Effizientere Prozesse sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten konkurrierender Medien und veränderter Konsumgewohnheiten. Besonders die steigende Unsicherheit bei den Absatzprognosen erfordert das Denken in Alternativen beim Buchdruck.
Sarah Kreutzer und Timo Raabe, Produktmanagerin und Business Developer bei Canon Deutschland, beschäftigen sich mit digitaler Medienproduktion. In einer Artikelserie zeigen sie, was der Trend zu Kleinauflagen für die Buch- und Verlagsbranche bedeutet, und gehen insbesondere auf die digitale Buchproduktion ein. Im 1. Teil beschäftigten sie sich mit den Prozessen bei Kleinauflagen. Im 2. Teil wird auf die Drucktechnologien eingegangen, die sich für die Buchproduktion eignen. Es werden insbesondere die technischen Unterschiede zwischen analogen und digitalen Drucktechniken aufgeführt. Daran schließt unmittelbar der hier vorliegende 3. Teil an.
In diesem Teil der Serie bewerten wir die im vorherigen Beitrag aufgeführten Drucksysteme zur Buchproduktion qualitativ und stellen sie einander gegenüber. Dazu definieren wir zunächst Kriterien, anhand derer sich die unterschiedlichen Drucksysteme einstufen lassen. Ergänzend führen wir auf, wie der jeweilige Entwicklungsstand der eingesetzten Technologien ist und was das aus produktionstechnischer Sicht für die Zukunft der Buchindustrie bedeutet.
Kriterien zur Beurteilung der Buchproduktion
Anhand folgender vier Merkmale lassen sich die Systeme zur Buchproduktion einstufen:
- Druckbildqualität
- Medienkompatibilität
- Produktivität
- Variabilität.
Je nach Buchgenre werden unterschiedliche Anforderungen an die Druckbildqualität gestellt. Daher fällt die Beurteilung diesbezüglich sehr vielfältig aus. Betrachten wir den drucktechnischen Teil und nicht die buchbinderische Weiterverarbeitung, so ist beispielsweise bei textlastigen Inhalten eine hohe Kontrastwiedergabe gefordert, um letztlich eine gute Lesbarkeit zu erreichen. Der gedruckte Text sollte demnach eine hohe optische Dichte aufweisen, also tiefschwarz sein, um zu dem umliegenden Papierweiß einen hohen Kontrast zu bilden.
Zudem wird von dem jeweils einzusetzenden Drucksystem eine hohe Detailwiedergabe erwartet, um kleinste Schriftgrade und serifenbetonte Schriften konturenscharf abbilden zu können. Bei Büchern hingegen mit hohem Bildanteil, zum Beispiel Bilderbücher oder Fotobücher, sind andere bzw. weitere Merkmale von Bedeutung. Hierbei ist insbesondere die Darstellbarkeit vieler unterschiedlicher Farbtöne, homogener Flächen und weicher Verläufe ein wichtiges Qualitätsmerkmal.
Unter dem Begriff Medienkompatibilität wird die Wechselwirkung zwischen Papier, Farbe und Drucksystem verstanden. Nicht jedes Papier lässt sich mit jeder Druckfarbe gut bedrucken. Bei einer guten Bedruckbarkeit wird beispielsweise eine gute Haftung zwischen Farbe und Papier vorausgesetzt, um beim fertigen Buch ein Verwischen des Druckbildes zu verhindern. Unter diesen Begriff fallen auch die Auswirkungen der aufgebrachten Druckfarbe bzw. der systembedingten Trocknungsvorgänge auf das Verhalten des Papiers in Bezug auf Wellenbildung oder Dimensionsstabilität (Dehnung / Stauchung). Das Ziel: Das Papier sollte nach dem Druckvorgang möglichst plan liegen.
Produktivität beschreibt die Produktionsgeschwindigkeit, die Verfügbarkeit und den zu leistenden Serviceaufwand eines Drucksystems. Die Verfügbarkeit eines Systems ergibt sich aus Produktionszeiten und ungeplanten Ausfallzeiten. Jedes System unterliegt einem gewissen Verschleiß, wodurch geplante Wartungszeiten unumgänglich sind. Einige Systeme neigen zu einem erhöhten Wartungsaufwand, was sich in der Produktivität widerspiegelt.
