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Kopfmonopole erkennen und aufbrechen

(Foto: 123rf.com/photonphoto)

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Droht ein zentraler Leistungsträger das Unternehmen zu verlassen, hält alles den Atem an. Und Entscheidern wird bewusst, wie riskant es ist, wenn kritische und seltene Kompetenzen in einer bestimmten Person vereint sind. Es ist daher sinnvoll, systematisch solchen Kopfmonopolen auf die Spur zu kommen.

Im Channel Produktion & Prozesse von buchreport.de stellen Finn und Jörg Rischke von der AEffekt Unternehmensberatung ein Instrument zur bereichs- und personenbezogenen Evaluierung von Kompetenzen vor, das einen Abgleich mit den im Markt verfügbaren Kompetenz-Ressourcen erlaubt. Fluktuation und Fluktuations-Management bieten auch eine Chance – die Chance, das Kompetenzen-Portfolio eines Unternehmens in aktuellem und resilientem Zustand zu halten.

 

Fluktuation bedeutet einen ständigen Personalaustausch im Unternehmen. Welche Auswirkungen die Fluktuation auf das Unternehmen hat, hängt zum einen von dem Ausmaß, zum anderen von der Qualität der Fluktuation ab. Der ständige Austausch eines signifikanten Teils der Belegschaft stört Prozesse und Abläufe im Unternehmen, aber auch eine geringe Fluktuation kann großen Schaden verursachen, wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, verlorene Kompetenzen und Erfahrungen zu ersetzen. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns daher mit der strategischen Relevanz von Aufgaben und Positionen sowie mit der Verfügbarkeit der dafür benötigten Kompetenzen am Arbeitsmarkt. Beginnen wir damit, die beiden zentralen Begriffe genauer zu definieren.

 

Relevanz der Aufgabe

In einem Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen, von denen manche für den Unternehmenserfolg eine größere Bedeutung haben als andere. Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, geht mit ihm auch seine Kompetenz verloren, bestimmte Aufgaben zu erledigen. Manchmal hat die entstandene Lücke einen direkten Effekt auf den Unternehmenserfolg, ein anderes Mal sind die Auswirkungen kaum zu merken. In manchen Fällen kann die Erledigung der Aufgabe verschoben werden, in anderen ist dies nicht möglich.

Die Relevanz einer Aufgabe sollte dabei konsequent von der Leistungsbewertung des Mitarbeiters getrennt werden. So kann auch ein leistungsschwacher Mitarbeiter für das Unternehmen unverzichtbar sein, wenn er eine strategisch wichtige Rolle übernimmt und nicht ohne weiteres ersetzt werden kann.

 

Der Channel Produktion & Prozesse

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Verfügbarkeit von Kompetenzen

Unabhängig von der Bedeutung für den Unternehmenserfolg gibt es Mitarbeiter, deren Kompetenzen mehr oder weniger leicht ersetzt werden können. Wir müssen hier zwischen interner und externer Verfügbarkeit unterscheiden.

Interne Verfügbarkeit

Die interne Verfügbarkeit einer Kompetenz ist hoch, wenn viele Mitarbeiter im Unternehmen vergleichbare Kompetenzen haben. Der Weggang eines Mitarbeiters bedeutet in diesem Fall nur einen quantitativen Verlust an Kompetenz, der für einen bestimmten Zeitraum von anderen Mitarbeitern kompensiert werden kann. Die interne Verfügbarkeit einer Kompetenz ist niedrig, wenn der scheidende Mitarbeiter über einzigartiges Fachwissen verfügt, das durch vorhandene Mitarbeiter nicht ersetzt werden kann.

