Wann haben wir eigentlich aufgehört, große Unternehmen kritisch zu beäugen? Welche Funktionen haben große Unternehmen? Was ist nur möglich durch Größe. Gibt es eine gute und eine schlechte Größe? Einige Gedanken zu Amazon.
Amazon in Deutschland
Im Jahr 2010 hat Amazon in Deutschland ca. eine Milliarde Euro mit Büchern umgesetzt. Das sind ca. 10% des gesamten deutschen Buchumsatzes. Damit lagen sie in etwa gleichauf mit der Buchkaufhaus-Kette Thalia, wenn sie sie nicht bereits überholt haben.
Da der Gesamtbuchmarkt sich inflationsbereinigt seit 2002 nicht vergrößert hat, geht der Umsatz von Amazon (und anderen Versandhändlern) also zu Lasten der anderen Marktteilnehmer: Der Marktanteil des Sortimentsbuchhandels und der Kaufhäuser lag 2003 noch bei 61%, heute machen die beiden Vertriebswege noch 52,7% aus. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat unter dem verbreitendem Buchhandel zwischen 2004 und 2011 etwa 755 Mitglieder (17%) verloren.
Die erste sich aus diesem Ansatz stellende Frage:
• Wäre der Gesamt-Buchumsatz in den letzten 5 bis 10 Jahren gesunken, wenn es Amazon nicht gegeben hätte, oder hat Amazon nur Umsatz vom Sortiment abgezogen?
• Aus Kundensicht formuliert: Hat Amazon nur einem veränderten Kundenbedürfnis den entsprechenden Service und die Infrastruktur geboten?
• Noch einmal anders gefragt: Hat Amazon nur den Bedarf (nach selbständiger Online-Recherche, Nach-Hause-Versand) gedeckt, den es geschaffen hat?
• Und weiter nachgefragt: Wer hat eigentlich etwas von der Entwicklung? Hat Amazon davon profitiert?
Wir versuchen eine kleine Rechnung:
Im Jahr 2010 machte Amazon 34,204 Mrd Dollar Umsatz. Die Cost of Sales, also der Wareneinsatz, lagen bei 26,561 Mrd Dollar. Amazon operierte also, vor allem auf Grund seiner Niedrigpreis-Strategie, mit einer Spanne von lediglich 22,4% (hier mehr zu den Zahlen).
Auch wenn wir nicht genau erraten können, was Amazon unter den Cost of Sales subsumiert, gehen wir von dem Wareneinsatz (im Buchbereich der Einkaufspreis der Bücher) zzgl. Versandkosten für die Anlieferung aus, dazu kommen die Warenabgabepreise. Beim Buchverkauf in Deutschland müssten die Costs of Sales bei Neuwaren in der Summe aus Einkaufspreis (bei geschätzten 45% Rabatt) und Abgabekosten (großzügig gerechnet 10% vom Ladenpreis) bei ca. 65% vom Ladenpreis liegen. Amazon behielte also im deutschen Buchhandel eine Spanne von 35% und läge damit deutlich über dem Konzernschnitt.
Die Preisbindung schützt also in gewisser Weise Amazon vor seiner eigenen Niedrigpreis-Philosophie und sorgt hier vermutlich für einen im Konzernvergleich überdurchschnittlichen Gewinn.
Die Amazon-Akquise-Strategie: Premium Products, Non-Premium Prices oder: Mit Dumping in den Markt
Aber Amazon kann sich weltweit bislang nicht wirklich auf seinen beachtlichen Wachstumserfolgen ausruhen. Zwar sind die Umsatzsteigerungen seit Unternehmensgründung gewaltig (eine Umsatzverfünffachung von 2004 bis 2010, von 6,92 Mrd Dollar auf 34,2 Mrd Dollar, hier mehr).
Die fortgesetzte Expansion – geografisch, im Sortiment, technisch – macht die Marge weiterhin knapp; für das letzte Quartal 2011 ist sogar ein Verlust angekündigt. Einfach nur zu wachsen, scheint also nicht unbedingt das alleinseligmachende Rezept für Amazon – es braucht eine Erfolgsstory, wie sie Apple mit iPod und iPad hingelegt hat. Die Hoffnung liegt auf dem E-Book-Markt, Amazon will hier natürlich ganz, ganz vorne mit dabei sein.
