Unter dem Dach der Wikipedia-Mutter Wikimedia könnte ein kostenloser Online-Reiseführer entstehen. Die Mitglieder der Community stimmen derzeit über eine solche Initiative ab, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Ziel ist es, die Projekte Wikitravel und Wikivoyage zu einen. Beide Datenbanken werden ähnlich wie das Online-Lexikon von ehrenamtlichen Autoren gepflegt.
Die Wikimedia-Stiftung diskutierte am Wochenende auf ihrer Konferenz
Wikimania n Washington mit den Machern der Projekte. Eine Mehrheit der Wikitravel-Administratoren hatte im Vorfeld für eine Kooperation gestimmt. Auch die Mitglieder des Vereins Wikivoyage gaben bereits grünes Licht.
Die Entscheidung selbst sollen die Wikimedia-Communities treffen. Die Wikimedia-Stiftung werde sich nur bei einer hohen Beteiligung an der Abstimmung und einem klaren Votum für das Projekt entscheiden können, erklärt Denis Barthel, Projektmanager bei Wikimedia Deutschland, in seinem Blog. Bisher sieht es aber so aus, als würde das Projekt von den Mitgliedern durchgewunken: Am Dienstag gab es deutlich mehr Befürworter für die Zusammenführung (hier zu sehen).
Hintergrund: Wikitravel ging 2003 als Mitmach-Projekt online, in dem ähnlich wie in der Wikipedia ehrenamtliche Autoren gemeinsam an den Beiträgen arbeiten. Die Gründer verkauften die Marke 2006 an die Firma „Internet Brands“. Diese gewährleistete den technischen Betrieb, schaltete aber im Gegenzug Werbung. Daraufhin spaltete sich ein Teil der Community aus vornehmlich deutschen Mitarbeitern unter dem Namen Wikivoyage ab.
Beide Reiseführer nutzen eine Wiki-Technologie, die das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten ermöglicht. Wikitravel publiziert Reiseführer unter freier Lizenz und verfügt inzwischen nach eigenen Angaben über 19 Sprachversionen mit jeweils bis zu 26.000 Reiseführern, seit 2004 auch einer Version auf Deutsch. Wikivoyage habe dagegen den deutlich größeren deutschen Artikelbestand und eine sehr aktive und gut organisierte Community, die auch über gemeinsam genutzte Datenbestände für Bilder und Ortsangaben verfügt,
heißt es im Wikimedia-Blog.
Unter dem kostenlosen Mitmach-Reiseführer „Wikivoyage“ könnten kommerzielle Anbieter, darunter auch die Reiseführerverlage, zu leiden haben. Zurzeit sind Reiseführer sehr nachgefragt: 2011 wurde deutlich mehr Reiseliteratur verkauft als in den Jahren zuvor. Die Reiseführerumsätze (einschließlich Reiseberichte) haben gegenüber dem Vorjahr um 2,3% zugelegt. Die Umsätze mit klassischen Reiseführern sind um 4,2% gestiegen (ausführlich nachzulesen im buchreport.magazin Februar 2012, hier zu bestellen).
Ja, so wird es kommen, es dauert nur noch ein paar Jahre. Zum einen ist der Textbestand doch eher statisch, über Jahrzehnte gesehen, so dass eine grosse Community ihn recht schnell wachsen lassen kann.
Zum anderen ist das Online-Medium gerade bei vielen tückischen strukturierten Daten (Adressen, Preise, Öffnungszeiten etc.) leistungsfähiger als Print, weil diese Daten direkt von den Anbietern gecrawlt werden können. Spätestens mit dem Semantic Web kommen dann Formate wie „Hotel“ „Location:Museum“, die maschinenlesbar sind.