Der Literaturkritiker Hellmuth Karasek besuchte vergangene Woche für die „Bild“-Zeitung ein Konzert von Udo Jürgens und berichtete von dem Ereignis unter anderem: „Im Rausgehen hörte ich, wie ein Mann zu seiner Frau sagte: ,Da schau mal, der Karasek. Der ist so alt wie Udo Jürgens.‘ Pause. ,Aber viel dicker.‘“ Respekt, lieber Herr Karasek! Dass Sie diese Episode so freimütig wiedergeben, zeugt von Größe. Und zwar nicht von der des Bauchumfangs.
Wort: Wörtlich
Eine bildhafte Wortschöpfung stand dieser Tage im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Diskussion in den USA: Dort wurde überlegt, einen einzelnen Generalbevollmächtigten zur Restrukturierung der beiden angeschlagenen Autoriesen General Motors und Chrysler einzusetzen, einen sogenannten „car czar“ („Auto-Zaren“). In sprachlicher Hinsicht ist es fast ein bisschen schade, dass hierzulande keine vergleichbare Diskussion geführt wird, denn im Deutschen müsste dafür nicht einmal ein neues Wort erfunden, sondern einfach der Begriff „Autokrat“ wörtlich genommen werden.
Kandidat: Kürzer
Einigermaßen unverständlich ist in sprachlicher Hinsicht die Entscheidung von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, im heranziehenden Wahlkampf auf seinen zweiten Vornamen Walter zu verzichten. Er wäre für einen Kandidaten für das mächtigste Amt im Staat nicht nur deshalb ganz passend, weil Sprachforscher ihn vom althochdeutschen „waltan“ herleiten, was so viel wie „herrschen“ bedeutete. Vor allem aber hätte sich mit dem verschmähten Zweitnamen der schöne Wahlkampfslogan „Frank-Walter, der Gestalter“ dichten lassen. Jetzt dagegen dürfen wir gespannt sein, was den SPD-Wahlkampfstrategen zu Reimwörtern wie „schlank“, „krank“, „Bank“ oder „Erntedank“ einfällt. Viel Erfolg, Genossen!
Gästezimmer: Geleert
„Hotelgäste klauen wie die Raben“, schreibt die „WAZ“ in ihrem Reiseteil. Stibitzt würden nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbandes neben Handtüchern und Bademänteln sogar Fernsehgeräte, Bilder, Fernbedienungen, Blumenvasen, Bügelbretter, Duschköpfe, Heizungsventile und Toilettendeckel. Angesichts dieser beeindruckenden Aufzählung sei es dem Urteil jedes Lesers selbst überlassen, ob es ein gutes Zeichen ist, dass offenbar nur die Hotel-Bibeln nicht in nennenswertem Umfang abgegriffen werden.
Gedicht: Gedenkend
Ein trauriger Anlass: In der vergangenen Woche ist Günter Nehm im Alter von 82 Jahren gestorben. Wir wollen den großen komischen Dichter mit seinen eigenen Worten aus dem Gedicht „Wenige sind berufen“ würdigen (entnommen dem Band „Verspektiven“, erschienen bei S. Fischer): „Mit dem Zitieren meiner Reime / erwecke ich die schönsten Treime. / Mir ist in Ehren zugeneigt / die Welt, die mir zu Füßen leigt. / Um meine Dichtkunst zu erfassen, / muß Goethe, Schiller man vergassen, / sind Faust und Glocke etwas dünn. / Gebt zu, daß ich der Größte bün.“
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