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Postskriptum: Erfahrungen aus Frankfurt

Hemingway Hergegeben:

Einen Vorgeschmack auf die mediale Allgewalt, mit der die „Bild“-Zeitung ihre güldene „Nobelpreis-Bibliothek“ in den Markt drückt, bekamen Besucher schon auf der Frankfurter Buchmesse: Am Stand des Blattes in Halle 3.1 verteilten goldige Hostessen freigiebig den ersten Band an jeden, der da des Weges kam: „Der alte Mann und das Meer“ von Ernest Hemingway. Wie passend. Mag auch, wie ein Buchmesse-Fachbesucher bissig formulierte, „der normale ,Bild‘-Leser dabei denken: Aha, angeln geh’n mit Opa“, signalisierten die Herren des Boulevardblatts mit der Wahl des Eröffnungsbandes doch sehr klar: „Wir werden schon dafür sorgen, dass unsere Leser anbeißen!“    

Linke: Lästig

In „Bild“ war übrigens ein besonders kryptischer Messereflex zu lesen. „Auf der Frankfurter Buchmesse: Menschen laufen von Stand A nach Stand B und umgekehrt. Dabei immer das gleiche Szenario: Die Frau rechts an der Seite, der Mann links in der Mitte. Und dann: Der Mann bleibt plötzlich stehen, und die nachdrängende Menge läuft auf. Kennen Sie aus dem Kaufhaus, vom U-Bahnsteig? Eben. Unkultiviertes Benehmen? Exakt. Die Sache ist die: Der Mann geht links, weil er einst die Frau zu beschützen und notfalls für sie zum Schwert zu greifen hatte – aus der Scheide, die naturgemäß links hing. Nur sind wir nicht mehr im Mittelalter, es werden auch keine Verbrecher mehr gevierteilt und ausgeweidet. Kann es sein, dass der zivilisatorische Fortschritt just an der Buchmesse vorbeigegangen ist?“ Meine Güte. Die lassen aber auch keine Gelegenheit aus, gegen die Linken zu stänkern.

Getränk: Gesprächig

Interessanter Veranstaltungshinweis, entdeckt an der zwischen dem Frankfurter Messegelände und Hauptbahnhof gelegenen Matthäus-Kirche: Die dort ansässige evangelische Hoffnungsgemeinde lädt regelmäßig ein zur Gesprächsrunde „Bibel beim Bembel“ (jeden ersten Dienstag im Monat im Seitenschiff der Kirche, Friedrich-Ebert-Anlage 33, weitere Auskünfte erteilt Pfarrer Lars Kessner, telefonisch unter 069/27293496, oder per E-Mail unter l.kessner@ev-hoffnungsgemeinde.de). Tolle Sache. Besonders erfreulich wäre aber, wenn die Veranstaltungsreihe im Zuge der interreligiösen Begegnung erweitert würde, etwa um Gesprächskreise wie „Mischna beim Met“, „Sutren beim Sake“ oder „Koran beim Klaren“.  

Erziehung: Effektiv

Persönlicher Erfolg für den Autor dieser Zeilen: Sein temperamentvoller sechsjähriger Sohn betrug sich in der buchmessebedingten Abwesenheit des Vaters mustergültig – ein beeindruckender Erfolg der erzieherischen Drohung, ihm andernfalls aus Frankfurt eine Dauerkarte der dort heimischen Eintracht mitzubringen.

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