Dabei ist die jüngste Strategie wiederum geprägt von einem Wachstum schaffenden Motto, dem der ökonomische Erfolg erst noch folgen muss: „Premium Products, Non-Premium Prices“, wiederholte es Jeff Bezos bei der Präsentation seines Kindle Fire mantraartig. Millionen von Kindles und neuen Amazon Tablets, Kindle Fire, werden hergestellt und nun von Amazon zu Preisen in den Markt gebracht, die offensichtlich für Verluste sorgen (hier mehr).
Amazon kündigt für das 4. Quartal 2011 möglicherweise einen Verlust an, und das im sicherlich wieder umsatzstärksten Quartal ever. Beachtlich an diesem Schritt: Bezos gibt die Verlustwarnung für das gesamte Unternehmen, das ja schon lange nicht mehr nur mit Medien, sondern mit Waren aller Art handelt (diese machen mittlerweile weit mehr als die Hälfte des Umsatzes aus). Er ordnet also das Wohl des gesamten Hauses seiner Media-Strategie unter, seiner E-Reader- und Tablet-Subventionspolitik: Eine beeindruckende Firmenphilosophie, die an den so viel Nachhaltigkeit nicht gewohnten Börsen zu einem prompten Kurssturz von 20% führte, nachdem die vorherige Ankündigung der günstigen Fire-Tablets und Kindle-Readern starke Kurssteigerungen brachten.
Bezos geht ein großes Risiko und setzt sich selbst und den Markt weiter unter hohen Druck. Der Niedrigpreis für die E-Reader lässt vermuten: Der Konzernchef traut der Güte seiner Angebote nicht so, wie das Steve Jobs bei seinen Apple-Produkten tat. Subventionierte Produkte sollen offenbar einen Markt zu schaffen, der sonst in der notwendigen Größenordnung (noch) nicht da gewesen wäre.
Zu erkennen ist auf jeden Fall eine Strategie, die auch schon bei der Kundenakquise im E-Commerce durchgeführt wurde: Mit Niedrigpreisen erst einmal jeden Kunden hereinholen, der sich verführbar zeigt, und das Geschäft dann später mit dem zum Stammkunden mutierten Käufer machen.
Die Folgen der Strategie – überschreitet Amazon die rote Linie?
Das Aufregende, Dramatische oder Verrückte an der Amazon-Strategie ist – je nach Blickwinkel –, dass weiterhin nicht entschieden ist, ob das Konzept aufgeht. Auch wenn uns die Größe des Unternehmens und die Vielfältigkeit seiner Dienstleistungen beeindrucken mögen – sie sind bislang nur Mittel zum Zweck, der Erfolg hat sich noch nicht eingestellt
Die Niedrigpreis-Strategie, der beeindruckende Kundenservice, das allumfassende Antiquariatsangebot, E-Book-Angebote vom Verkauf bis zum Premium-Leihservice – all diese Services setzen erst einmal sehr kostspielige Investitionen voraus. Wann wird Amazon dort sein, wo die US-amerikanischen Kollegen hinwollen? Wann, bei welchem Marktanteil, werden sich die Investitionen nachhaltig auszahlen? Wie viel Verdrängung muss stattgefunden haben, damit das Geschäft ein Erfolg wird?
Und wird es ein Erfolg alleine auf Grund des dann möglichen Geschäftsvolumens. Macht es irgendwann die Masse, oder werden dann die Karten neu gemischt, die Konditionen neu verhandelt, die Service-Angebote neu definiert werden, wenn der Markt entsprechend fortgeschritten und um Mitbewerber bereinigt ist?
Worauf setzen die Aktionäre, die Amazon bei einem wirklich nicht überragenden Verhältnis von Umsatzaufwand zu Ertrag mit einem immer noch exorbitanten Preis für die Aktie bei der Stange halten?
