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René Kohl: Libreka – Ende der Endkundenplattform?

René Kohl: Libreka – Ende der Endkundenplattform?

Statt die Probleme der Endkundenplattform Libreka zu lösen, werden jetzt White Label-Shops angekündigt. Aber wer soll denn die Zielgruppe sein? Die heutige Libreka-Mannschaft ist zumindest mit Blick auf die Interessen des Buchhandels die falsche oder unzureichend aufgestellt.

Zweimal im Jahr tagt in Frankfurt der Sortimenter-Ausschuss.

Wie jedesmal geht es auch um den Fortgang der Branchen-Ebook-Plattform Libreka.

Im Branchenmagazin Börsenblatt heißt es zu der Sitzung:

Inwieweit die Sortimenter am E-Book-Geschäft partizipieren können – in diesem Punkt zeigten sich sowohl die Buchhändler als auch Ronald Schild eher zurückhaltend. Es gebe Hemmschwellen, in das Geschäft einzusteigen. „Die Marktchancen werden jedoch nicht dadurch besser, dass man sich den neuen Entwicklung verschließt“, gab ( MVB-Geschäftsführer) Schild zu bedenken.

http://www.boersenblatt.net/437163

Wenn die Diskussion rund um Libreka so im Sortimenterausschuss geführt wurde, wie sie hier wiedergegeben ist, würde ich sie kurios nennen.

Offenbar wurden drei Geschäftsfelder rund um Libreka thematisiert: Die Distributionsplattform (nennen wir sie  Verlagsplattform), die Endkundenplattform (besser: Buchhandelsplattform) und, am Rande, um Lizensierungsoptionen für die Plattform als solche ins Ausland und die Erfindung von Buchhandels-Readern (?!?)

Während die Distributionsplattform im Prinzip läuft (Verlage stecken hinten Daten rein, und vorne kommen sie irgendwo raus, zum Beispiel bei der Telekom oder in Amerika), stockt die Endkundenplattform. Es werden keine oder geringe Umsätze gemacht, heißt es.

Was sind die Probleme der Endkundenplattform Libreka?

1.) Mangelnde Bekannheit (führt zu wenig Umsatz)

Libreka hat kein Geld für Werbung, ist in keine Partnernetzwerke integriert und wird von Google nicht beachtet.

Folge: Da kein Mensch von alleine auf die Idee kommt, w w w . l i b r e k a . d e in den Browser einzutickern, und auch nicht von Google zu Libreka geführt wird, kauft keiner Books bei libreka.

2.) Schwaches Angebot

Libreka weist online ca. 72.000 eBooks aus. Abzüglich ca. 31.000 Titel aus dem mir nicht bekannten MVB-eBook-Verlag sind wir bei 41.000 eBooks.

Schauen wir uns das Angebot mal genauer an und filtern wir nach Erscheinungsjahren, dann kommen wir auf

2011: 833 (!!!!!!!) Treffer
2010: 5303 Treffer
2009: 8586 Treffer
2008: 6248 Treffer
2007: 4760 Treffer
2006: 4055 Treffer
2005: 2972 Treffer
2004: 974 Treffer
Und ca. 7.000 ältere Titel.

Von 10 SPIEGEL-Bestseller-Titeln Belletristik sind 3 nicht bei Libreka zu finden.

Titel der Gegenwartsliteratur (deutsche und internationale) ab 1945, die seit 2010 auf Deutsch erschienen sind: 384 (davon 284 von Bastei-Lübbe; nichts gegen Euch, Kölner Kollegen, ganz im Gegenteil, Gratulation zum Engagement)

Sachbücher aus 2011: 79 (!!!)

Folge: Wenn von geschätzten 25-30.000 Neuerscheinungen, die in 2011 bereits als Print auf dem Markt sind, nur ca. 3% als eBook vorliegen – was soll da eigentlich verkauft werden?

3.) Mühsame Shop-Einbindung

Wenn Libreka schon nicht alleine die Umsätze generieren kann, braucht es natürlich den Buchhandel (und die Verlage) als Marketingpartner.

Während die Verlage sich ihre Download-Lösungen selbst stricken (es scheint so günstig zu sein, dass es sich bereits für einige Verlage lohnt, den Umsatz alleine einzustreichen, statt mit anderen zu teilen), braucht der Buchhandel die großen Lösungen der Kataloganbieter. Die Sortimenter haben kein Bedürfnis, sich ihre eBooks aus 1000 Quellen selbst zusammenzusuchen. Dafür könnten die Buchhändler im Gegenzug ihre Kunden auch auf die Plattform bringen. Leider sind die Techniken, Abläufe und Verfahren so mühselig organisiert, dass fast kein Buchhändler die Geduld aufbringen kann, Libreka in seine Webseite zu integrieren und zu promoten.

Dabei hat das Internet hat schon so lange so viele Lösungen bereit für Partnerprogramme, Affiliate-Lösungen, virales Marketing…Wir haben in den letzten Jahren gegenüber der MVB/libreka sicherlich zehn Erklärungen abgegeben, Verträge abgeschlossen, Anmeldungen vorgenommen…

4.) DRM und Handlingsfragen

Während der Download ja im Prinzip schon klappt, und die Frage, wie dem Buchhändler die Provision so liebevoll zugeschoben wird, wohl so lösbar ist, dass nicht der Kunde sich mit der Antwort rumplagen muß, wird das ungeliebte DRM die Kundschaft wohl noch lange nerven. Überprüft die Entscheidung, liebe Verlage…

Jetzt wird also auf der Sitzung die Frage gestellt, ob man mit der Endkundenplattform weitermachen soll, und die Buchhändler verneinen dies mit dem Hinweis auf mangelnde Umsätze.

