Potenziale in Verlagen bleiben oft ungenutzt, weil die Menschen gedanklich in Abteilungs-Silos stecken. Doch um die Ziele des Unternehmens zu erreichen, müssen Abteilungsgrenzen überwunden werden, sowohl organisatorisch als auch mental. Wie kann man diese Produktivitäts-Reserven aktivieren?
Abteilungsübergreifendes Prozess-Design hilft bei dieser Aufgabe. Annette Krumreihn, Inhaberin der Agentur Publish & Connect Verlags- und Teamberatung, und Günter Pietzka, Berater beim Siegburger Organisationsentwickler Apfelbaum Consultants, erklären in einer Serie im Channel Strategie und Transformation auf buchreport.de, wie es geht. Im ersten Teil beschreiben sie die Besonderheiten und Potenziale abteilungsübergreifender Teams und Prozesse. Im nächsten Beitrag zeigen sie, wie sich Veränderungen in den Prozessen auf die Stellenprofile auswirken. In ihrem Konzept ist Raum für systematische Weiterbildung als zu bevorzugende Alternative zum Austausch von Mitarbeitern.
Wenn Sie die Potenziale und Ressourcen Ihres Unternehmens voll ausschöpfen wollen, auf Krisen und veränderte Märkte schnell reagieren und bares Geld sparen möchten, sollten Sie Ihre Gesamtperformance durch effiziente abteilungsübergreifende Prozesse optimieren. Setzen Sie daher nicht in einzelnen Abteilungen an, um Ihre Prozesse effizienter zu gestalten und Projekte agiler durchzuführen. Wenn es gilt, seine Produkte am Kunden zu orientieren, ist nicht die Einzelleistung von Teilteams oder Abteilungen maßgeblich, sondern erst eine systematische Prozessorientierung ermöglicht die Konzentration auf den Kunden und seinen Bedarf.
Die bisherige, oft immer noch vorherrschende abteilungsorientierte Sicht – wir übertreiben zur Verdeutlichung – verhindert nämlich eine Sicht auf das Gesamtgeschehen. Abteilungsziele gehen dann vor Gesamtzielen, und isolierte Leistungen einzelner Bereiche verstellen den Blick auf den Gesamterfolg. Abteilungen betonen fachspezifische Faktoren, betrachten sich bestenfalls als Dienstleister, der für andere Aufgaben übernimmt. Dies mag angemessen sein für große Firmen, deren Einkaufsabteilung so groß ist wie Ihr gesamter Verlag.
Machen Sie sich klar: Ihr Geschäftszweck wird durch die Gesamtheit der Prozesse realisiert. Sinnvoll ist also die umfassende Betrachtung der gesamten Prozesslandschaft im Unternehmen. Idealerweise unterstützt Sie dabei ein Prozess-Tool wie etwa Camunda.
Zielführender für Firmengrößen, die im Verlagswesen verbreitet sind, ist der Denk- und Arbeitsansatz des „abteilungsübergreifenden Teams“. Insbesondere in unseren von Krisen, veränderten Märkten und Beschaffungsproblemen geprägten Zeiten können Sie damit schneller und flexibler reagieren und so Ihre Zukunftsfähigkeit sichern.
Aber was bedeutet das für die Teamstrukturen?
Das abteilungsübergreifende Team
Was verstehen wir unter einem Team?
Im Gegensatz zu einer Gruppe, die sich temporär mit jeweils individuellen Zielen zusammenfindet, verfolgt ein Team ein gemeinsames Ziel. Abteilungsintern mag diese Art der Teamarbeit in vielen Organisationen schon gut funktionieren. Jedoch können die jeweiligen Ziele von Abteilung zu Abteilung abweichen, sodass im Gesamtprozess im schlimmsten Fall Reibungsverluste entstehen, die Prozesse und ganze Strategien regelrecht torpedieren. Deswegen bedarf es abteilungsübergreifender Teams, in denen der Blick regelmäßig über die einzelne Abteilung hinausgeht.
Am Beginn eines Veränderungsprozesses sollte also eines stehen: Bauen Sie Brücken zwischen Ihren Abteilungen und schaffen Sie eine gemeinsame Identifikation mit der Gesamtorganisation. Ihre Analyse des Gesamtprozesses ist hierfür unverzichtbar.
Auf der Grundlage dieser Analyse können Sie nach und nach saubere und transparente Prozesse etablieren, in denen alle ihr Potenzial, Können und Wissen optimal einbringen können.
Die Vorteile abteilungsübergreifender Teamarbeit:
- Alle Teammitglieder kennen die übergeordneten Firmenziele und sind maßgeblich an der Entwicklung ihrer darauf abgestimmten bereichsbezogenen Ziele beteiligt.
- Alle sind sich einig, dass sie diese übergeordneten Ziele gemeinsam erreichen wollen, und arbeiten konstruktiv und lösungsorientiert und nach einem gemeinsam entwickelten Regel- und Wertekatalog. Das schafft Identifikation mit der gesamten Organisation.