Das Beachtliche an der Amazon-Strategie ist immerhin: Bislang wurde noch fast jeder Marktteilnehmer zunächst angenehm beeindruckt (am wenigsten vielleicht die Buchhändler, denen Amazon als erstes auf die Füße gestiegen war):
Die Kunden schwärmen von dem Service, die Verlage vom Umsatz, die Autoren seit neuestem von den E-Book-Margen, und selbst für die Buchhandlungen und Bibliothekare gibt es auf den Market Places noch ein paar Euro zu verdienen. Der Einstieg war für alle Marktteilnehmer zunächst sehr entgegenkommend, und fast kollektiv hat man sich der Verheißung hingegeben: Wenn erst einmal alles Geschäft über die Amazon-Plattform abläuft, würden auch alle am meisten davon haben.
Aber täusche ich mich, oder mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Lust, an diesem Global-Projekt teilzunehmen, bei dem einen oder anderen nachlässt?
• Unter den Autoren, die sehr genau über die Frage nachdenken, ob das Amazon-E-Book-Angebot, das so verlockend hohe Margen bietet, die rettende Loslösung von den sie reglementierenden, manchmal diskriminierenden Verlagen bringt – oder sie vielleicht ganz anderen Kräften ausliefert, die sie nur schwer einschätzen können. Und die sich fragen, woher eigentlich die Impulse kommen werden, die die potentiellen Käufer ihrer E-Books brauchen, um bei Amazon danach zu suchen.
• Unter den Verlagen, die schon länger keine Vorteile mehr aus der Umsatzverschiebung zu Amazon erkennen können, die unter den mit der wachsenden Marktmacht verbundenen Konditionenentwicklungen und dem Verschwinden von Marktteilnehmern mittlerweile eher leiden und nun erleben, dass Amazon sich dank seiner Marktstellung mittlerweile in der Lage sieht, sich den Autoren auch gleich als Verlag mitanzubieten.
• Unter den Marketplace-Anbietern, die in ein immer strafferes (und damit teureres) Anforderungskorsett gezwängt werden.
Der Kunde ist König – dieses Geheimnis versteht Amazon so gut wie wenige andere. Solange die Kunden nur die Vorteile aus niedrigpreisigen Angeboten, schnellem Service, allumfassender Plattform sehen wollen, so lange läuft es in die richtige Richtung gut für Amazon.
Aber was passiert, wenn die Begleiterscheinungen auch für den Laien erkennbar werden?
• Wie wenig Buchhandlung vor Ort muss es geben, bis der Buchleser etwas vermisst?
• Wie viele unlektorierte E-Books muss er kaufen, bis es anfängt, ihn zu nerven?
• Wie viele Tage, Wochen, Monate muss er noch lernen, Angebote auf dem Bildschirm beurteilen zu können?
• Wird er sich nun für immer mit den für ihn ausgerechneten Buchempfehlungen zufrieden geben?
• Was bedeutet es, wenn der Online-Buchhändler auch noch der Rezensent, die Bank, die Post, der Verlag, der Hardware-Entwickler und -Händler und das Antiquariat ist? Wo fängt ein Geschäftszweig an, dem anderen im Weg zu stehen?
• Wie verträgt sich die zunehmende Sensibilität für Verbraucherdaten, wie der Wunsch nach einem Schutz der Privatsphäre mit der erkennbar immer größeren Nutzung von Wissen, das sich aus dem aus Kaufverhalten ableitet?
• Wann werden die Gründe für die niedrigen Produktionskosten, die Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken dem Leser aufs Gemüt schlagen, wann die ersten Fotos mit giftigen E-Book-Reader-und Tablet-Müllhalden auftauchen, die auf garantiert anderen als unserem Kontinent geschossen werden?
• Was passiert, wenn das Image der großen, modernen, globalen amerikanischen Unernehmen Kratzer bekommt, weil sich der kulturelle Fortschritt nicht mehr so einfach zeigen lässt?
• Gibt es eine rote Linie für bzw. eine kritische Masse an Services und Angeboten, ab der die Konsumenten nicht mehr nur den Fortschritt sehen, sondern die mit monopolähnlichen Strukturen verknüpften Einschränkungen erkennen oder zu spüren bekommen?
Wer eröffnet die Diskussion?
