James Bond ist vor allem ein Phänomen des Kinos, weniger der Literatur. Mit dem smarten Geheimagenten hat der britische Schriftsteller Ian Fleming eine globale Ikone erschaffen, die ihre Popularität mehr den spektakulären Verfilmungen verdankt als der Rezeption der Bücher. Diesen Eindruck bekommt jedenfalls, wer sich die verlegerische Historie der Bond-Romane auf dem deutschen Buchmarkt vergegenwärtigt. Während in Großbritannien Penguin für Flemings Bond-Romane und -Kurzgeschichten zuletzt 2007 ein eigenes Imprint gründet hatte, waren sie in Deutschland lange Jahre vergriffen. Seit Mitte der 60er- bis Anfang der 00-Jahre erschienen sie bei Scherz, meist in verstümmelten Versionen, die vor allem über den Bahnhofsbuchhandel verkauft wurden.
Das Comeback von Bond auf dem deutschen Buchmarkt hat nun CrossCult besorgt, wo in der „James-Bond-Bibliothek“ alle 14 Bond-Titel neu übersetzt und erstmals in ungekürzter Form mit den ursprünglichen Kapitelabschnitten und -überschriften erscheinen. Ein umfangreiches Editionsprojekt, das im September mit den ersten drei Romanen gestartet ist und im März 2014 mit dem letzten Band „Octopussy“ abgeschlossen wird.
Der Zeitpunkt für die Neuedition erscheint günstig: Das 50-jährige Filmjubiläum, dem u.a. eine Ausstellung von Filmplakaten im Museum Folkwang gewidmet ist, und der neue Bond-Film „Skyfall“ sorgen für die nötige Aufmerksamkeit. Dabei hat sich mit CrossCult, dem 2001 gegründeten Imprint des Grafikstudios Amigo Grafik (Ludwigsburg), ein vergleichsweise kleiner Verlag, der vor allem für Comics und Science Fiction steht, die Lizenz gesichert.
Zum Bieterwettstreit um Bond mit anderen Verlagen sei es nicht gekommen, erinnert sich Andreas Mergenthaler, Firmengründer und Gesellschafter von Amigo Grafik. Die Vorgeschichte der Bond-Romane hatte ihn nicht abgeschreckt: „In der Tat haben einige Kollegen eher abgeraten. Aber wir setzen auf den ‚Pulp‘-Klassikerstatus mit einer weltweit riesigen verkauften Auflage. Dass wir mit dem Thema nicht ganz falsch liegen, zeigt auch die Übernahme der englischsprachigen Lizenzen durch einen Tochterverlag von Amazon, kurz nachdem wir die deutschsprachige Ausgabe lizenziert haben.“
Bei der Gestaltung habe man sich frühzeitig entschieden, die Cover der Penguin-Ausgabe wegen ihres „schönen Retrolooks“ zu verwenden. Auch inhaltlich soll die Neuedition Maßstäbe setzen: „Die bisherigen deutschen Ausgaben waren zum Teil stark gekürzt, um auf identische Seitenumfänge zu kommen“, sagt Mergenthaler. Außerdem habe es Zensuren „zu heftiger Passagen und Bezeichnungen“ gegeben: „Ian Fleming schrieb recht raubeinig und nicht gerade politisch korrekt, besonders wenn es um Deutsche, Farbige oder Frauen ging.“ Die Übersetzerinnen Stephanie Pannen und Anika Klüver hätten alles so authenisch wie möglich übertragen und nichts beschönigt.
Online-Buchhandel ist Hauptvertriebsweg
Um das Interesse an der „James-Bond-Bibliothek“ während der gesamten Publikationszeit der Reihe hochzuhalten, soll es „punktuelle Aufhänger“ für Marketing und Werbung geben: Dazu zählen der Kinostart eines Hollywood-Biopics über Ian Fleming und der 50. Todestag des Autors im August 2014. Neben einer Anzeigenkampagne in Fach- und Endkundenmagazinen sowie Kino-Aktionen ist auch eine Lesetour in Buchhandlungen und auf Krimifestivals mit Schauspieler Oliver Siebeck geplant, der die Bond-Romane als Hörbücher für das Download-Portal Audible eingelesen hat.
Der aktuelle Bond-Film „Skyfall“ hat sich bereits positiv auf die Romanverkäufe ausgewirkt, die laut Mergenthaler bislang „ordentlich, aber noch nicht überragend“ seien. Wichtigster Vertriebsweg für die Titel ist der Online-Buchhandel, während die stationären Sortimenter die Bond-Romane „trotz des Klassiker-Potenzials und des Erfolgs des neuesten Kinofilms größtenteils ignorieren.“ Ein Umstand, der Mergenthaler ärgert: „Die Bond-Romane gehören gerade jetzt als Stapelware an die Eingänge der Buchhandlungen. Es ist erschreckend, zu sehen, wie fahrlässig der Handel solche Chancen auslässt. Stattdessen wird lieber gejammert, wie sehr die Umsätze einbrechen.“
Aktuelle Titel zu James Bond 007 (Auswahl)
Autor: Titel, Verlag, Erscheinung, Preis/Euro
Roger Moore: Bond über Bond, Knesebeck, 9/2012, 29,95
Frédéric Brun: James Bond Girls, Edel, 10/2012, 29,95
Werner Greve: James Bond 007 – Agent des Zeitgeistes, Vandenhoeck & Ruprecht, 5/2012, 19,95
Müller/Tschiedert: Wann ist ein Mann ein Bond?, Bastei Lübbe, 11/2012, 9,99
Museum Folkwang (Hg.): Bond, … James Bond: Filmplakate und Fotografien…, Steidl, 11/2012, 28,00
Dennis Gassner: James Bond. 50 Jahre Filmplakate, Dorling Kindersley, 9/2012, 29,95
Dennis Gassner: James Bond. 50 Jahre, 100 Postkarten (Box), Dorling Kindersley, 9/2012, 16,95
Paul Duncan: Das James Bond Archiv, Taschen, 11/2012, 150,00
aus: buchreport.spezial Krimi & Thriller (hier zu bestellen)
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