Beschaffung und Materialwirtschaft geraten auch in der Medienbranche zunehmend unter Druck. Ein leistungsfähiges Beschaffungscontrolling ist eine gute Antwort auf zunehmende Anforderungen an den Wertbeitrag des Einkaufs. Welche Bereiche deckt das Beschaffungscontrolling ab und wie setzt man es wirkmächtig und gleichzeitig ressourcensparend auf? Teil 2 einer 3-teiligen Serie.
Fortschreitende-Automatisierung der Purchase-to-Pay-Prozesskette, ein anhaltender Trend zum Outsourcing und zunehmender Margendruck zwingen den Einkauf zu weiterer Professionalisierung und zu einer genauen Steuerung – von der Planung bis zum Reporting, von der Materialwirtschaft bis zum Personalbereich.
Ein entsprechendes Einkaufscontrolling ist in der Welt der Konzerne längst durchgesetzt, aber auch der Mittelstand kann es sinnvoll nutzen. Worauf es dabei ankommt, beschreiben Andreas Klein und Peter Schentler in einer Serie im Prozess-Channel von buchreport.de. In Teil 1 ging es um die Theorie des zielgesteuerten Einkaufs. Teil 2 befasst sich mit den Zielen und Aufgaben des Einkaufscontrollings.
Direkte und indirekte Ziele des Beschaffungscontrollings
Die direkten Ziele des Beschaffungscontrollings umfassen die Sicherung und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Adaptionsfähigkeit der Beschaffungsführung, damit diese in der Lage ist, die Unternehmensziele zu realisieren. Die indirekten Ziele stellen den erwünschten Zustand – in diesem Fall die Beschaffungsziele – dar, dessen Erreichung das Controlling herbeiführen soll:
- Beschaffungskosten senken: Die Beschaffungskosten umfassen Beschaffungsobjekt-, Beschaffungsprozess- und sonstige beschaffungsbezogene Kosten.
- Beschaffungsqualität erhöhen: Die Beschaffungsqualität stellt die Deckungsgleichheit zwischen geforderten und erhaltenen Anforderungen dar und umfasst Aspekte wie das Produkt selbst, Lieferort und Lieferservice. Die Qualität umfasst Leistungskonstanz (weniger Schwankungen) und/oder Leistungssteigerungen (bessere Leistungen).
- Beschaffungszeit senken: Die Beschaffungszeit stellt den Zeitraum dar, der für die Wiederbeschaffung benötigt wird.
- Beschaffungsrisiko senken: Beschaffungsrisiken entstehen durch die Abweichung der tatsächlichen von den geplanten Ereignissen in den Beschaffungsmärkten und im Beschaffungsbereich, beispielsweise die Insolvenz eines Lieferanten. Bei diesem Ziel geht es um die Reduktion von Risiken durch Risikostreuung und Störungsvermeidung.
- Beschaffungsflexibilität erhöhen: Die Beschaffungsflexibilität drückt den Handlungsspielraum eines Unternehmens im Hinblick auf ungeplante bzw. unplanbare Abweichungen aus, umfasst also Leistungs-, Mengen-, Zeit- und Ortsflexibilität.
- Beschaffungsautonomie optimieren: Die Autonomie bezieht sich auf die Abhängigkeit eines Unternehmens von seinen Zulieferern. Vorteile durch eine intensive Zusammenarbeit und Nachteile durch die daraus meist resultierende Abhängigkeit sind auszubalancieren.
- Gemeinwohlorientierte Beschaffungsziele verfolgen: Bei diesen Zielen stehen nicht die eigenen Interessen im Vordergrund, sondern das übergeordnete Wohl. Beispiele sind die Vermeidung von Kinderarbeit oder ökologische Missstände in Zulieferbetrieben.
Nicht nur Kosten in den Vordergrund
Eine ausschließliche Fokussierung auf monetäre Ziele würde zu einer Teiloptimierung führen, da für den (zukünftigen) Unternehmenserfolg wesentliche nichtmonetäre Werte wie beispielsweise die Beziehungsqualität zu Lieferanten oder deren Innovationsfähigkeit kaum Berücksichtigung finden würden.