“The only really necessary people in the publishing process now are the writer and reader”, formuliert es einer der Amazon Top-Manager, Russell Grandinetti, in der New York Times. “Everyone who stands between those two has both risk and opportunity.”
Man kann diese Beschreibung als Realismus sehen – zur Zeit fühlen sich viele AutorInnen von dem darin liegenden Versprechen ermutigt, direkt, ohne die Gatekeeper-Funktion von Verlagen und Buchhandel, an den Leser zu kommen. De facto steht natürlich noch jemand zwischen ihnen und dem Leser – und sei es „nur“ die Plattform Amazon mit ihren eigenen Regeln.
Man kann das Zitat auch als Kampfansage oder Herablassung gegenüber den qualifizierten Verlagskollegen und Buchhändlern verstehen: Im Selbstverständnis eines hiesigen Lektors sieht dieser sich nicht als Hindernis zwischen Autor und Leser, sondern als Wegbereiter, Verbesserer, Kontaktemacher. Und auch der qualifizierte Buchhändler erkennt sich weniger als sperrender Filter denn als empfehlender Vorschläger.
Wortmeldungen wie die des Kiepenheuer & Witsch-Verlegers Helge Malchow im SPIEGEL über die Relevanz der Verlage sind selten und äußerst wertvoll: Sehr deutlich wurden jetzt die Buchhändler von Barnes & Nobles in den USA. Sie nahmen die DC Comics (einer der größten US-Comic-Verlage) aus den Buchregalen, nachdem bekannt wurde, dass die digitale Version dieser Titel exklusiv über den Amazon Kindle angeboten werden sollte:
“To sell and promote the physical book in our store showrooms and not have the e-book available for sale would undermine our promise to Barnes & Noble customers to make available any book, anywhere, anytime”, so ein Barnes & Nobles-Manager (hier mehr).
Jeff Bezos, das kann man gut heraushören und -sehen, wenn man sich die Pressekonferenz zur Einführung des Kindle Fire ansieht (http://youtu.be/rm92Tnp953c), macht sich wohl über alles mögliche Gedanken, aber sicherlich nicht über den Zustand und die Weiterentwicklung der deutschen Buch- und Verlagsbranche.
Die deutsche Buchbranche scheint immer noch weitestgehend hypnotisiert von den amerikanischen Hard- und Software-Beschwörern. Aber zu spüren ist, dass sich mit der weltweiten Erkenntnis der Sterblichkeit von Steve Jobs ein Stimmungswechsel anbahnt.
Es gibt viele Anknüpfungspunkte für eine neue Art Kundengespräch in Deutschlands Buchhandlungen. Und finden sich noch mehr Verlagskollegen wie Helge Malchow, die sich über den Stand der Dinge äußern möchten?
Wir Autoren, Feuilletonisten, Buchhändler und Verleger sollten die vornehme Zurückhaltung aufgeben und die Diskussion über die genannten Zusammenhänge nach draußen, zu unseren Kunden, tragen.
René Kohl ist Geschäftsführer des Internet- und Versandbuchhändlers Kohlibri. Der Text ist eine leicht modifizierte Fassung des Textes aus dem Kohlibri-Blog (hier).
Als Autor sehe ich Amazon als Geschenk des Himmels an. In den ersten Jahren gab es meine Ratgeber zum Thema Leben in den USA nur im Internet-Buchhandel, jetzt aber auch in Buchhandlungen. Ohne Amazon hätte ich anfangs entweder gar keine oder nur sehr wenige Bücher verkauft. Man kann von Buchhandlungen schließlich nicht erwarten, dass sie jeden Nischen-Ratgeber im Angebot haben. Amazon macht es leicht, Leser und Bücher zusammen zu bringen und ist ein Sprungbrett für neue Autoren.
Als Leser hoffe ich jedoch, dass uns Buchhandlungen überall erhalten bleiben. Es macht einfach Spaß dort zu stöbern. Nicht zuletzt sind Buchläden auch kulturelle Treffpunkte. Wenn ich zu Besuch in Deutschland bin, renne ich in jede Buchhandlung. Hier in den USA gibt es richtige Buchläden leider nur noch in größeren Städten. Die mangelnde Buchpreisbindung hat Amazon hier einen enormen Vorteil geschaffen und unabhängige Läden können da oft nicht mithalten.
