Wer träumt nicht von einer Auszeit, die ihm erlaubt, nochmals auf „Start“ zu drücken? Ein Reset für Firmen ist die digitale Transformation. Es kommt nicht auf schnelle Veränderung an, sondern auf nachhaltige.
Berater Kai Schmidhuber führt Weltkonzerne wie ein Pfadfinder in die Digitalisierung ihrer Prozesse. Aber gerade in der Verlagswelt und in anderen mittelständischen Branchen kommt es auf die zügige Durchsetzung durchdachter Strategien an und nicht auf Aktionismus. Im zweiten Teil seiner Serie im Prozesschannel von buchreport.de zeigt Schmidhuber, wie entscheidend eine gute Kommunikation mit der Belegschaft für den Erfolg jedes Change-Prozesses ist und wie man es richtig macht.
Jedes Unternehmen kann von der digitalen Transformation profitieren, aber das bedeutet nicht, dass sich jedes Unternehmen auf die gleiche Weise verändern sollte. Digitale Transformation bedeutet für verschiedene Betriebe unterschiedliche Dinge. Der richtige Weg hängt von den Bedürfnissen und den Möglichkeiten eines Unternehmens ab.
Im ersten Teil dieser Serie habe ich die grundsätzlichen Bestandteile der digitalen Transformation in kleinen und mittelständischen Betrieben erläutert. Was ist digitale Transformation überhaupt? Was bedeutet sie? Und was bedeutet sie keineswegs? Aufbauend darauf habe ich drei Tipps für eine erfolgreiche Transformationsstrategie abgeleitet. Diese Artikelserie wird diese Tipps nun veranschaulichen.
Beginnen wir mit Tipp Nummer 1:
Gehen Sie auf die Bedenken der Mitarbeiter direkt ein.
Was steckt dahinter?
Die digitale Transformation erzeugt alle möglichen Reaktionen – Angst, Bedenken, Begeisterung und manchmal sogar Zuversicht. Aber wenn Sie nicht gerade „unter einem Stein leben“ oder Ihr Unternehmen sich in absoluter und unangefochtener Monopolstellung befindet, ist es völlig unerheblich, ob Sie einen 10-Mann-Betrieb oder ein Multimillionen-Euro-Unternehmen anführen:
Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssen sich anpassen, um zu verhindern, dass sie aus dem Markt geworfen werden. Und es reicht dabei leider nicht aus, nur blind in digitale Technologien zu investieren, um mit der Zeit zu gehen – die Transformation muss nachhaltig sein und auf allen Ebenen stattfinden.
Der Ausgangspunkt für den Aufbau einer erfolgreichen digitalen Strategie ist ein gutes Verständnis der digitalen Herausforderungen, vor denen Ihr Unternehmen steht. Digitalisierung bedeutet nicht, dass alles verändert werden muss, aber Sie müssen sich Ihre Produkte und Prozesse genau ansehen. Wo kann Ihnen die neue Technologie helfen? Was könnte die Digitalisierung vereinfachen? Wie können Ihre Produkte verbessert werden? Identifizieren Sie zuerst, welche Bereiche Ihres Unternehmens digitalisiert werden könnten und sollten.
Doch noch bevor Sie Ihre Kunden mit digitaler Technologie begeistern, müssen Sie zuerst Ihre Mitarbeiter für die neuen Ideen gewinnen – und diesen Prozess im besten Fall gemeinsam mit ihnen bestreiten.
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Doch wie macht man das?
Es ist eine bekannte Tatsache, dass Menschen grundsätzlich starke Abneigungen gegenüber Veränderungen haben. Wir mögen Dinge, die uns in unserer Komfortzone halten – und das umso mehr am Arbeitsplatz. Warum?