Externe Verfügbarkeit

Bei der externen Verfügbarkeit geht es um die Frage, wie leicht die Kompetenz des Mitarbeiters am Arbeitsmarkt ersetzt werden kann. Manche Kompetenzen werden ausreichend angeboten und es können kurzfristig neue Mitarbeiter mit dem entsprechenden Profil gefunden werden. Andere Kompetenzen sind selten oder gefragt und damit schwerer zu ersetzen. Ein Grund für die geringe externe Verfügbarkeit wäre, dass Kompetenzen zwar vorhanden sind, aber die Nachfrage am Arbeitsmarkt deutlich größer ist als das Angebot, der sogenannte Fachkräftemangel. In einem anderen Fall ist das Profil der Stelle so speziell, dass nur wenige Kandidaten die Anforderungen erfüllen (Spezialisten).

Im Fluktuationsmanagement liegt der Fokus immer auf dem übergeordneten Erfolg des Unternehmens. Die Bedeutung, die eine spezifische Kompetenz für das Unternehmen hat, ist demnach eine Kombination aus seiner Relevanz in der Wertschöpfungskette und der Verfügbarkeit, sowohl im Unternehmen als auch am Arbeitsmarkt (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Beitrag zum Unternehmenserfolg. Quelle: Haufe Group.

Die Beziehung der beiden Faktoren „Relevanz“ und „Verfügbarkeit“ ist dabei multiplikativ. So verliert eine knappe Kompetenz ihre Bedeutung, wenn sie für das Unternehmen nicht relevant ist. Gleichermaßen verliert die Relevanz an Gewicht, wenn die Kompetenz (ob am Arbeitsmarkt oder durch interne Umverteilung) leicht ersetzt werden kann. Für die Beziehung zwischen Relevanz und Verfügbarkeit ergibt sich aus der gegenseitigen Abhängigkeit das im Folgenden dargestellte Bild.

Abb. 2: Relevanz und Verfügbarkeit. Quelle: Haufe Group.

 

Praktische Umsetzung

Für die praktische Umsetzung des dargestellten Modells müssen zwei Punkte geklärt werden. Erstens müssen wir die Zielgruppe definieren, die berücksichtigt werden soll. Grundsätzlich lässt sich das Modell sowohl auf Kleingruppen wie auch auf das gesamte Unternehmen anwenden. Zweitens müssen wir eine Operationalisierung sowohl für die Verfügbarkeit der Kompetenz als auch die strategische Relevanz definieren. Im Anschluss können wir die Ergebnisse in das Modell übertragen. Untersucht werden die Mitarbeiter, die innerhalb eines definierten Zeitraums das Unternehmen verlassen haben. Die Frage ist jedoch, ob ein Modell für das gesamte Unternehmen oder für spezifische Subgruppen (Bereiche, Abteilungen, Kompetenzen) erstellt werden soll. Ebenso ist zu entscheiden, ob die Auswertung bis auf Individuen heruntergebrochen wird oder auf der Ebene verschiedener Berufsgruppen verbleibt. Beide Optionen sind möglich, wobei in der einen Darstellung Individuen, in der anderen gewichtete Populationsangaben verwendet werden (siehe Abbildungen 3 und 4).

Abb. 3: Relevanz und Verfügbarkeit von Individuen. Quelle: Haufe Group.

Abb. 4: Relevanz und Verfügbarkeit der Gruppen. Quelle: Haufe Group.

 

Während wir bei der Betrachtung einzelner Mitarbeiter auf individuelle Auslöser der Fluktuation eingehen können, werden bei der Interpretation einer kollektiven Betrachtung die Aufgaben, Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten der jeweiligen Berufsgruppe im Vordergrund stehen. Zusätzlich wird die Bewertung von Relevanz und Verfügbarkeit mit der Heterogenität der Zielgruppe zunehmend schwerer, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden.

Relevanz der Aufgabe

Wenden wir uns zunächst der X-Achse, also der Relevanz der Aufgabe bzw. der Subgruppe, zu. Dabei muss beachtet werden, dass ein und dieselbe Position für das eine Unternehmen erfolgskritisch sein kann, während sie für eine andere Organisation eher nebensächlich ist. Es kommt an dieser Stelle darauf an, wie eng die Rolle mit der Wertschöpfungskette verbunden ist. Dieses Urteil muss jedoch jedes Unternehmen für sich treffen, wobei die folgenden Fragen die Einordnung erleichtern können.

