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Raus aus der Geschenkbuch-Nische

Nach einem Umsatzplus von 1,1% im Vorjahr konnten die Reiseabteilungen der stationären Buchhandlungen 2014 erneut zulegen: Die breit gefasste Warengruppe, die Reiseführer und Reiseberichte, Bildbände, Kartografie und Hotelführer umfasst, ist gegenüber dem Vorjahr um 1,4% gewachsen (2011: +2,3%; 2012: –3,4%; 2013: +1,1%).

Für Wolfgang Kunth, Verleger des Münchener Kunth Verlags ist damit noch lange nicht das Ende der Reise erreicht. Seiner Meinung nach verschenkt der Buchhandel im Reisesegment Umsatzchancen. Sein Credo: Auch hochpreisige Reisebildbände erfüllen touristische Zwecke und müssen bei der Präsentation raus aus der Geschenkbuch-Nische. Das erläutert er im Interview mit buchreport.de

Kunth ist mit hochwertigen und teuren Reisebildbänden unterwegs. Welche Rolle spielt der stationäre Buchhandel?

Aus unserem Blickwinkel eine zunehmend wichtige. Wobei wir uns wünschen würden, und das gilt generell für alle Bildband-Verlage, bei der Präsentation mehr Gewicht zu bekommen. Das Hauptgeschäft läuft vor Weihnachten und diese Bücher sind natürlich auch Geschenkbücher. Das ist aber nicht alles: Es wäre auch für den Buchhandel von Vorteil, wenn Reisebildbände auch als Titel eingeordnet und angeboten würden, die zusätzlich touristische Zwecke erfüllen können. Sie sind auch im 1. Halbjahr verkäuflich.

Wie kann man gegensteuern?

Wenn ein Bildband nur mit dem Rücken zu sehen ist, hat man schon verloren. Viele Buchhändler sagen, es fehle der Platz. Dem ist aber nicht so. Vor Ort sieht man oft, dass er mit Nonbooks gefüllt ist. Der Buchhandel lässt die Gelegenheit aus, über eine adäquate Präsentation höhere Umsätze zu erzielen. Es gibt einen Grundbedarf an solchen Büchern. Ein Beispiel: In einer Münchener Papeterie wurde eine Bildbandreihe von Kunth frontal präsentiert. Die Umsätze erreichten das Siebenfache des Umsatzniveaus mit einer großen Buchhandlung. Es gibt also ein erhebliches Marktpotenzial. Man muss es nur ausschöpfen.

Es gibt immer mehr hochwertige Reiseblogs mit Fotostrecken und sogar Videos. Eine Konkurrenz aus dem Web?

Das sehe ich nicht. Bildbände brauchen das Papier und eine schöne Ausstattung. Sie bieten damit ein haptisches Erlebnis, das von den Käufern geschätzt wird. Auf dem Bildschirm ist das Foto flüchtig, im Buch bleibt es präsent. Die elektronischen Medien können das nicht leisten.

Welche Perspektiven gibt es auf der digitalen Schiene?

Ich habe in unserem Bereich noch niemanden getroffen, der sagt, er habe mit elektronischen Büchern Geld verdient oder auch nur die Kosten gedeckt. Wir machen weiter Apps für unsere Bildreiseführer, aber mehr als flankierende Marketingmaßnahme. Aber wir überlegen natürlich auch, wie wir in den sozialen Netzen auftreten können. Und wir denken darüber nach, Bildbände auf der Webseite in ein anderes Umfeld zu stellen, indem wir sie etwa mit Film- und Musiksequenzen unterlegen. Die Bücher aus dem Verlag heraus emotionaler darstellen, das wäre einen Versuch wert. Auf diese Weise könnte man ganz andere Zielgruppen erreichen, vor allem auch jüngere.

Kommentare

1 Kommentar zu "Raus aus der Geschenkbuch-Nische"

  1. „…es fehle der Platz. Dem ist aber nicht so. Vor Ort sieht man oft, dass er mit Nonbooks gefüllt ist.“
    Bravo für diesen mutigen und richtigen Satz!

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