Am Ende hängt es wohl von den Kunden ab. Man kann nur hoffen, dass sie je nach Bedarf im Buchladen und bei Amazon kaufen und sich beide ergänzen. Ich bin davon überzeugt, dass ein interessanter Buchladen nach wie vor gut mit Amazon konkurrieren kann.
Auch ich gehöre zu den Gründern einer Buchhandlung. 1997 in der Schweiz. Als Branchenfremder musste ich damals hart kämpfen, überhaupt eine Verkehrsnummer zu erhalten geschweige denn irgendwelche Vorschauen…
Auch ich war seit jeher fasziniert von der Wachstumstory Amazons und vorallem von der Konsequenz, mit der das Unternehmen seinen Weg geht. Anfangs des neuen Jahrtausends schrieb Amazon ja noch immense Verluste und die Branche, insbesondere auch in unseren Breitengraden, verfolgte dies alles nicht ohne Spott und Hohn. Nicht wenige glaubten damals, dass Amazon keine Zukunft hat.
2002 mit Einführung des Marktplatzes in Deutschland drehte dann langsam der Wind.
Seitdem schaut die Branche mehr oder weniger gebannt, was der Internetriese nun wieder ausheckt. Er wird grösser und grösser, mächtiger und mächtiger. Jeder weiss, welche Konditionen da üblich sind, kann man mit wenigen Klicks finden.
Amazon hatte einige geniale Ideen und umgesetzt. Das Verlage die Ware kostenfrei liefern und in Komission dort einlagern zum Beispiel… Der Marketplace, eine Gelddruckmaschine ohne Ende usw.
Natürlich ist dies alles nicht Gesund. Wenn eine Partei deutlich mehr als die Hälfte des Kuchens, jetzt im Buchbereich gesehen, für sich beansprucht und die anderen 3 mit dem Rest auskommen müssen, kann dies nicht gut sein.
Es war für alle genug Zeit, sich zu positionieren. Wer jetzt noch glaubt, zum Beispiel mit einem Standardshop eines Barsortiments im Internet nennenswerte Umsätze abgrasen zu können, der träumt.
Ich glaube, es sind weniger Allmachtsfantasien als einfach der konsequente Gang eines Weges. Natürlich ist Amazon mittlerweile sehr mächtig. Aber die Märkte sind immer in Bewegung. Vielleicht sollte man sich einfach wieder auf die eigenen Stärken besinnen und die forcieren, jeder in seinem Bereich halt.
Jeff Bezos tut gut daran, sich vorallem über das eigene Unternehmen Gedanken zu machen, mittlerweile sind dort so viele Leute beschäftigt, da hat er sicher genug Verantwortung zu tragen… was in 5 Jahren ist, ist eh Kaffeesatzlesen.
Wenn die Kunden dann genug haben davon, werden die es schon merken. Aber ganz ehrlich, „Overnight“ -Lieferung von vielen Millionen Produkten, eine sehr kulante Rücknahmepolitik etc. etc. Für Verlage, sehr niedrige Remissionsraten, Long-Tail (Backlist…) etc.
Vielleicht müsste halt jeder wieder mehr auf seinen Weg schauen und sehen, wie er besser vorwärtskommt. So wie Amazon, halt im kleineren Rahmen…
Was der gute Akif – mir ist er weder als DER noch überhaupt bekannt – im Klartext sagt, ist:
Was die Superstars unseres Internet- und Online-Hypes und damit wir selbst hinter der Großen Mauer hinterlassen, ist uns völlig gleichgültig.
Gratuliere zu dieser Sicht auf die eigene Rolle und Verantwortung.
Mit Neid auf geschäftlichen Erfolg hat das beim besten Willen nichts zu tun.
Lesen hätte vielleicht geholfen.