 

Tabelle 1: Relevanz der Aufgabe

  • Notwendigkeit für die Wertschöpfung (1 = gering – 10 = extrem)

Wie relevant ist der Beitrag für die Wertschöpfungskette? Manche Aufgaben leisten einen direkten und notwendigen Beitrag zur Wertschöpfungskette, während andere den reibungslosen Ablauf unterstützen. Wenn Mitarbeiter fehlen, wird dies unmittelbare Auswirkungen auf das Endprodukt haben? Je enger ein Mitarbeiter mit dem Wertschöpfungsprozess verbunden ist, desto höher seine Relevanz.

  • Hebel der Position (1 = gering – 10 = extrem)

Welchen Einfluss hat die Position? Neben der Nähe zum Wertschöpfungsprozess ist immer auch der Hebel der jeweiligen Position zu bedenken. Manche Mitarbeiter verfügen, meist durch Personal- oder Entscheidungsverantwortung sowie eine besondere Fachkompetenz, über einen enormen Hebel innerhalb des Unternehmens. Die Fluktuation dieser Mitarbeiter kann eine Lücke reißen, die für einen gesamten Bereich negative Folgen hat.

  • Abhängigkeit anderer Bereiche (1 = gering – 10 = extrem)

Gibt es Bereiche, die stark von der jeweiligen Arbeit abhängig sind? Manche Schlüsselpositionen sind nicht aufgrund der unmittelbaren Ergebnisse ihrer Arbeit wichtig, sondern weil Dritte auf sie angewiesen sind. Vor allem bei technischen Organisationen gibt es oft spezialisierte Mitarbeiter, deren Zuarbeit ganze Abteilungen beeinflusst. Selbst wenn diese Position mit dem eigentlichen Ergebnis wenig zu tun hat und über keinerlei Weisungsbefugnis verfügt, kann ihre Fluktuation Arbeitsabläufe zum Stillstand bringen.

  • Dringlichkeit der Nachbesetzung (1 = gering – 10 = extrem)

Wie kurzfristig werden nicht erledigte Aufgaben für das Unternehmen zu einem Problem? Oder können diese Aufgaben, zumindest kurzfristig, verschoben oder anderweitig erledigt werden? In manchen Fällen verursacht Fluktuation einen permanenten Umsatzverlust (ein potenzieller neuer Kunde geht verloren, Produktionsausfälle usw.), in anderen Fällen kann dieser Umsatz zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, was die Verluste reduziert.

  • Sichtbarkeit der Rolle (1 = gering – 10 = extrem)

Welche Auswirkung hat die Fluktuation auf andere? Wie sichtbar ist es für andere, wenn der Stelleninhaber dieser Aufgabe das Unternehmen verlässt und welche Botschaft sendet dies? Dabei ist zu beachten, dass es um die Sichtbarkeit der Position, nicht um die persönliche Ausstrahlung des Stelleninhabers geht.

 

Verfügbarkeit von Kompetenzen

Die Verfügbarkeit stellt im Grunde die Frage nach der Ersetzbarkeit eines Mitarbeiters (oder einer Berufsgruppe) und definiert in unserem Modell die Position auf der Y-Achse. Dabei sind sowohl interne und externe Möglichkeiten, eine freie Stelle zu besetzen als auch der Aufwand des Wechsels zu beachten. Bei der Einordnung gilt es, diese verschiedenen Faktoren zu bewerten und zu gewichten. Falls Sie das Gefühl haben, dass ein Faktor in ihrer Situation besonders relevant ist, bilden Sie einen gewichteten Durchschnitt, der die besondere Bedeutung abbildet.