Aufgaben des Beschaffungscontrollings
Nachfolgend werden die Aufgaben des Beschaffungscontrollings den Handlungsfeldern zugeordnet (s. Abb. 1):
Unabhängig von der analytisch deduzierten Reihenfolge in diesem Beitrag wird in der Unternehmenspraxis speziell die Performance-Messung des Beschaffungsbereichs (Einkaufserfolgsmessung), die dem Handlungsfeld Beschaffungsbereich zugeordnet ist, mit Beschaffungscontrolling verbunden.
Optimierung der Preise und Bestände
Im Handlungsfeld Material- und Güterflüsse liegt das Hauptaugenmerk des Beschaffungscontrollings auf der Unterstützung des Managements in der Optimierung der Preise und Bestände bei gleichzeitiger Sicherstellung der Lieferbereitschaft, Lieferflexibilität, Materialqualität und Preisstabilität.
- Das Beschaffungscontrolling muss die Beschaffungsleitung bei der Entwicklung der Beschaffungsstrategie, insbesondere bei der Bewertung und Auswahl von Strategiealternativen, unterstützen.
- Im Rahmen der operativen Beschaffungsplanung muss das Beschaffungscontrolling sicherstellen, dass die Beschaffungsplanung und die Unternehmensplanung abgestimmt sind und insbesondere sicherstellen, dass sich Beschaffungspotenziale in der Unternehmensplanung wiederfinden.
- Mit der Steuerung der Bestände im Beschaffungsbereich muss das Beschaffungscontrolling, insbesondere durch Kosteninformationen und entsprechende Kennzahlen, zur Optimierung der Lagerkosten beitragen.
Koordination der Zusammenarbeit mit Lieferanten
Effiziente Zusammenarbeit
Das zweite Handlungsfeld umfasst die Lieferanten. Das Controlling muss das Management dabei unterstützen, „Konzepte und Instrumente für eine effektive Koordination der Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und seinen Lieferanten ein- und um[zu]setzen“. Transparenz über die Auswirkungen von Entscheidungen auf finanzielle und nicht finanzielle Kennzahlen ist insbesondere bei folgenden Themen zu schaffen:
- die Lieferantenauswahl und -beurteilung, inklusive der Messung der Performance der Lieferanten, und
- die Steuerung der Geschäftsbeziehung (Kooperationscontrolling),
- die Steuerung der Lieferantenstruktur, also der Gesamtzahl der Lieferanten und der Arten von deren Einbindung.
Es sei erwähnt, dass Methoden zur Auswahl der Strategien sowie Kennzahlen für Lieferanten und Typen von Kooperationen in Abhängigkeit von den Anforderungen der verschiedenen Beschaffungsobjekte festzulegen sind.
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Optimierung des Beschaffungssortiments
Im Handlungsfeld Beschaffungsprogramm steht nicht die zeitliche und mengenmäßige Terminierung der Mengen- und Werteflüsse im Vordergrund, sondern eine gesamtheitliche Betrachtung der zugekauften Waren(gruppen):
- Entscheidungen hinsichtlich der Festlegung der optimalen Fertigungstiefe (Make or Buy) müssen – beispielsweise durch entsprechende Deckungsbeitragsrechnungen – unterstützt werden.
- Das Beschaffungscontrolling muss eine Steuerung der Beschaffungsobjektstruktur (Verteilung der Beschaffungsobjekte) ermöglichen, indem direkte und indirekte (Folge-)Kosten und der Nutzen der Beschaffungsobjekte transparent gemacht werden. So können beispielsweise Vorteile durch die Mehrfachverwendung von Teilen und Materialien aufgezeigt werden.
