Der Buchhändler Patrick Musial hat seine Buchhandlung geschlossen und Insolvenz angemeldet. Die gute Nachricht aus Sicht des Händlers: Spätestens Anfang Juni soll ein Neustart erfolgen, die Gespräche mit der vorläufigen Insolvenzverwalterin RA Britta Hoff sowie mit dem zweiköpfigen Team seien positiv gelaufen, bilanziert Musial gegenüber buchreport.
Auf der Website der Buchhandlung Musial war zuletzt von „Betriebsferien“ zu lesen. In der Mitteilung hatte der 50-Jährige die wirtschaftlichen Schwierigkeiten erläutert:
„Nach aufreibenden zwei Pandemiejahren hatten wir gehofft, mit Beginn des Jahres 2022 wieder in entspannteres Fahrwasser zu kommen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Der Umsatz bleibt auch im Jahr 2022 fortgesetzt hinter dem aus der Zeit vor 2020 zurück – mit Beginn des Krieges ist er nochmals eingebrochen.
So wie bisher können wir dieses Geschäft, das uns allen so viel Freude bereitet hat, nicht weiterführen.“
Prüfungs-Phase
Die Mitteilung ist mit „Betriebsferien & Reset“ überschrieben: Man nehme sich eine Auszeit, lasse sich beraten, drehe jeden Stein um, überprüfe das Sortiment, überdenke Konzept und Standort und hoffe, nach der Pause wieder da sein zu können. Ende Mai wolle man verraten, wie es weitergehen soll. Doch Musial deutet bereits an, dass sich die Türen am alten Standort wieder öffnen werden – zumindest für die kommenden Monate, während der aktuelle Mietvertrag noch laufe. Ein Umzug sei aktuell nicht zu stemmen, doch perspektivisch denkbar, so Musial mit Blick auf vergleichbare Immobilien zu deutlich günstigeren Mieten in der Stadt.
Über die Gründe für die Insolvenz spricht Musial offen: Nach einem operativen Gewinn in 2021 habe man im ersten Quartal 2022 ein Minus von 35% eingefahren. Mangels ausreichender Rücklagen sei die Buchhandlung so in Schieflage geraten. Ein Fehler, wie Musial sagt. Auch, dass die Buchhandlung in der Corona-Pandemie keinen Online-Shop anbieten konnte, wertete der 50-Jährige im Nachhinein als „strategischen Fehler“. Man sei vor Corona ohne Online-Shop ausgekommen, aber in der Pandemie habe dieses Angebot eben gefehlt.
Auch die Veranstaltungen, vor der Pandemie wirtschaftlich erfolgreich, hätten zuletzt gefehlt und damit auch der Umsatz. Hier plant Musial künftig einen Ausbau, allerdings abgestimmt auf die personellen Möglichkeiten.
Viel Druck genommen
Die jüngsten Gespräche und die Bestandsaufnahme habe aber nun viel Druck genommen – nach schwierigen Wochen zuvor. „Wir arbeiten nun seit mehr als zwei Wochen intensiv am Neuanfang“, so Musial. Dass sich die Kunden-Frequenz auch deutlich verändert habe, sei derzeit aber zu beobachten. „Früher war die Mittagszeit unsere umsatzstärkste Zeit, jetzt nicht mehr“, so Musial über die sinkende Kundenfrequenz in der Stadt. Homeoffice und Unsicherheit angesichts der Entwicklung in der Ukraine hätten dazu beigetragen. Eine Einschätzung, die aktuell auch der Handelsverband Deutschland (HDE) so in einer Umfrage unter 700 Einzelhandelsunternehmen bestätigt.
Umstrukturierungen geplant
Zum Neustart der Buchhandlung möchte Musial auch im Laden andere Akzente setzen. Es gebe Warengruppe, die noch ungenutztes Potenzial hätten – und wiederum andere, die wenig Nachfrage erzeugen. Hier müsse man schauen, welche Anpassungen notwendig und sinnvoll seien.
Sicher sei: Der Zuspruch von außen, beispielsweise von Kunden, mache Mut und helfe bei der Neuausrichtung, so Musial.
Die Buchhandlung Musial wurde 1990 gegründet und ist 2018 in das „Wulffsche Haus“ in Recklinghausen umgezogen, einem ehemaligen Bürgermeisterhaus aus dem Jahr 1780, das sogar in Reiseführern verzeichnet ist. Die engagierte Buchhandlung gehörte mehrfach zu den Gewinnern des Deutschen Buchhandlungspreises, zuletzt 2021.
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