Welchen Stellenwert hat deutsche Literatur in Russland?
Seit 1992 ist die Zahl neuer Bücher aus allen Wissensbereichen, die ins Russische übersetzt werden, um das Fünfzehn- bis Zwanzigfache gestiegen. Das ist wahrscheinlich auch eine Folge des russischen Gastlandauftritts auf der Frankfurter Buchmesse. Allerdings liegen deutsche Bücher immer noch deutlich hinter den Übersetzungen aus dem Englischen oder Französischen zurück. Zum Vergleich: 2007 wurden aus dem Deutschen 836 Titel, aus dem Französischen 882 und aus dem Englischen 8080 übersetzt.
Interessieren russische Leser und Verleger sich für eine bestimmte Sparte der deutschen Literatur besonders?
Das Spektrum der Titel, die wir in der Vergangenheit vermittelt haben, ist breit gefächert. Darunter war zum Beispiel „Mein Jahrhundert“ von Günter Grass, „Liebesfluchten“ von Bernhard Schlink, aber auch „Tintenherz“ von Cornelia Funke, das „Aktiv Buch Gesundheit“ und „Russendisko“ von Wladimir Kaminer.
Was genau passiert auf der Verlegerbörse?
Wir stellen russischen Verlegern, Journalisten und Übersetzern ausgewählte Neuerscheinungen deutscher Verlage vor. Dafür erstellen wir vor der Veranstaltung eine Rights List mit russischen Inhaltstexten, Coverabbildungen und Verlagskontakten.
Wie viele Teilnehmer erwarten Sie?
In der Regel kommen 20 bis 25 Teilnehmer, wobei die Einladung an 60 bis 70 Verlage weitergeleitet wird, die deutschsprachige Titel im Programm haben bzw. Übersetzungsliteratur herausgeben.
Was muss ein deutscher Verlag tun, um mit seinen Neuerscheinungen bei der Verlegerbörse vertreten zu sein?
Tatjana Simon: Er bietet uns Titel an, die sich seiner Ansicht nach für Russland eignen und zahlt eine Titelgebühr an die Frankfurter Buchmesse, deren Auslandsbüro das BIZ ist.
Wie viele Bücher werden Sie vorstellen und nach welchen Kriterien wählen Sie diese aus?
Wir haben in diesem Jahr 73 deutschsprachige Verlage angeschrieben, von denen 28 Titel für die Verlegerbörse angemeldet haben. Insgesamt werden wir 73 Titel aus den Bereichen Belletristik, Sachbuch, Kinder- und Jugendliteratur vorstellen. Das ist eine Rekordzahl. 2007 waren es zum Beispiel 47 und im Jahr davor 58 Titel. Die Bücher, die wir vorstellen, sollen von einem deutschsprachigen Autor geschrieben und thematisch für russische Leser potenziell interessant sein. Dabei ist uns natürlich klar, dass das oft schwer zu beurteilen ist.
Die Fragen stellte David Wengenroth
Zur Person: Tatjana Simon leitet das Buchinformationszentrum (BIZ) Moskau. Das Außenbüro der Frankfurter Buchmesse fördert in enger Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Moskau die Verbreitung deutscher Literatur in Russland. Aktuell bereitet sie die Verlegerbörse 2008 vor, die Anfang Juni stattfindet.
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