Faktisch spricht zunächst einiges dagegen, etwas zu verändern. „Never change a winning team“ ist ja nicht umsonst ein seit Jahrzehnten geflügelter Begriff. Denn in Unternehmen geht der organisatorische Wandel in der Regel mit einem deutlichen Produktivitätsverlust einher, was für erfahrene Mitarbeiter, die in der Regel auf hohem Niveau arbeiten, sehr frustrierend sein kann. Im Wesentlichen braucht es Zeit, um neue Konzepte zu beherrschen, neue Technologien zu verstehen und sich neue Verfahren zu merken. Das macht sich oft stark mit einem plötzlichen Rückgang der Produktivität bei der Einführung neuer Technologien bemerkbar, insbesondere im produzierenden Gewerbe.
In Unternehmen geht der organisatorische Wandel in der Regel mit einem deutlichen Produktivitätsverlust einher.
Obwohl neue Technologien attraktiv erscheinen mögen, ist es wichtig, vor ihrer Einführung sicherzustellen, dass sie dem Unternehmen einen echten Mehrwert bringen – denn der Wandel wird die Produktivität vorübergehend vermindern.
In Unternehmen geht der organisatorische Wandel in der Regel mit einem deutlichen Produktivitätsverlust einher.
Und es besteht immer auch das Risiko, dass die Veränderung scheitert. Und genau das ist der Dreh- und Angelpunkt, um den berechtigten Bedenken Ihrer Belegschaft mit auf Fakten beruhenden Argumenten und mit Optimismus zu begegnen.
Wie kann das konkret aussehen?
Nun, schauen wir uns doch einfach mal das fiktive Unternehmen „KMU Metall-Fertigungstechnik GmbH“ an, das ein internes Tool einrichten möchte, um die Kommunikation zwischen Mitarbeitern aus der Zentrale, dem Vertrieb und der Produktion zu vereinfachen. Früher fand die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern über interne E-Mails oder Faxe statt – das wird also eine große Veränderung! Jetzt sollen Nachrichten sofort gesendet werden. Warum wird das Tool eingeführt? Nein, nicht deswegen, weil das Tool „cool“ ist. Oder so schön „digital“. Sondern, weil Sie im Rahmen Ihrer digitalen Transformation analysiert haben, dass die KMU GmbH inzwischen an einigen zentralen Kundenbedürfnissen vorbei handelt. Und Kunden wegbleiben. Unzufrieden sind. Die Beschwerdequote steigt oder Pönalen entstehen. Sie wollen das Tool also einführen, um den gestiegenen Kundenerwartungen, zum Beispiel Echtzeitbelieferung und höchste Flexibilität, nachzukommen.
Wenn diese Änderung im Unternehmen angekündigt wird, werden viele Mitarbeiter skeptisch sein. Wenn das Managementteam keine schnellen und konkreten Antworten auf ihre Fragen hat, steigt das Risiko, dass der Wandel scheitert – daher ist es unerlässlich, von Anfang an parallel zur digitalen Transformationsstrategie eine Methode zur Kommunikation zu entwickeln.
Wenn Sie eine neue Technologie einführen, die sich auf die Prozesse Ihres Unternehmens auswirkt, ist es entscheidend, dass Sie eine umfassende Kommunikationsstrategie für Ihre Mitarbeiter einführen. Im Gegensatz zur digitalen Transformationsstrategie, die sich vorrangig auf die neue Technologie und die Kundenerwartungen konzentriert, zielt die Kommunikationsstrategie ausschließlich auf die Nutzer. Wie werden die Mitarbeiter auf die Nachricht von der Veränderung reagieren? Wird eine Schulung erforderlich sein? Welche Hilfen sollten den Nutzern zur Verfügung gestellt werden, um sie zu unterstützen?
Hier ist Ihre Checkliste für die Planung der Kommunikation für die Transformation:
- Erstellen Sie eine Liste der wahrgenommenen Vor- und Nachteile.