Unter Variabilität wird in diesem Zusammenhang die Eignung eines Drucksystems für die Produktion von Kleinauflagen, aber auch für die Verarbeitung von variablen Inhalten verstanden.
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Eine Einstufung der unterschiedlichen Drucksysteme
Der Offsetdruck ist derzeit das dominierende Verfahren zur Produktion von Büchern – einen technischen Einblick haben wir bereits im vorherigen Beitrag gegeben. Aufgrund von sich ändernden Anforderungen an die Buchproduktion sowie der mittlerweile gesteigerten Leistungsfähigkeit von Digitaldrucksystemen haben die beiden Digitaldruckverfahren Elektrofotografie und Inkjetdruck einen zunehmenden Stellenwert bei der Buchproduktion erhalten. Eine Einstufung erfolgt daher für die drei Druckverfahren Offset, Elektrofotografie und Inkjet anhand der oben aufgeführten Merkmale.
Druckbildqualität
Der Offsetdruck ist das am weitesten verbreitete Verfahren zur Buchproduktion und setzt die Messlatte in Sachen Druckbildqualität. Das gilt für alle soeben beschriebenen Merkmale der Druckbildqualität hinsichtlich der Reproduzierbarkeit von feinsten Schriften oder Bildmotiven.
Die beiden Digitaldruckverfahren haben sich in den vergangenen Jahren jedoch zunehmend weiterentwickelt, so dass sie ebenfalls auf Augenhöhe mit dem Offsetdruck sind und qualitativ hochwertige Druckerzeugnisse bieten.
Medienkompatibilität
Die Papierindustrie orientiert sich an den vorherrschenden Marktbedingungen. Da der Offsetdruck ein vielfach eingesetztes Druckverfahren ist, sind die zur Verfügung stehenden Papiere von ihrer Beschaffenheit her auf die ölhaltigen Offsetdruckfarben ausgelegt. Das gilt sowohl für die Bedruckbarkeit als auch für die Deinkbarkeit, also die Trennbarkeit der Farbe vom Papier während des Recyclingprozesses.
Die Elektrofotografie ermöglicht verfahrensbedingt ebenfalls das Bedrucken einer Vielzahl unterschiedlicher Medien. Das gilt sowohl für gestrichene als auch für ungestrichene Papiere, wie sie teils für die Buchproduktion eingesetzt werden.
Die Tinten von Inkjetsystemen sind hingegen sehr dünnflüssig und weisen eine Viskosität ähnlich der von Wasser auf. Daher weisen die Tinten der Inkjetsysteme zunächst nicht die optimalen Eigenschaften für ungestrichene und offsetgestrichene Medien auf. Die Medienkompatibilität ist hier somit eingeschränkt. Insbesondere bei den aktuellen Hochleistungs-Inkjetsystemen, die für die Buchproduktion eingesetzt werden, gibt es aber mittlerweile Technologien, dank derer sich auch solche Papiere bedrucken lassen. Hier wird beispielsweise eine Art Primer (Haftvermittler) eingesetzt, der das Farbannahmeverhalten verbessert beziehungsweise reguliert.
Produktivität
Offsetdruckanlagen etablierter Hersteller stehen in aller Regel für einen soliden Maschinenbau. Die Systeme weisen hohe Druckgeschwindigkeiten auf, sind zuverlässig und fordern nur wenig Wartungsaufwand.
Inkjetsysteme weisen ebenfalls hohe Druckgeschwindigkeiten auf, sind für hohe Druckvolumina konzipiert und dementsprechend tendenziell wartungsfreundlich und fehlerresistent.
Der Bebilderungsvorgang bei der Elektrofotografie ist im Vergleich zum Offset- und Inkjetdruck komplex. Zur Bilderzeugung werden viele unterschiedliche Komponenten eingesetzt, die zudem teils einem gewissen Verschleiß unterliegen. Dementsprechend höher ist der Wartungsaufwand, der mit zunehmendem Druckvolumen steigt.
Variabilität
Beim Offsetdruck wird für den Bebilderungsprozess eine statische Druckform eingesetzt. Die Druckform bestimmt, an welcher Stelle Farbe übertragen wird und an welcher nicht. Die Druckform muss entsprechend gefertigt und montiert werden. Diese Eigenschaft macht eine Produktion von kleinen Auflagen oder gar wechselnden Inhalten unwirtschaftlich.
