Wenn Teams mit digitaler Agenda und Arbeitsweise auf altetablierte IT-Kräfte treffen, gibt es oft Funkenflug. Unzureichend moderierte Konflikte können schwerwiegende Folgen haben – für Teams und Produkte.
Kai Schmidhuber hat schon mehrere Weltkonzerne auf ihrem Weg in die Digitalisierung geführt und kennt gute wie schlechte Beispiele der Moderation von Konflikten dieser Art. Als Sprecher bei der IT-Konferenz der Akademie der Deutschen Medien am 25. Juni 2019 im Münchner Literaturhaus zeigt er neben einem „Worst Case“ auch Best Cases. Im Prozesschannel von buchreport.de schildert er, worauf es ankommt.
Warum haben Digitalteams und IT-Abteilungen manchmal Probleme miteinander?
Die größte Herausforderung ist es, verschiedene Realisierungsgeschwindigkeiten, Prioritäten und Anforderungen an Sicherheit und Systeme in Einklang zu bringen. Während die klassische IT zumeist die so genannten „Legacy-Systeme“, also quasi das IT-Herzstück des Unternehmens betreut, wollen Digitalteams diesem System neue Software, tendenziell instabile Systeme oder unbekannte, neue Plattformen hinzufügen. Und es muss schnell gehen – Testen und Lernen stehen dabei im Vordergrund. Hier kommt es dann häufig zur Konfrontation, da die Wege der Zusammenarbeit auf diesen Gebieten oft noch nicht definiert sind. Und mit den althergebrachten Methoden à la „Wasserfall“ und Releasezyklen kommt man dann nicht weit.
Unterschätzen CIOs die Bedeutung des digitalen Geschäfts in Medienunternehmen?
Keinesfalls. Nur ist der Job eines CIOs aus meiner Sicht weniger technologiefokussiert, als viele meinen. Vielmehr sollte es für einen CIO die oberste Aufgabe und Pflicht sein, Silos abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn die Trennung zwischen Digital und IT macht keinen Sinn. Das ist ungefähr so, als wolle Ihr Körper die Arme getrennt von den Beinen steuern, mit einem zweiten Gehirn. Ich denke, die Menschheit wäre in diesem Falle weiterhin im Vierfüßergang unterwegs. In Unternehmen entstehen jedoch häufig solche Parallelwelten und Silos zwischen Digitalteams und IT. Das muss aufhören.
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Haben Sie mal ein „abschreckendes“ Beispiel, wie die Zusammenarbeit zwischen beiden nicht laufen darf?
Besonders schwierig wird es dann, wenn der Kunde zum direkten Leidtragenden wird. IT-Projekte sind oftmals von langer Hand geplante Großprojekte in Unternehmen, mit Vorstandsbefassung, großen Budgets und viel Ruhm und Ehre im Spiel. Wenn es dann im Projektplan zu Verzögerungen kommt, kommen manchmal ungesunde Motivationen zu Tage. Beispielsweise die, trotz massiver Fehler der Lösung live zu gehen, um einen sauberen Projektabschluss in time und in budget vorweisen zu können. Hier sitzt die IT regelmäßig am längeren Hebel. Wenn man dann nicht miteinander spricht und gemeinsam Lösungen sucht, geht eine extrem kundenunfreundliche Lösung an den Start. Die Kunden laufen Sturm, negative Bewertungen kommen im Doppelpack und intern schieben alle einander den schwarzen Peter zu.
Wo hapert es in diesen Fällen vor allen Dingen?
Ganz einfach: an der Kommunikation.
Was für Risiken bringt es mit sich, wenn die Bereiche nicht gut zusammen laufen?
Viele würden jetzt Budgetrisiken zuerst anführen. Das ist aber zweitranging für mich. An vorderster Stelle steht für mich das Risiko, Kunden mit schlecht durchdachten und noch schlechter umgesetzten Lösungen zu konfrontieren. Was wird dann passieren? Der Kunde quittiert die kundenunfreundliche Software mit schlechten Bewertungen, beispielsweise im App Store oder in den sozialen Medien. Natürlich nutzt er die Lösung auch nicht. Rückschluss im Unternehmen: „Unsere schöne Lösung wird vom Kunden nicht angenommen.“ Es folgt: Schulterzucken. Konsequenz: Alle verlieren das Interesse, Budgets werden gekürzt, an dem Projekt nicht mehr gearbeitet. Ergebnis: Kunde weg, Mitarbeiter demotiviert. Eine Abwärtsspirale.
Und wenn es gilt, von oben zu schlichten oder gar durchzuregieren, was sollte da die Richtschnur sein?
Schlichten ist immer gut, aber häufig gibt es gar keinen Streit. Wie in einer schlechten Ehe. Man spricht überhaupt nicht miteinander. Sie müssen als Führungskraft also zur Kommunikation animieren. Und zur Kollaboration. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, grundsätzlich „Tandems“ zu bilden. Damit meine ich hier Teams, bestehend aus je einer Digitalkraft und einer IT-Kraft, die ein Teilprojekt oder Workstream gemeinsam zu lösen haben. Die Aufgabe der Führungskraft ist sodann die, ein optimales Coaching sicherzustellen. Vom Regieren halte ich wenig – das klappt ja schon in der Politik nur sehr begrenzt.
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