- Wenn Sie eine Liste erstellen, können Sie sich auf die Stärken Ihres digitalen Projekts konzentrieren, aber auch auf die denkbaren Quellen des Widerstandes, die es hervorrufen kann. Denken Sie daran: Es sind nicht so sehr die tatsächlichen Merkmale des Projekts, die wir hier betrachten, sondern die Merkmale, die von den Nutzern wahrgenommen werden.
- Konzentrieren Sie sich auf alles, was Ihre Teammitglieder zu begeisterten Unterstützern oder zu hartnäckigen Gegnern macht.
Um auf das Beispiel des neuen Tools für die Kommunikation zurückzukommen: Die Vorteile sind wechselweise Kommunikation zwischen Mensch und Computer, bessere Kommunikation unter den Mitarbeitern und die Entwicklung eines engeren Miteinanders. Eine mögliche Kritik ist die Gefahr, dass Mitarbeiter ihre Zeit mit dem neuen System verschwenden. Weitere Kritikpunkte sind die Einführung neuer Verfahren und das Risiko, dass niemand das neue Tool nutzen wird.
Erstellung eines Kommunikationsplans
Der erste Schritt zur Kommunikation ist Verantwortung. Es ist wichtig, dass Sie einen Projektmanager haben, der für Ihr digitales Projekt verantwortlich ist und als Sprecher fungiert. Er oder sie ist die Person, an die sich Mitarbeiter und Unterstützer wenden, wenn sie Fragen haben. Dieses Vorgehen wird in Konzernen in der Regel anders gehandhabt – es gibt Steuerkreise, Ausschüsse, Task Forces. Und das ist oft auch gut und richtig. Sprechen wir aber über eine vergleichsweise kleine Mannschaft (20–100 Mitarbeiter), bedarf es optimalerweise einer Führungsfigur.
Dies hilft Ihnen, Unterschiedlichkeiten und Unsicherheiten zu vermeiden, indem Sie alle Entscheidungen und Kommunikationsinitiativen auf diesen Ansprechpartner konzentrieren. Möglich ist außerdem, dass Sie ein Tandem mit zwei verschiedenen Funktionen bilden, vielleicht „IT“ und „Sales“. Wichtig ist, dass die Ansprechpartnerin oder der Ansprechpartner „die Sprache“ der Betroffenen spricht. Und ihre bisherigen Arbeitsprozesse versteht.
Entscheidend für den langfristigen Projekterfolg ist zudem Ihr Schulungskonzept. Denn eines darf man nicht vergessen: „Schulung“ ist eigentlich „Kommunikation“, nur in einem anderen Gewand. Eine herausragende Schulung, Trainingseinheit oder neudeutsch ein „Bootcamp“ hilft Ihnen einerseits dabei, schnell weitere Unterstützer in den Reihen Ihrer Mitarbeiter zu gewinnen. Andererseits bieten sich wertvolle Gelegenheiten zur Diskussion von Fragen, Bedenken und auch Anregungen.
Sparen Sie daher niemals mit Schulungsterminen – bieten Sie mehrere an. Aus meiner Erfahrung hat sich hier insbesondere eine Vorgehensart als Königsweg etabliert: Lassen Sie die Mitarbeiter sich selbst schulen. Train the Trainer. Dies ist um ein Vielfaches wirkungsvoller als die Schulung durch IT-Dienstleister oder externe Dritte. Identifizieren Sie die Projektfanatiker und geben Sie ihnen eine Rolle – eine Stimme, als Schulungsleiter, als Praxisbeispielgeber im Rahmen der Schulung oder als Moderator einer Gesprächsrunde. Sie sollten hier, gemeinsam mit der Projektleitung, viel Zeit investieren.
Schulung ist eigentlich Kommunikation, nur in einem anderen Gewand.
Der Grund für meine Leidenschaft bei diesem Thema liegt auf der Hand: Keine interne Veränderung kann ohne Unterstützer gelingen.
Typischerweise lässt jede neue Idee die Betroffenen in drei Gruppen zerfallen:
- Enthusiasten (5 % der Mitarbeiter),
- Skeptiker (25 % der Mitarbeiter)
- Unentschlossene (70 % der Mitarbeiter).