Beim Digitaldruck, d.h. sowohl bei der Elektrofotografie als auch beim Inkjetdruck, entfällt dieser Schritt, so dass Kleinauflagen mit diesen Verfahren besonders wirtschaftlich produziert werden können, bis hin zu Einzelauflagen zum Beispiel bei der On-Demand-Produktion.
Entwicklungsstand der Technologien
Jede Technologie stößt hinsichtlich ihrer Entwicklung irgendwann an ihre technische Leistungsgrenze. Der Entwicklungsstand einer Technologie lässt sich in drei Phasen unterteilen: die Gründungsphase, die Wachstumsphase und die Reifephase. Wenn durch Forschung und Entwicklung eine neue Technologie auf den Markt kommt, befindet sich diese zunächst in der Gründungsphase. In aller Regel sind Technologien dieser Phase nicht ausgereift, so dass im Laufe der Zeit einige technische Verbesserungen zu erwarten sind. In die Wachstumsphase lassen sich Technologien einordnen, die marktreif sind und einem Wettbewerb unterliegen. Der Wettbewerb kurbelt die stetige Weiterentwicklung der Technologie an, so dass diese effizienter und leistungsoptimierter wird. Technologien, die sich nahezu an der technischen Leistungsgrenze befinden und bei denen nur noch kleinere Verbesserungsschritte zu erzielen sind, befinden sich in der sogenannten Reifephase.
Die Einordnung einer Technologie in eine der Phasen sagt nichts über die Leistungsfähigkeit der Technologie an sich aus, sondern lässt lediglich darauf schließen, ob in den kommenden Jahren weitere Entwicklungssprünge beziehungsweise Verbesserungen zu erwarten sind. Der Verlauf des Entwicklungstandes lässt sich in den meisten Fällen anhand einer S-Kurve darstellen. Innerhalb kurzer Zeit verbessern Innovationen die Technologie erheblich. Ist eine Technologie bereits eine längere Zeit auf dem Markt, werden die technischen Verbesserungen immer geringer.
Betrachten wir den Entwicklungsstand für den Offsetdruck, die Elektrofotografie und den Inkjetdruck, so ist Offset das Verfahren, das den höchsten Entwicklungsstand für sich beansprucht. Die Technologie ist absolut ausgereift. Die letzten Innovationssprünge sind beispielsweise die UV-Farben-Technologie, eine wasserlose Farbübertragung oder der Einsatz von Kurzfarbwerken – einfach gebauten Farbwerken, welche mit wenig Walzen auskommen. Technologisch betrachtet sind hier keine größeren Sprünge mehr zu erwarten.
Die Elektrofotografie ist ein Verfahren, das aufgrund seiner Vorzüge, wie zum Beispiel der Variabilität und hohen Medienkompatibilität, in einem breiten Umfeld eingesetzt wird. Was den Entwicklungsstand betrifft, befindet sich die Elektrofotografie am Anfang der Reifephase, so dass auch hier keine größeren Entwicklungssprünge zu erwarten sind.
Die Inkjet-Technologie ist das jüngste Verfahren und lässt sich der Wachstumsphase zuordnen. Die letzte große Innovation war die Fähigkeit, gestrichene Offsetpapiere zu bedrucken, was das Einsatzgebiet der Technologie enorm vergrößert hat. Da die Tinte und der Trocknungsvorgang große Auswirkungen auf das Papier haben, sind hier sicherlich weitere Innovationssprünge zu erwarten.
Fazit
Der Digitaldruck wird für die Buchproduktion zunehmend wichtiger. Gerade wenn es um eine spontane Auftragsfertigung oder die Produktion von kleinen Stückzahlen geht sowie um die Reduktion von kostenintensiver Lagerhaltung und Bestandsvernichtung. Dabei hat jedes Druckverfahren seine Stärken und Schwächen, welche in diesem Artikel aufgezeigt wurden. Es gilt grundsätzlich stets im Blick zu behalten, welche Anforderungen konkret gestellt werden, bevor man die optimale Produktionsumgebung wählt.
Nachdem die Artikel 2 und 3 sehr technisch geprägt waren, widmen wir uns im nächsten Artikel dem Buchlebenszyklus und insbesondere der Frage, was das für die digitale Buchproduktion bedeutet.
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