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Postskriptum: Rechnende Regierung

Ein Sturm der Entrüstung fegte durch den Blätterwald, weil Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von TV-Kameras dabei erwischt wurde, wie er in der Bundestagsdebatte über den Euro-Rettungsschirm auf seinem Tablet-Computer ein Sudoku-Zahlenrätsel löste. Wieso eigentlich? Preisfrage: Was muss der Kassenwart der Regierung vor allem können? Richtig: Rechnen. Mehr noch: Richtig rechnen. Das Trainieren dieser Fähigkeit zählt durchaus zu seinen Kernaufgaben. Die heiß diskutierten TV-Bilder zeigten also gar nicht den eigentlichen Skandal: Dass am Rednerpult hemmungslos weitergequatscht wurde, obwohl der Minister sich erkennbar auf seine Zahlen zu konzentrieren versuchte.   

Englisch: Ersetzt

Halbsatz aus einer Pressemitteilung der Verlagsgruppe Bloomsbury, im englischen Original und in der deutschen Version eines automatischen Übersetzerprogramms: „… a strategic publishing partnership in Germany with Piper Verlag („Piper“) a company in the Bonnier AB Group.“ – „… eine strategische Verlagswesenpartnerschaft in Deutschland mit Dudelsackpfeifer Verlag („Dudelsackpfeifer“) an ein Unternehmen in der schöneren AB-Gruppe.“    

Fall: Fraglich

Irritierende Entdeckung im Badezimmer: Nach Jahren unreflektierter Markentreue springt der Aufdruck auf einer Flasche Shampoo ins Auge, es sei „für zu Schuppen neigendem Haar“. Moment mal. Müsste es nicht mit Akkusativ „für zu Schuppen neigendes Haar“ heißen? Zugegebenermaßen eine im Wortsinne, haha, haarige Herausforderung für Grammatikwissen und Sprachgefühl. Wahrscheinlich haben sich die Texter der Herstellerfirma aus der nicht ganz fernliegenden Überlegung heraus für die Dativ-Variante entschieden, dass bei zu Schuppen neigendem (!) Haar ohnehin nicht der richtige Kasus, sondern höchstens das richtige Shampoo hilft.  

Nutzer: Naiv

Datenschützer warnen übrigens eindringlich vor der verbreiteten Naivität im Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook & Co. Gerade jugendlichen Nutzern ist die Tragweite des Problems oft gar nicht bewusst. In der Tat ist es kaum zu fassen, mit welcher, auf Deutsch gesagt, Dämlichkeit sie dort Beiträge zum Besten geben, die peinlichste Dinge über sie verraten, zum Beispiel, dass sie nicht richtig Deutsch können oder Schuppen haben.   

Kryoniker: Kalkulierend

Zum Schluss noch ein sehr persönliches Geständnis: Ich würde wirklich gern einmal einen Artikel über Kryoniker schreiben. Das sind die Menschen, die sich bei minus 196 Grad einfrieren lassen, um in einer besseren Zukunft wieder aufgetaut zu werden. Nicht, weil mich dieses komische Thema interessieren würde, sondern weil ich dann ein einziges Mal die Überschrift schreiben könnte: Man ist so alt, wie man sich kühlt.

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