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Rebecca Gisler über »Vom Onkel«

Rebecca Gisler, geboren 1991 in Zürich, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und absolvierte anschließend den Master-Studiengang Création littéraire an der Universität Paris VIII. Sie schreibt auf Deutsch und auf Französisch; Veröffentlichungen von Lyrik und Prosa in zahlreichen Zeitschriften und Anthologien; Mitorganisatorin der Reihe Teppich im Literaturhaus Zürich. Ihr Debütroman „Vom Onkel“ (dt. Ausgabe bei Atlantis) erschien im Herbst 2021 unter dem Titel „D’oncle“ in Frankreich und wurde für mehrere Literaturpreise, u.a. für den Prix Les Inrockuptibles, nominiert. Mit einem Auszug aus der deutschen Fassung gewann sie 2020 den Open Mike in Berlin. Rebecca Gisler lebt in Zürich und Paris. (Foto: Noemi Bräm)

In den aktuellen Frühjahrsprogrammen der Verlage finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 12 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Rebecca Gisler.

Mein Roman in drei Sätzen

Eine Nichte, ein Neffe und ein Onkel leben aus undurchsichtigen Gründen in einer WG in der Bretagne, und aus diesem Zusammenleben zeichnet sich unterschwellig das Porträt einer Familie und der vergangenen Jahrzehnte ab. Bizarr – wie jede Familie und jede Epoche, vielleicht sogar ein bisschen bizarrer. Das Buch umkreist eine vielleicht seltsame, aber faszinierende Figur: einen Onkel.

Mein Weg zu Atlantis

Vom Onkel habe ich auf Französisch geschrieben und unter dem Titel „D’oncle“ in Frankreich veröffentlicht. Bereits während der Arbeit am französischen Text habe ich mit der deutschen Fassung angefangen. Daniela Koch, von Atlantis Literatur, ist eines Tages, wie genau weiß ich gar nicht, auf „D’oncle“ gestoßen und hat den französischen Verlag angeschrieben. So ungefähr hat der Weg begonnen.

Das Verdienst meiner Lektorin

Wir sind zwar noch mitten in der Arbeit am Text, aber bis jetzt ist Daniela Koch eine sehr genaue und liebevolle Lektorin, die mir ab und zu hilft, die deutsche Sprache wiederzuerringen (da bin ich ihr sehr dankbar). Eine solche Zusammenarbeit ist sehr wertvoll und ermöglicht mir als Autorin, den eigenen Text stets weiterzudenken.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Wie eine verzweigte Hecke. Teils unabdingbar, teils verkommen, teils gut riechend, teils schön, teils vielfältig, teils karg. Aber nie ganz durchsichtig. Und je nach Gärtner wird man beim Anblick einer Hecke daran erinnert, dass es ein sehr beeindruckendes Gewächs ist, welches man zwar besser nicht essen sollte, aber das auch sehr unterstützend sein kann, je nachdem wie der Wind gerade bläst. Bis jetzt habe ich noch nicht so viel Erfahrung mit dem deutschen Literaturbetrieb. Ich war überrascht, zu erleben, wie viel Interesse, positive Reaktionen und Einladungen auf die französische Veröffentlichung meines Debüts folgten. Umso gespannter bin nun, zu sehen, wie das im deutschsprachigen Raum sein wird.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Ganz verschiedene. Aber wenn ich drei erwähnen darf, dann wären das die Buchhandlung im Art Brut Museum Halle Saint-Pierre in Paris. Dort wimmelt es von Irren und Genies in Buch- und Bildform. Und in Zürich mag ich besonders die Buchhandlung Calligramme und die Buchhandlung im Volkshaus für ihre ausgesprochen gute Auswahl.

Meine Lieblingsautoren

Laura Vazquez mit ihrer einzigar­tigen Sprache, Emmanuel Bove und Henri Calet mit ihrem verzweifelten grauen Humor, Irmgard Keun mit ihrer Unsterblichkeit, Gene­viève Desrosiers mit ihrer Dringlichkeit und Freiheit, César Aira mit seinen kraftvollen Gedankensprüngen, Eugène Savitzkaya mit seinem wertvollen Sprachregister, Ivan Repila mit seinen wahnwitzigen und zugleich politischen Fabeln. Und ich vergesse natürlich und glücklicherweise noch viele andere.

So lese ich

Viel, immer anders, aber nie in der Badewanne.

Schreiben ist für mich

Vielleicht mich selbst und andere in Ruhe lassen.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Dann mache ich alles andere, und das sind nicht nur lästige Pflichten.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Rebecca Gislers rhythmische lange Sätze sind ein Ereignis. Sie haben mich über 150 Seiten – auf denen sich eine berührende und irgendwie abgefahrene Geschichte erzählt – in Atem gehalten. Nach solch einem Debüt kann man nicht suchen – es ist mir einfach zugefallen!

Daniela Koch, Leiterin Atlantis Verlag

Debütanten und Debütantinnen – im buchreport.magazin 1/2022

 

 

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