Sie möchten, dass in Ihrem Team nicht nur die Jüngeren von den Älteren profitieren, sondern auch andersherum? Dann werfen Sie einen Blick auf das Konzept des „Reverse Mentoring“: Der Junior coacht den Senior auf den Themengebieten, die „Jung“ besser kann als „Alt“. Worauf kommt es in diesem Prozess an?
Anne M. Schüller zeigt in ihrem Beitrag im Channel Produktion & Prozesse auf buchreport.de, was dieses Konzept genau ausmacht und worauf es zu achten gilt.
Vornehmliches Ziel von Reverse Mentoring ist es, die digitale Fitness im Unternehmen insgesamt zu erhöhen, altgewohnte Kommunikations- und Arbeitsweisen an die Erfordernisse der digitalen Ära anzupassen sowie ältere Kolleginnen und Kollegen und Führungskräfte mit der Lebenswelt der Millennials vertraut zu machen.
Die Grundvoraussetzungen, damit das gut funktioniert: Es darf keine Konkurrenzsituation und keine hierarchische Abhängigkeit bestehen, Zuverlässigkeit, Integrität, Offenheit und Ehrlichkeit sind ein Muss. Zudem braucht es Freiwilligkeit auf beiden Seiten, verbunden mit absoluter Diskretion. Die Akteure müssen menschlich zueinander passen wie auch Vertrauen und Respekt füreinander besitzen. Sie betrachten sich als gleichwertig und begegnen sich auf Augenhöhe.
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren, damit das Reverse Mentoring gut gelingt:
1. Das Matching
Das Mentoring-Tandem sollte abteilungs- und hierarchieübergreifend zusammengesetzt sein. In größeren Unternehmen übernimmt meist eine koordinierende Stelle, etwa die Personalentwicklung, das Matching. Dazu können zum Beispiel Speed Datings durchgeführt werden. Wie bei der Partnersuche gilt es dabei herauszufinden, ob man zusammenpasst. Die Teilnehmer lernen sich in einem etwa fünfminütigen Gespräch kennen. Danach wechseln sie Tisch für Tisch zum jeweils nächsten potenziellen Partner. Am Ende ziehen alle Bilanz und entscheiden, mit wem aus der Runde sie das Reverse Mentoring durchführen möchten.
2. Die Themen
Die Tandems setzen ihre Schwerpunkte selbst und bestimmen Umfang und Frequenz der Treffen. Neben dem konkreten Umgang mit vernetzter Software, mit Apps, mit sozialen Netzwerken, dem Web und neuen Technologien kann es auch um die Einstellung und Haltung der jungen Generation im Allgemeinen gehen. Ferner können Arbeitswelt und Lebensweise der Millennials sowie Zeitgeist und angesagte Trends zur Sprache kommen. Schließlich können spezifische Themen wie eine verbesserte Talentsuche, zeiteffiziente Kollaborationstools, digitale Workflow-Konzepte oder aktuelle Facetten des Online-Marketings besprochen werden.
3. Professionalität
Der Mentor braucht nicht nur eine hochgradige fachliche Expertise, sondern auch Verständnis, Einfühlungsvermögen, Kommunikationstalent und diplomatisches Geschick. Er muss zwar verständlich erklären können, seinen Mentee-Partner vor allem aber selbst machen lassen, wenn es um digitale Anwendungen geht. Da der Mentor in aller Regel jung ist, ist ein Vorabtraining in Sachen Mentoring-Methodik überaus sinnvoll. Dieses kann von einem erfahrenen Mentor gegeben werden. Bei größeren Programmen bieten sich hier auch gemeinsame Workshops an.
Weitere Lösungen, Impulse und Erfahrungsberichte für die Verlagsproduktion lesen Sie im Channel Produktion & Prozesse von buchreport und Channel-Partner Publisher Consultants.
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4. Hochrangige Mentees gewinnen
Damit das Programm intern angenommen wird, braucht es Popularität. Stellt sich als Erstes ein Mitglied der Geschäftsleitung als Mentee zur Verfügung, folgen dem naturgemäß auch andere Führungskräfte. So wurden bei der österreichischen Bank Austria in der ersten Programmrunde den 8 Vorständen der Bank 8 Millennials zugeordnet. In der zweiten Runde kamen 30 Manager der zweiten und dritten Führungsebene mit jungen Mitarbeitern zusammen, die zu dem Zeitpunkt nicht älter als 35 Jahre waren. Diese gehörten entweder dem Talentpool der Bank an oder nahmen an dessen Graduate-Programm teil.
5. Die Einstellung der Mentees
Der Mentee benötigt nicht nur ein starkes Interesse an den dargebotenen Themen, sondern auch persönliche Souveränität. Psychologische Barrieren sind nicht zu unterschätzen. Sich von einem Jüngeren etwas sagen zu lassen, ist nicht immer einfach. Generationenkonflikte haben viele Facetten, die zum Teil auch durch reine Biochemie erklärt werden können. Einerseits gibt es den Vater-Sohn-Komplex, der auch bei Unternehmensnachfolgethemen eine ursächliche Rolle spielt. Findet das Reverse Mentoring geschlechterübergreifend statt, ist zudem zu beachten: Für ein ausgeprägtes Alphagehirn sind jüngere Frauen vor allem eins: Beute oder Beta. Beide Facetten müssen im Rahmen der Mentee-Vorbereitung, auch wenn es vielleicht unangenehm ist, klipp und klar angesprochen werden, damit das Programm nicht unglücklich verrutscht.
6. Das Prozedere
Das Programm kann zeitlich unbegrenzt oder als fest umrissenes Projekt laufen. Entsprechende Software-Programme können bei der Abwicklung helfen. Der organisatorische Aufwand umfasst die Konzeption als solche, die Erstellung eines Leitfadens, die Durchführung interner Marketingmaßnahmen, die Auswahl und Qualifizierung geeigneter Mentoren, die Akquise und Sensibilisierung der Mentees, Kick-off-Veranstaltungen, Follow-up-Maßnahmen, Messung und Dokumentation der Erfolge sowie das Streuen von Erfolgsgeschichten in internen und externen Medien. Zudem kann eine Mentoren-Community gegründet werden.
So ist das Reverse Mentoring ein hervorragendes Tool, um eine lernende Organisation aufzubauen. Denn sie nutzt vorhandenes junges Wissen, um fit für die Zukunft zu werden.
Mit freundlicher Genehmigung von Karriereboost, einer Initiative von Haufe und Schäffer-Poeschel.
Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Fit für die Next Economy. Zukunftsfähig mit den Digital Natives.
- 271 Seiten
- gebunden: 19,99 Euro, ISBN: 978-3-527-50911-9
- E-Book (EPUB, MOBI): 17,99 Euro, ISBN: 978-3-527-81216-5
- Wiley-VCH
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