Stattdessen werden White Label-Shops angekündigt, zur Frankfurter Buchmesse (im Börsenblatt-Artikel steht vernünftigerweise nicht, zur Messe in welchem Jahr).

HALLO?

Welche von den oben genannten Problemen sind, bitte, mit White Label-Lösungen (die dann ja erst vom Buchhändler eingefärbt, eingerichtet, genutzt werden müssen) erledigt? Wer soll denn die Zielgruppe von White Label-Shops sein? Wurde die schon mal gefragt?

Und was machen wir bis dahin?
Warten auf Amazon…

Leute, Leute…

Ich mache einen anderen Vorschlag: Wir lösen die oben genannten Probleme, und zwar schleunigst.

Libreka realisiert umgehend die schlanken, von jedem Buchhändler in jeder Onlineumgebung einzusetzenden Tools und Schnittstellen, um Downloads auf Libreka (oder meinetwegen künftig auch von White-Label-eBook-Shops) zu generieren.

Die Buchhändler werden so fürstlich an den Download-Umsätzen beteiligt, wie sie das auch sonst aus ihrem Geschäft gewohnt sind. Schließlich verzichten sie mit jedem verkauften Ebook auf den Verkauf des Print-Produkts. Dafür übernehmen sie die Promotion für die Ebooks.

Die Verlage liefern deutlich schneller deutlich besseres Material an Libreka (oder braucht Libreka so lange beim Einpflegen). Die Plattform muß alle Neuerscheinungen bei Erscheinen anbieten können – alles andere ist doch Quatsch.

Und wenn es so schnell nicht geht: Dann liefert wenigsten Eure 10 Toptitel und die Top100-Titel aller Bestsellerlisten, damit die Leerstellen nicht so schnell auffallen.

Und liebe Sortimenter: Seid doch nicht blöd!

Wenn erst einmal alles eingerichtet ist, sind Ebook-Umsätze angenehm.

Einzige Voraussetzung: Es müssen Ihre Umsätze sein!

Ich fürchte allerdings, dass für dieses Projekt die Mannschaft bei Libreka, die jetzt am Start ist, noch einmal genau angesehen werden muss.

Nach meinem Dafürhalten ist die jetzige, wenn ich die Aussagen richtig lese, zumindest für den Buchhandel die falsche oder zumindest unzureichend aufgestellt (und, ganz ehrlich, für die Position der SoA-Mitglieder kann ich da auch kein Verständnis haben!)

René Kohl  ist Geschäftsführer des Internet- und Versandbuchhändlers Kohlibri.

Kommentare

2 Kommentare zu "René Kohl: Libreka – Ende der Endkundenplattform?"

  1. Wir haben eben heute – wir sind eine Shop-Agentur für Buchhandel und Verlage – den ersten Premium-Online-Shop mit einer Datenanbindung von Libreka fertiggestellt. Die Anbindung ist genauso gut realisierbar wie die Anbindungen von Libri, KNV oder Umbreit, die wir bereits seit Jahren kennen. Die Technologie ist also ok.

    Den Vorstoß Richtung White-Label-E-Book-Shops kann ich hingegen nicht nachvollziehen. Der Markt hat tatsächlich genug an solchen Lösungen zu bieten. Da wir auch die White-Label-Lösung von KNV umgesetzt haben, welche Tausende von KNV-Händlern auf einfachste Weise farblich und bzgl. des Logos anpassen können und ich selbst mit Partnern bei Libri und Umbreit in ständigen Gesprächen stehe, kann ich über diese Pläne wirklich nur den Kopf schütteln und sage deren Scheitern auf der ganzen Linie voraus.

    Was sollte einen Händler bitte schön dazu veranlassen, diese libreka-Lösung zu wählen? Derzeit werden die bestehenden sehr guten und einfachen White-Label-Lösungen noch nicht so angenommen, wie es sich die Grossisten wünschten. Und wenn sich das demnächst ändert, dann werden eben diese sicherlich einem Libreka-Shop vorgezogen. Schon alleine deswegen, weil man ja eh schon die Lösungen des jeweiligen Grossisten nutzt. Außer das Marketingmanagement von Libreka erstaunt uns alle mit grandiosen Werbemaßnahmen.

    Wie einfach wäre es für uns, eine auf den Buchhandel fokussierte Agentur mit zig Buchshops im Portfolio, „just another one“ White-Label-Lösung auf den Markt zu bringen. Sehe ich aber weder als notwendig noch als zielführend. Wenn der Markt etwas braucht, dann sind es Lösungen, die den Händler sofort helfen. Herr Kohl hat einige Problem ja schon beim Namen genannt.

    Unsere Technologie und Arbeit widerspricht dem übrigens nicht, da wir unverwechselbare Online-Shops realisieren mit individuellen Funktionen und Design. Weit entfernt von der typischen Umfärbung + Logo-drauf der White-Label-Shops. Und hierfür besteht genug Bedarf.

    Ah ja, den oben erwähnten Shop mit Libreka-Datenanbindung gibt es übrigens neu relauncht ab Montagabend (11.04) unter http://www.kh-ebooks.de zu sehen.

    Peter Stanberg, Geschäftsführer eCCOMES GmbH

    PS: Schöne Grüße an Herrn Kohl nach Berlin!

  2. Hört, hört!

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

    Außer vielleicht: der MVB-eBook-Verlag ist schlichter Nepp. Es handelt sich nämlich um gemeinfreie Dateien, die bei http://www.gutenberg.org kostenlos zu haben sind.

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