Die Einführung der „dritten Bestsellerliste“ hatte im Oktober vergangenen Jahres einen durchaus willkommenen Nebeneffekt: Die Neuplatzierung der relativ niedrigpreisigen und absatzstarken Paperbacks in einem eigenen Ranking ermöglicht auf der SPIEGEL-Hardcover-Bestsellerliste einen klareren Blick auf die Bedeutung literarisch anspruchsvoller Belletristik im Buchhandel.
Gerade Titel, die im Feuilleton und bei seinen Lesern großes Echo hervorrufen, ohne durch Prominenz des Autors oder geschickt eingesetzte Unterhaltungselemente in die Regionen höherer fünfstelliger Verkaufszahlen gehoben zu werden, finden sich seitdem häufiger auf der Bestsellerliste.
In dieser Woche zeigen insbesondere drei Neuzugänge aus dem Hanser Verlag die größere Nähe des Bestsellerrankings zu literarisch anspruchsvolleren Themen und Titeln:
- Auf Platz 24 steigt der Schelmenroman „Die Abenteuer des Joel Spazierer“ des österreichischen Schriftstellers und Musikers Michael Köhlmeier ein, der in der vordergründig unschuldigen Erzählung seines skrupellosen Protagonisten ein Panorama Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufspannt. Die „Zeit“ pries den Roman „als ungeheuren Wurf“.
- Büchnerpreisträger Wilhelm Genazino platziert sein neues Buch „Tarzan am Main“, eine literarische „Suche nach der Mitte Deutschlands“, die ihn nach und quer durch Frankfurt führt, auf Rang 27 der SPIEGEL-Bestsellerliste.
- Der israelische Schriftsteller und Friedensaktivist David Grossman, der 2010 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, steigt mit seinem neuen Buch „Aus der Zeit fallen“ auf Platz 34 in das Ranking ein – mit einem Buch, dem die „FAZ“ bescheinigt, es sei ein „unendlich trauriges, wunderbar weises, zärtliches und untröstliches Werk über den Verlust eines Kindes“, „schwer zu fassen“ und über weite Strecken „in seiner Intensität kaum auszuhalten“. Jedenfalls alles andere als leichte Muse.
Kommentar hinterlassen zu "Raum für Literaten"