- Alle Teammitglieder bringen ihr Können, ihr Wissen und ihre Lernkurven in die Prozesse ein.
- Abteilungsübergreifende Teams arbeiten schneller, flexibler und selbstständiger.
Um diese Potenziale zu realisieren, bedarf es nur noch explizit definierter Prozesse, die den Rahmen der abteilungsübergreifenden Teamarbeit definieren.
Weitere Lösungen, Impulse und Erfahrungsberichte lesen Sie im Channel Strategie & Transformation von buchreport und Channel-Partner Publisher Consultants.
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Der Prozess
Ein Prozess beschreibt die verschiedenen parallelen oder sequenziellen Arbeitsschritte entlang der verschiedenen Bearbeitungsstellen. Wenn abteilungsübergreifende Kennzahlen (KPI) an einer Stelle sinnvoll sind, dann bei Prozessen: Durchlaufzeiten, Bearbeitungszeiten und Anzahl von Wiederholungen sagen mehr aus als isolierte Abteilungszahlen.
Indem Sie die Prozesse analysieren, bringen Sie Objektivität ins Thema. Die Analyse legt die Schwachstellen in den Prozessen offen:
- Wo „hängt es“?
- Wo sind die Blockaden?
- Wo staut es sich?
Haben Sie diese Schwachstellen aufgespürt, können Sie entlang der Prozesse Maßnahmen treffen, um diese zu beheben. Sind die Gesamtprozesse des Hauses einmal dokumentiert, lassen sich mit einem Prozess-Tool neue Prozesse viel leichter implementieren und logisch in die Abläufe integrieren.
Betrachten wir einen vereinfachten Beispielprozess:
Hier ist die Manuskriptbearbeitung mit den üblichen Abteilungen und Arbeitsschritten dargestellt, noch ohne Angaben zu Ressourcen- und Zeitbedarf. Die Darstellung ist am Vorgang orientiert und beschreibt das Zusammenspiel der Beteiligten am Gesamtgeschehen. Der Ablauf selbst ist klar und auch für jede Person ist ihre Aufgabe im Ablauf klar.
Wird ein Team in diesem Prozess unterstützt durch ein System, ist für alle jederzeit sichtbar, welcher Arbeitsschritt gerade aktiv ist. Die Belastung der einzelnen Mitspieler ist leicht messbar, und schon eine einfache Auswertung liefert relevante KPI wie Durchlaufzeit oder Dauer der einzelnen Bearbeitungsschritte und offenbart Überlastsituationen.
Warum gehören Teams und Prozesse zusammen?
Im Prozess-Tool werden für jede Prozess-Station wiederkehrende und elementare Tätigkeiten sichtbar. Es ist dabei sinnvoll, genau zu dokumentieren, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die ausführenden Personen für ihre Tätigkeiten haben sollten.
Wir plädieren dabei für die Definition von Rollen statt von Stellen, Positionen oder Berufsbezeichnungen. Denn jede Rolle definiert einen Verantwortungsbereich, der von Projekt zu Projekt von unterschiedlichen Personen ausgefüllt werden kann. So können Sie Ihre Prozesse flexibel gestalten und die Skills Ihres Personals optimal nutzen.
Beispiel anhand des obigen Prozesses
Veränderungen des Ablaufes
Die Aufgaben „Bildmanuskript“ und „Bilder beschaffen“ werden von derselben Person bearbeitet. Falls diese Person überlastet ist, kann die Bildbeschaffung einer anderen Person zugewiesen werden. Der Prozess selbst ändert sich nicht, lediglich die Rollen von zwei Personen ändern sich.
Dokumentation
Neues Personal ist durch eine gelebte Prozessorientierung leichter in den Ablauf zu integrieren, da die Prozesse klar dokumentiert sind und – Stichwort Systemunterstützung – der Einstieg in die Tätigkeit nicht von mündlichen Überlieferungen und falsch verstandenen Zusammenhängen erschwert wird.
KPI
Ein sinnvoller KPI für obigen Prozess wäre die Durchlaufzeit von „MS-Eingang“ bis zum Prozessende. Um diesen Wert zu verbessern, betrachtet man die Belastung und Bearbeitungszeit für die einzelnen Tasks. Prozess-Tools liefern solche Werte ohne den Umweg über ein Business-Intelligence-Verfahren. Herkömmliche Abteilungsstrukturen ermöglichen hier Service Level Agreements (SLAs), also klar definierte Pakete von Leistungen – wenn die Abteilung sich als Serviceeinheit betrachtet (das sind die guten). Ansonsten ist die Antwort zumeist zusätzliches Personal.
Was Dokumentation, Analyse und stetige Optimierung der Prozesse für das neue Rollenverständnis des Personals und neue Prozesse bedeuten, zeigen wir im zweiten Beitrag dieser Serie.
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