Die Ablösung von Barbara Laugwitz als Rowohlt-Verlegerin, um zum Jahreswechsel Florian Illies Platz zu machen, beschäftigt weiterhin das Feuilleton. Diskutiert werden sowohl der Sexismus-Vorwurf als auch Spekulationen, Holtzbrinck wolle seine Buchverlage enger führen.
Der „SPIEGEL“ (15.9. bzw. Online Bezahlinhalt: „Die rausgekippte Frau“) diskutiert den von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek erhobenen feministischen Vorwurf, hier sei eine Frau rausgekippt worden „wie Abfall“: In dieses Bild passe nicht so ganz, „dass die Geschichte von Barbara Laugwitz ja nicht nur eine Geschichte des Falls ist, sondern zuvor auch eine des Aufstiegs war. Dass in den Buchverlagen der Holtzbrinck-Gruppe zuletzt drei Frauen auf Chefinnenposten befördert wurden: Kerstin Gleba bei Kiepenheuer & Witsch, Siv Bublitz bei S. Fischer und Doris Janhsen bei Droemer Knaur“. Verwiesen wird auch auf die buchreport-Auswertung, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen zunimmt, wenn auch die Branche von der Normalität einer hälftigen Besetzung noch immer weit entfernt ist. „Zur Normalität gehört allerdings auch“, schreibt der SPIEGEL weiter, „dass Frauen Machtkämpfe bestehen müssen, dass sie scheitern können. Die Absetzung von Laugwitz allein mit ihrem Geschlecht zu begründen lässt Frauen weiterhin wie eine schützenswerte Spezies erscheinen“.
Auch die „Welt“ (15.9 bzw. Online Bezahlinhalt: „Der Fall Rowohlt“) kann mit dem Reflex sexistisch motivierter Gründe wenig anfangen. „Vielleicht ließ die impulsive Empörung über den Einzelfall manchen vergessen, dass Rowohlt nun der einzige zu Holtzbrinck gehörende Verlag ist, der keine Frau an der Spitze hat; wer nur darauf achtet, könnte dem Konzern eigentlich das Label ,frauenfreundlich‘ aufdrücken.“ Auch in die Chefetagen anderer größerer Verlage seien gerade in den letzten Jahren einige Frauen gerückt.
„Ist das Ende des Autorenverlegers gekommen?“
Die „Welt“ spekuliert deshalb mehr in eine andere Richtung, dass es bei den „unterschiedlichen Vorstellungen“ zwischen Barbara Laugwitz und Joerg Pfuhl, dem CEO der deutschen Holtzbrinck-Verlage, um die Einführung eines anderen Verlagsmodells ging mit weniger Unabhängigkeit für die einzelnen Holtzbrinck-Verlage. Erinnert wird daran, dass Pfuhl zuvor CEO der zentraler geführten Verlagsgruppe Random House war. Bei Holtzbrinck hat Pfuhl eine übergeordnete Leitungsgruppe zusammengestellt, um „bei relevanten übergreifenden Themen“ zusammenzuarbeiten. Womöglich mutmaßt die „Welt“ habe Laugwitz in diesem Gremium zu sehr auf die programmatische Unabhängigkeit von Rowohlt gepocht und fragt: „Ist das Ende des Autorenverlegers gekommen?“
Die „Tageszeitung“ (15.9.: „Wie man es nicht macht“) findet ebenfalls, dass der inhaltlich von Holtzbrinck nicht begründete VerlegerInnen-Wechsel Spekulationen nähre: „Vermutlich hat die Holtzbrinck-Führung darauf gesetzt, dass die Strahlkraft von Florian Illies überdecken würde, dass seine Inthronisierung zugleich den Rausschmiss der bisherigen Verlegerin bedeutet. […] Darüber hinaus steht jetzt immer noch der Verdacht im Raum, dass der Chefwechsel der Beginn von tiefgreifenden Umstrukturierungen sein könnte, an deren Ende Rowohlt und der Fischer-Verlag ihre Unabhängigkeit verlieren.“
Die „Welt am Sonntag“ (16.9.) macht sich über die Spekulationen um die Rowohlt-Personalien lustig: „Endlich wieder Gesprächsstoff für öde Weißweinempfänge: Der Rowohlt-Skandal ist der neue Suhrkamp-Skandal!“
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