 

Tabelle 2: Verfügbarkeit von Kompetenzen

  • Interne Ressourcen (1 = gering – 10 = extrem)

Sobald ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, reißt er ein Loch in die Prozesse und Abläufe des Unternehmens. Diese Lücke kann eventuell mit internen Ressourcen geschlossen und die Arbeit des ehemaligen Mitarbeiters auf Kollegen verteilt werden. Je mehr interne Ressourcen mit dem notwendigen Kompetenzprofil vorhanden sind, desto leichter kann ein Unternehmen die entstandene Lücke schließen.

  • Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt (1 = gering – 10 = extrem)

Wenn es darum geht, wie leicht ein Mitarbeiter ersetzt werden kann, dann ist die Verfügbarkeit seiner Kompetenz am Arbeitsmarkt ein wichtiges Kriterium. Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels kann der Verlust eines Mitarbeiters bedeuten, dass diese Stelle für mehrere Monate nicht neu besetzt werden kann. Je schwerer die Neubesetzung, desto belastender ist die Fluktuation für das Unternehmen.

  • Reibungsverlust beim Wechsel (1 = gering – 10 = extrem)

Um eine Stelle vollwertig neu zu besetzen, ist es nicht allein damit getan, einen neuen Mitarbeiter mit den gewünschten Kompetenzen zu finden. Der neue Mitarbeiter benötigt Zeit für die Einarbeitung und zum Aufbau von Beziehungen, Fachwissen und Routinen. In manchen Berufen sind diese „Reibungsverluste“ bei einer Neubesetzung gering, während es in anderen Berufen Jahre braucht, bis der neue Mitarbeiter sein volles Potential erreicht.

  • Kosten der Neubesetzung (1 = gering – 10 = extrem)

Auch wenn Kompetenzen am Arbeitsmarkt verfügbar sind, kann der Aufwand einer Neubesetzung manchmal erheblich sein. Darunter fallen die Kosten der Kontaktaufnahme (sowohl der interne Zeitaufwand, aber besonders die Kosten von Vermittlern) und der Auswahl (Arbeitsproben, Assessment und andere Methoden). Möglicherweise muss ein Teil der Bewerber ausgeschlossen werden, weil man nicht bereit oder in der Lage ist, zusätzliche Kosten für die Neubesetzung in Kauf zu nehmen.

  • Anspruch an den Kandidaten (1 = gering – 10 = extrem)

Eine zentrale Frage ist der Qualitätsanspruch an den Kandidaten. Müssen alle Arbeitsinhalte vom ersten Tag an erledigt werden oder steht Zeit zur Entwicklung von Kompetenzen zur Verfügung? Wie kritisch ist die Leistung auf dieser Stelle und lohnt es sich den Besten zu suchen, selbst wenn es länger dauert? Je höher der Anspruch, desto schwieriger wird es werden, die Stelle zu besetzen.

 

Beantworten wir die Fragen zur Verfügbarkeit und Relevanz, lassen sich die verschiedenen Mitarbeiter oder Berufsgruppen in das Modell einordnen. Solange die Fluktuation primär in einem Bereich stattfindet, in dem Kompetenzen leicht ersetzt werden können und die Fluktuation nur geringe Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette hat, ist der Handlungsbedarf vergleichsweise gering. Auf der anderen Seite kann schon eine geringe Fluktuation im „roten Bereich“ einen dysfunktionalen Effekt für das Unternehmen haben, was bei der Auswahl von Interventionen bedacht werden muss.

Mit freundlicher Genehmigung der Haufe Group.

 

Jörg Rischke / Finn Rischke: Fluktuationsmanagement. Praxishandbuch für Personaler und Führungskräfte.

  • Schäffer-Poeschel, 1. Auflage 2021
  • 275 Seiten
  • gebunden: 49,95 Euro
  • E-Book (EPUB/PDF): 44,99 Euro

 

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