- Ein weiteres Aufgabenfeld liegt im Aufzeigen potenzieller horizontaler Verbundeffekte und deren Auswirkung auf die Beschaffungsziele. Durch die Bündelung von Bedarfen innerhalb des Unternehmens und/oder über die Unternehmensgrenzen hinweg kann es zu Verbesserungen, beispielsweise durch bessere Preise oder Lieferbedingungen aufgrund der höheren Mengen, kommen.
Optimierung der Zahlungsströme
Optimierung des Working Capital
Das Management der Zahlungen zwischen dem Unternehmen und dessen Lieferanten trägt oft maßgeblich zum Unternehmensgewinn bei. Das dabei betroffene Handlungsfeld Zahlungsströme liegt an der Schnittstelle verschiedener Bereiche. Für die Vereinbarung der Zahlungsziele und die Vertragsgestaltung ist die Beschaffung verantwortlich, für die Bezahlung (und damit das Nutzen der Skonti) die Kreditorenbuchhaltung.
Direkte Einflussfaktoren auf das Working Capital sind die Kernprozesse der Beschaffung, also Order to Cash (vom Auftrags- bis zum Zahlungseingang, korrespondierende Kennzahl: Days Sales Outstanding), Forecast to Fulfil (von Bedarfsermittlung bis Verkauf/Warenausgang, korrespondierende Kennzahl: Days Inventories Held) und Purchase to Pay (von der Bestellung bis zur Zahlung an Lieferanten, korrespondierende Kennzahl: Days Payables Outstanding).
Indirekte Einflussfaktoren sind beispielsweise die Aktualität und Qualität der Stammdaten oder die funktionsübergreifende Koordination und Kommunikation bzw. die Prozess- und Datentransparenz.
Das Beschaffungscontrolling muss diese Koordination und Transparenz schaffen, inwieweit sich vereinbarte Zahlungsbedingungen auswirken bzw. wo ggf. Potenziale (u.a. durch die Nichtausnutzung von Skonti oder zu frühe Zahlungen) nicht genützt werden.
Messung des Beschaffungserfolgs
Effektivität und Effizienz des Beschaffungsbereichs steigern
Während die bisher vorgestellten Handlungsfelder die Optimierung der von der Beschaffung ausgeführten Aufgaben zum Zweck haben, fokussiert das Handlungsfeld Beschaffungsbereich auf die Steuerung der Beschaffung als Organisationseinheit. Die erste Aufgabe umfasst die Steuerung der Beschaffungsaktivitäten.
- Aus strategischer Sicht geht es um die Mitwirkung bei der Frage, welche (zukünftigen) Entwicklungen und Aktivitäten für das Unternehmen Chancen beinhalten, dauerhaft den Beitrag der Beschaffung zum Ergebnis zu steigern (strategische Beschaffungszielsetzung, strategischer Soll-Ist-Vergleich, Stärken-Schwächen-Analyse etc.).
- Operativ steht die Steuerung des Inputfaktoreneinsatzes im Vordergrund. Es soll aufgezeigt werden, welche Kosten und welchen Wertbeitrag Beschaffungsaktivitäten und -prozesse aufweisen.
Beurteilung der Leistung des Beschaffungsbereichs
Bei der Performance-Messung des Beschaffungsbereichs ist zu beurteilen, welches Ergebnis bzw. welche Leistung von der Beschaffungsabteilung erbracht und welche Kosten verursacht werden. Bereichseffizienz (Kosten der Beschaffungsaktivitäten) und Beschaffungserfolg (Nutzen der Beschaffung) sind gegenüberzustellen. Die Leistungsindikatoren können kosten-, qualitäts- und zeitbezogen ausgerichtet sein.
Mit freundlicher Genehmigung der Haufe Group.
Andreas Klein, Peter Schentler: Einkaufscontrolling. Instrumente und Kennzahlen für einen höheren Wertbeitrag des Einkaufs
ISBN 978-3-648-09319-1 (224 Seiten gebunden)
978-3-648-09320-7 (PDF-E-Book)
EUR 79,- (gebunden) / 69,99 (E-Book)
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