Seit CEO George Jones bei der Bilanzpressekonferenz Ende März Borders Group, Inc. als potenziellen Übernahmekandidaten ins Gespräch gebracht hat, ist beim zweitgrößten amerikanischen Buchhändler die Welt nicht mehr in Ordnung. Sparmaßnahmen, Entlassungen und schwächelnde Umsätze sorgen für Negativ-Schlagzeilen in Serie.
Nicht nur bei den Mitarbeitern ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt, auch die Börse hat dem Unternehmen das Vertrauen entzogen. Der Aktienkurs dümpelt auf Niedrigniveau vor sich hin. Mit 6,25 Dollar liegt der Kurs zwar über dem Rekordtief von 5,07 Dollar im März, doch vor 12 Monaten war er fast dreimal so hoch.
Jones’ Hoffnung, dass das von ihm im Frühjahr 2007 vorgestellte Strategiepapier bereits Früchte tragen würde, erfüllten sich nicht. Der darin enthaltene, kürzlich in letzter Minute gescheiterte Verkauf der Buchhandlungen in Australien und Neuseeland an Angus & Robertson war ein herber Rückschlag. So brachte das I. Quartal 2008 mit 792,5 Mio Dollar 0,8% weniger Umsatz in die Kasse; gleichzeitig stiegen die Verluste im Vergleich zum Vorjahresquartal von 29,1 Mio Dollar auf 31,7 Mio Dollar.
Zwar gibt sich der Borders-Chef optimistisch, dass das im Februar angestoßene neue Buchhandelskonzept der Concept Stores (Foto) und der vor kurzem ins Netz gegangene Online-Shop in den kommenden Monaten positive Anstöße geben werden, doch erst einmal werden Konsequenzen aus dem schwachen Quartal gezogen: Der Rotstift wird noch stärker angesetzt als im Strategiepapier zunächst vorgesehen.
274 Borders-Mitarbeiter stehen auf der Straße
120 Mio Dollar hatte Jones vergangene Woche bei der Vorlage der Quartalszahlen als Einspar-Potenzial vorgegeben und eine schnelle Umsetzung angekündigt. Zügig waren der CEO und seine Vorstandskollegen in der Tat: Bereits am Dienstag gingen sie mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit, dass 274 Mitarbeiter überwiegend auf Managementebene in der Zentrale in Ann Arbor und in den Logistikzentren entlassen werden. Weitere Bestandteile des aktuellen Sparkurs
- Das Musiksortiment wird drastisch auf schnelldrehende CDs zusammengestrichen, die Präsentationsfläche zugunsten des Buchsortiments verkleinert.
- Das Nonbook-Sortiment inklusive des britischen Schreibwaren-Spezialisten Paperchase steht auf dem Prüfstand.
Was den möglichen Verkauf von Borders angeht, hat George Jones erst einmal den Rückwärtsgang eingelegt und will davon nur als „allerletzte Alternative“ etwas wissen. Um der Gerüchteküche den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat der Vorstand vor wenigen Tagen deshalb auch ein Statement veröffentlicht, dass „mit keiner Partei Gespräche geführt worden sind bzw. geführt werden“.
Geglättet haben sich die Wogen damit aber nicht, ganz im Gegenteil: Denn fast zeitgleich mit Borders’ Statement hat Barnes & Noble überraschend ganz offiziell bestätigt, dass eine Arbeitsgruppe aus Vorstandsmitgliedern und externen Beratern eine mögliche Übernahme des Erzkonkurrenten prüft. Zünglein an der Waage wären die Kartellbehörden, die einen Einstieg des Branchenprimus beim Kronprinzen absegnen müssten.
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