In den Tagen nach der Bekanntgabe der Änderung werden jedoch unentschlossene Mitarbeiter schrittweise von einer der beiden ursprünglichen Minderheitspositionen eingenommen. Der Welleneffekt wird sich schnell verbreiten, daher ist es wichtig, dass Sie eine Koalition von Unterstützern bilden, die dazu beitragen, Ihr Projekt zu fördern. Und hier können Sie als Führungskraft, Inhaber oder Geschäftsführer wirklich tatkräftig mitwirken. Suchen Sie das Gespräch. Direkt von Mensch zu Mensch. Verweisen Sie auch immer wieder auf Ihren Projektleiter. Einerseits stärkt ihm das den Rücken, und andererseits zeigt es auch, dass Sie hinter dem Projekt stehen. Es hört sich trivial an. Ist es auch. Sie brauchen weder Party noch Grillabend oder Geschenke. Es bedarf Ihres Einsatzes als Mensch, Gesprächspartner und Spürnase für die Schwingungen und Stimmungen bei Ihren Mitarbeitern.
Kommunikation während des Übergangs und Messung der Ergebnisse
Die richtige Planung Ihres digitalen Projekts ist wichtig, aber Sie müssen es auch in die Praxis umsetzen können. Und es gibt leider keine echte Abkürzung zum Erfolg. Sie müssen viel Zeit investieren. Stellen Sie während der Übergangsphase sicher, dass Sie den Fortschritt ständig überwachen. Neben einer stringenten Planung ist dies der am häufigsten vernachlässigte Aspekt des Projektmanagements. Leider kann man nichts verbessern, ohne es zu messen. Welche Fehler wurden gemacht? Was haben wir daraus gelernt? Ist das Projekt ein Erfolg oder ein Misserfolg?
Definieren Sie gemeinsam klare KPI (Leistungskennzahlen) – Anzahl der Benutzer, Zufriedenheitsgrad, Rendite der investierten Mittel, Einrichtungszeit etc.
Bitten Sie um Feedback und reagieren Sie, auch nachdem Sie das Projekt umgesetzt haben. Auch wenn Sie versucht sind, nach Abschluss Ihres Projekts direkt in ein neues Abenteuer einzusteigen, ist es wichtig, ab und zu einen Blick zurückzuwerfen.
Die digitale Transformation kann manchmal ein hochtechnischer Prozess sein. Aber das ist kein Grund, diese nur aus rein technischer Sicht zu betrachten. Die Digitalisierung der Prozesse eines Unternehmens ist auch eine große unternehmerische Herausforderung. Schließlich müssen Sie, bevor Sie überhaupt an Ihre digitale Transformation denken, sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter mit ihrer Geisteshaltung und ihrem Verhalten auch für eine Transformation bereit sind. Und das gelingt nicht durch Druck oder Zwang, sondern viel einfacher – durch Kommunikation.
Fazit
Sicherlich zählt der Hang zum Veränderungswiderstand in jedem Team zu den größten Herausforderungen. Um den Wandel so reibungslos wie möglich zu gestalten, sollten Sie mit den Mitarbeitern darüber sprechen, warum sich das Unternehmen in eine digitale Richtung bewegt. Einige Mitarbeiter werden befürchten, dass die digitale Transformation sie letztendlich ihren Arbeitsplatz kosten wird.
Im Übrigen trifft das bei Weitem nicht nur auf ältere Semester zu, sondern auch auf jüngere Generationen, sogar auf Millennials. Seien Sie einfach ehrlich mit den Mitarbeitern darüber, wie sich das Unternehmen seine Zukunft vorstellt und welche Rolle die Mitarbeiter in dieser Zukunft spielen. Sprechen Sie aber auch aktuelle Probleme direkt und offen an, wie zum Beispiel abnehmende Kundenempfehlungen, die Änderungen erforderlich machen.
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