nicht.
- Der digitale Vertrieb über Google ist nicht exklusiv.
- Google unterstützt die Leseförderkampagne des SNE, „Les petits champions de la lecture“.
Nun könnten die einzelnen Verlage entscheiden, ob sie die Rahmenbedingungen unterzeichnen, erklärte SNE-Präsident Antoine Gallimard. (Foto: 2.v.li., © Google) Auch der an den Verhandlungen beteiligte SGDL begrüßte das Abkommen: „Beide Seiten einigten sich auf Initiativen für die Verbreitung digitaler Bücher unter Berücksichtigung der Urheberrechte“.
Philippe Colombet, Direktor von Google Books Frankreich (Foto: re., neben seinem Google-Kollegen Jean-Marc Tassetto, außerdem auf dem Bild zu sehen ist links Alain Kouck, Chef der Verlagsgruppe Editis), bezeichnete die Vereinbarung als „Meilenstein“, der zur Förderung der französischen Kultur beitrage. In einem Google-Blog erklärt Colombet, dass Frankreich aufs Tempo drücke, um verwaiste Titel wieder in den Umlauf zu bringen. Mit der „bahnbrechenden Partnerschaft“ im Rücken hoffe Google, dass man sich auch in den USA auf die Nutzung der eingescannten Titel einigen kann. In Frankreich trage man dazu bei, dass der E-Book-Markt jetzt „anspringe“, Frankreich profiliere sich als „Pionier“ in der „Pole Position“.
Rückblick:
- 2006 hatte La Martinière Google wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht verklagt, der Verlegerverband SNE und der Autorenverband Société des gens de lettres schlossen sich der Klage an.
- Im Dezember 2009 sprach ein Gericht dem Verlag 300.000 Euro Entschädigung zu – La Martinière hatte ursprünglich wegen des ungefragten Digitalisierens im Rahmen des Bibliotheksprogramms 15 Mio Euro gefordert.
- Im Sommer 2011 einigte sich das US-Unternehmen zunächst mit Hachette Livre auf die digitale Verwertung der Titel, wenig später zog La Martinière nach. Die Verlage ernteten dafür auch Applaus von Christine de Mazières, Generalsekretärin des französischen Verlegerverbandes SNE, die im Interview mit buchreport den Vorstoß begrüßte.
Angesichts des Vorstoßes in Frankreich erscheint es wahrscheinlich, dass Google in Kürze den kommerziellen E-Book-Vertrieb startet – in Kontinentaleuropa verkauft das US-Unternehmen bislang nur in Italien E-Books. Ähnlich wie in Deutschland hat Google schon vor Monaten entsprechende Verträge an die französischen Verlage verschickt, die Konditionen gelten bei Verlagen aber als wenig reizvoll.
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