Als Vielleser und Vielkäufer liebe ich beide: Amazon und meine Buchhandlung (Sternverlag in Düsseldorf). Allerdings kaufe ich zirka 90% meiner Bücher bei Amazon und nur 10% im Stern. Warum? Ich kaufe überwiegend Fachbücher und da sind Auswahl und Service von Amazon nur schwer zu schlagen. Ich denke, der Erfolg ist verdient und sooo schlecht finde ich die genannte Marge gar nicht.
An meine Kinder habe ich die Liebe zu Büchern weitergeben können. Dabei hat mir Amazon allerdings kaum geholfen, sehr wohl aber viele Samstagvormittage im Sternverlag.
Amazons Kindle wird meiner Meinung nach gehypt (jedenfalls in Deutschland). Lesen auf e-Ink ist zwar gut, die Bedienung ist aber eine Katastrophe und für Fach- und Wissenschaftsliteratur ist das Gerät aufgrund fehlender Seitenkonkordanz ungeeignet.
Was die Verbreitung angeht: ich habe meinen eigenen ICE-Index der Verbreitung cooler neuer Geräte. Wenn Sie nämlich wissen wollen, wie schnell sich ein mobiles Gerät verbreitet, müssen Sie nur regelmäßig im ICE durch die erste Klasse laufen und Ihre Mitreisenden beobachten. Ein Kindle habe ich überhaupt nur einmal gesehen, ein iPad schon ziemlich häufig.
Die neuen, digitalen Formate sind vermutlich (noch) gar kein großes Problem für den stationären Handel, der Onlinehandel mit Büchern offensichtlich schon.
Als Verleger bin ich davon überzeugt, dass digitale Formate ein großer Erfolg werden. Als Leser will ich meine Lektüre in allen Formaten und auf jedem Gerät haben. Deshalb wird es die Bücher meines Verlages ab Anfang 2012 standardmäßig als Bundle aus Buch, eBook und App geben. Der Kunde, der ein Buch im Handel kauft, findet darin einen individuellen Code mit dem (plus einem Zufallswort aus dem Buch) er sich die digitalen Formate ohne weitere Kosten herunterladen kann.
Bücher erscheinen mir nach wie vor sehr nützlich und gute Buchhandlungen auch. Ich glaube nicht, dass die verschwinden werden. Aber weniger Buchhandlungen werden es wohl werden.
Wirklich d e r Akif Pirincci?
Whow!
Gegen den Neid-Vorwurf kann ich nicht viel sagen – den riskiere ich natürlich, wenn ich als Online-Händler die Amazon-Strategie hinterfrage.
Aber ich finde Ihre „Antwort“, wie die Kommentare hier beim Buchreport heißen, etwas zu kurz gegriffen (wie meinen Blog sicherlich zu lang…)
Ich gründete meinen Laden 1998, 2 Jahre nach Amazon, und gehör(t)e eigentlich zu den (eher wenigen) Buchhändlern, die die Amazon-Entwicklung lange Zeit mit Bewunderung wahrgenommen haben (gar nicht mit Neid, ehrlich gesagt). Ich fand vieles sehr lehrreich für mich als Buchhändler, sehr inspirierend.
Für mich schloss Amazon in Deutschland eine Lücke, die gerissen wurde durch die Filialisierung der großen deutschen Buchhandels-Ketten, die in vielen Städten den Buchhandel, wie ich ihn mag, stark unter Druck setzten.
Ich verstehe meinen Beitrag nicht als Kritik an Amazon als innovativem Buchhändler, sondern an den Allmachtsfantasien seiner Eigentümer und Richtungsgeber – und ich sehe Amazon unter einem selbst hervorgerufenen und durch die Börsenwünsche noch verstärkten Handlungsdruck, der nach vielem Gutem nun vielleicht manches nicht so Gute nach sich zieht.
Auf Bildungsbürgerisch:
Die er rief, die Geister
wird er nun nicht los…
Aber klar – was gut ist und was nicht, entscheide jeder für sich selbst. Darüber sprechen könnte man auf jeden Fall, oder?
Da spricht der blanke Neid: „…mit giftigen E-Book-Reader-und Tablet-Müllhalden …“ Am besten Merkel anrufen und den ganzen Laden verbieten lassen, damit man hier im Gemütlichen weiterschlafen kann.