Die Bestseller entwickeln in diesem Jahr im deutschen Sortimentsbuchhandel weniger Power. Der Umsatzanteil der Top-Titel ist deutlich rückläufig, zeigt eine aktuelle buchreport-Analyse.
„Nur die erste Reihe zählt“, titelte buchreport vor einem Jahr. Hintergrund: Der Langzeittrend, dass Bestseller für den stationären Sortimentsbuchhandel immer wichtiger werden, schien sich immer weiter auszuprägen:
- Der Marktanteil der 50 meistverkauften Titel hatte sich vom 1. Quartal 2007 bis zum 1. Quartal 2009 von 5,7 auf 10,1% erhöht.
- Die zehn meistverkauften Titel hatten ihren Umsatzanteil sogar von 2,4 auf 5,3% mehr als verdoppelt.
Diese Entwicklung hat sich im 1. Quartal 2010 nicht fortgesetzt. Im Gegenteil ist die Bedeutung der Bestseller deutlich verblasst:
- Der Marktanteil der Top 50 ist auf 7,3% zurückgegangen.
- Geradezu dramatisch geschrumpft ist die Bedeutung der zehn meistverkauften Titel, die ähnlich wie 2007 nur noch 2,5% des Umsatzes ausmachen.
Aktuelle Bestseller haben weniger Biss
Den Unterschied macht nicht allein Stephenie Meyer, die vor einem Jahr mit einem 24,90-Euro-Hardcover die Liste anführte, mit höheren Stückzahlen mal höherem Preis viele Euros in die Kassen spülte und damit den Bestsellereffekt verstärkte. Vielmehr haben die aktuellen Bestseller des 1. Quartals auch besonders wenig Zugkraft entwickelt. Die relative Schwäche der aktuellen Bestseller ist derart eklatant, dass das meistverkaufte Buch des 1. Quartals, Stieg Larssons „Verblendung“, sogar noch geringere Verkaufszahlen aufweist als die Nr. 7 (Charlotte Link: „Das Echo der Schuld“) vor einem Jahr.
In Zahlen:
- Die aktuelle Top 10 hat 55% weniger umgesetzt als die Top 10 vor einem Jahr.
- Die aktuelle Top 50 liegt beim Umsatz um ein Drittel niedriger als die meistverkauften 50 Titel vor einem Jahr (Basis: Jeweils 1. Quartal).
Unterhalb der Top-Titel ist das Geschäft recht stabil
Mit der fehlenden Zugkraft der aktuellen Bestseller lässt sich sogar weitgehend die Umsatzschwäche des Sortimentsbuchhandels erklären:
- Nach drei Monaten liegt der Buchhandelsumsatz um 3,7% unter Vorjahr.
- Nimmt man für 2010 und 2009 jeweils die Top-10-Bestseller aus der Rechnung heraus, beträgt der Umsatzrückgang nur noch 0,8%, ohne die Top 15 nur noch 0,3%.
Anders ausgedrückt: Die Basis des Geschäfts scheint recht stabil, für Wohl und Wehe sorgt das Sahnehäubchen. Das war zum Auftakt 2009 durch hochpreisige Megaseller mächtig aufgeschäumt und schwächelt in diesem Jahr durch besonders schmächtige, niedrigpreisigere Titel. Die These, dass schnelldrehende Top-Titel für heutige Allgemeinsortimente ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind, wird so auch in der Gegenprobe bestätigt.
Die von buchreport ermittelten Durchschnittswerte gelten für Allgemeinsortimente und sind nach Größenklassen und Regionen gewichtet. Die Ausschläge und die Bedeutung des Top-Seller-Sahnehäubchens werden je nach Ausrichtung und Größe einzelner Buchhandlungen schwanken. Die aktuelle Tendenz im Vergleich 2009/10 dürfte aber über alle Sortimentstypen gelten.
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