Wie geht’s weiter mit Weltbild nach dem Einstieg von Paragon Partners? Der Private-Equity-Investor will zunächst ein strenges Kostenregiment einführen, die komplette Führungsetage abbauen – und das Sortiment durchkämmen.
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Ausgabe vom 19. Mai 2014) berichtet, will Paragon bei Weltbild zunächst „kaufmännisches Denken“ einziehen lassen – bisher habe jegliche Kostenkontrolle gefehlt. So habe Weltbild kurz vor der Insolvenz 70 Mio Euro in eine neue Logistik und bis zu 40 Mio Euro in neue IT und Firmenwagen investiert. Weltbild sei „kein ausgemergelter Mittelständler, sondern ein Unternehmen mit reichlich Wohlstandsspeck“, wird Paragon-Partner Edin Hadzic zitiert.
Beim Abspecken helfen soll ein neues Management (echte „top guys“) – nur die mittlere Führungsebene soll bleiben. Die neue Firmenspitze solle jedoch auch als Co-Gesellschafter fungieren und eine „deutlich sechsstellige Summe“ mitbringen.
Auf Produktseite werde das Programm jetzt auf den Prüfstand gestellt, nach der Devise Ramsch und Rasenmäher raus, zurück zur Kernkompetenz Buch. So solle die Kundenorientierung wiederhergestellt werden.
Hadzic erklärt der „SZ“, man werde keine Verluste bei Weltbild finanzieren – Paragon habe noch nie bei einem Investment Geld verloren. Aber: „Weltbild ist ein Sanierungs- und Restrukturierungsfall. Wir gehen ein hohes Risiko ein, und der Ausgang ist völlig ungewiss.“
Was bedeutet das für die Verkäuferinnen bei Weltbild? Werden die such noch mehr reduziert ? Was bedeutet mittlere Ebene?
Oh Gott, oh Gott, oh Gott, hier wird aber wieder in der üblichen Weise dramatisiert und die alte Führungsriege schlecht gemacht! Und was Besseres als „Controlling“ scheint den neuen Herren erst mal nicht einzufallen, typisch. Um ein Unternehmen zu führen, bedarf es nicht des Kosten-Cuts, sondern kreativer Lösungen, und die kommen von Menschen. Wenn man dann aber die alte Führungsriege komplett entlässt, weil die ja so schrecklich inkompetent ist und „alles falsch gemacht“ hat, hat man auch alles Know-how den Bach heruntergespült und muss es erst mal wieder neu aufbauen … Das kostet Zeit, und die kostet Umsatz.
Dass Weltbild in den letzten Jahren so viele Non-Books ins Sortiment aufgenommen hat, geschah darum – wie Paragon anscheinend noch nicht mitgekriegt hat -, weil Non-Books eine höhere Rendite abwerfen als Bücher. Das weiß in der Buchbranche inzwischen auch die allerletzte Buchhandlung in Hintertupfingen, dass man mit Büchern (allein) kaum einen Gewinn machen kann, wenn man nicht kräftig Non-Books mit freier Preisgestaltung (und ohne die schwachsinnige Buchpreisbindung!!!) unters Sortiment mischt. Nur die Private-Equity-Investoren haben das anscheinend noch nicht inhaliert.
Bin mal sehr gespannt, wie diese „Restrukturierung“ vor sich geht. Viele Chancen gebe ich dem Ganzen nicht. Entweder wird Weltbild komplett sein Gesicht verlieren und von der Produktpalette etwas völlig anderes werden, als es in den letzten 20 Jahren war, oder die Heuschrecken verlieren das Interesse, und der Laden geht dann ganz vor die Hunde. Kaputtsaniert.
Was Paragon von sich gibt, ist so abgedroschen und so einfallslos, das hat man schon zig Mal von „Sanierungen“ gehört, und es hat noch nie funktioniert.
So wie es von Paragon-Partner Edin Hadzic dargestellt, wird beim Weltbild Verlag ganz knallhart die obere Struktur verändert und das Kerngeschäft ganz in Richtung Buch verlagert.
Zudem wird mehr auf die Kostenkontrolle gesehen und das ganze Unternehmen soll mehr und besser auch kaufmännisch von der finanziellen Seite besser kontrolliert werden. ,Verluste` sollen nach Hadzic nicht finanziert werden.
Bedeckt hält er sich, ob noch weitere Stellen abgebaut werden.
Weltbild muss also weiterhin saniert werden.
Hadiz sagt auch: ,Wir gehen ein hohes Risiko ein, und der Ausgang ist völlig ungewiss`.
Erforderlich ist jetzt sicher auch, dass die Mitarbeiter/innen von Paragon auch überzeugt werden, dass die angekündigten Ziele auch greifen werden und es gelingen wird den Weltbild-Verlag wieder besser aufzustellen.
Dazu müssen noch von Paragon Schwerpunkte forciert werden, die dann auch bei Weltbild zu neuen Zugpferden in den Verkaufsangeboten werden können.
Kataloge, wie bisher, sind für das Online-Geschäft sicher von Vorteil.
Wenn Paragon einen Gesamtüberblick von Weltbild in allen Fakten und Zahlen hat, können genaue Vorgaben in Planung gehen.
Nur jetzt alles auf Druck zu konzipieren bringt keinen Überblick, sondern es wird noch ein Zeitfenster in einem Vorlauf anzupeilen sein.
Es bleibt aber mit Paragon zu hoffen, dass sich eine neue Ausrichtung von Weltbild in naher Zukunft lohnen wird.
Nur müssen alle Beteiligten davon überzeugt sein, dass es durchschlagende und weitreichende Änderungen bei Weltbild in Augsburg geben muss, die eben langfristig gesehen das Unternehmen wieder nach vorne bringen.
Vertrauensbildende Maßnahmen zu den Mitarbeiter/innen wären da sicher auch von Vorteil. Und nur gemeinsam lassen sich bestimmte Richtlinien jetzt bei Weltbild auch verwirklichen.
H. Kraft