Übersetzervergütung: Bundesverfassungsgericht weist Hanser-Klagen ab
Rückendeckung für die Übersetzer
Im jahrelangen Streit um die angemessene Vergütung von Übersetzern hat das Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden des Hanser Verlags zurückgewiesen, die der Börsenverein unterstützt hatte.
Nach Einschätzung der Richter verstoßen weder zwei angegriffene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs noch die Vorschriften des Urheberrechts selbst gegen die Verfassung. Dass Gerichte die Angemessenheit vertraglich vereinbarter Vergütungen prüfen, sei mit dem Grundgesetz vereinbar.
Der Hintergrund
Das Urteil bezieht sich auf die Urheberrechtsreform 2002 und zwei BGH-Entscheidungen:
Urheberrechtsgesetz: Hintergrund des Rechtsstreits ist die im Jahr 2002 novellierte Regelung im Urheberrechtsgesetz, nach dem Urheber die Möglichkeit haben, gerichtlich die Angemessenheit der mit dem Verlag vereinbarten Vergütung überprüfen zu lassen und ggf. Nachforderungen zu stellen. Diese Regelung betrifft auch Verträge, die vom 1. Juni 2001 bis zum 30. Juni 2002 geschlossen worden sind.
Zwei BGH-Entscheidungen: Der BGH verurteilte Hanser im Januar 2011, der Übersetzerin des Sachbuchs „Destructive Emotions – Dialog mit dem Dalai Lama“ eine höhere Absatz- und Nebenrechtsbeteiligung zu gewähren. Beim zweiten BGH-Urteil ging es um die Übersetzung des Romans „Drop City“ von T. C. Boyle, bei der Hanser ebenfalls eine höhere Absatz- und Nebenrechtsbeteiligung ausschütten musste.
Hanser fürchtete daraufhin horrende finanzielle Nachforderungen, die die Übersetzer rückwirkend geltend machen könnten. Besonders Verlage ohne eigene Taschenbuchverwertung (wie Hanser) sahen sich durch die Urteile geschwächt, weil sie von ihrem Erlösanteil mehr Geld an die Übersetzer abführen müssten – auch nachträglich. Allein bei Hanser bezifferte man die möglichen Nachforderungen auf „maximal im siebenstelligen Bereich“.
Das aktuelle Urteil
In der Pressemitteilung zum Urteil heißt es, § 32 UrhG solle „insbesondere Urhebern mit schwacher Verhandlungsposition und niedrigen Einkommen helfen, ihr Urheberrecht auch wirtschaftlich zu realisieren.“ Die Regelung der gerichtlichen Angemessenheitsprüfung von Urhebervergütungen bringe die Grundrechte der Betroffenen zu einem angemessenen Ausgleich. Der Gesetzgeber gehe zurecht von einem „typischerweise bestehenden Verhandlungsungleichgewicht“ zwischen Verlagen und Urhebern aus.
Dass auch ältere Verträge angefochten werden können, die vor Inkrafttreten der 2002-er Neuregelung im des Urheberrechtsgesetzes geschlossen wurden, verstößt laut BVG nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. „Durch die Rückwirkung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Werke, bei denen nach bereits geschlossenen Verträgen keine zusätzliche Vergütung zu zahlen wäre, mit jenen in Konkurrenz treten, deren Nutzungsrechte nach der Neuregelung übertragen wurden. Dies genügt zur Rechtfertigung der Rückwirkung der Neuregelung über den kurzen Zeitraum von 13 Monaten.“
Gleichwohl, und das wird Verlage freuen, gebe es einen Schutz gegen „unberechtigte Änderungsverlangen“: Der Urheber selbst müsse beweisen, dass eine vertraglich fixierte Vergütung unangemessen ist.
Das Gericht verweist auch auf die Möglichkeit der Verlage, mit den Urhebern/Übersetzern gemeinsame Vergütungsregeln aufzustellen – mit denen sich beide Seiten bekanntermaßen seit Jahren schwer tun.
Die Reaktionen
Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang im „Börsenblatt“ geäußert. Das Urteil sei enttäuschend. Gerade kulturell wichtige Projekte, die mit einem hohen Marktrisiko einhergingen, seien künftig noch schwerer kalkulierbar. „Darunter werden vor allem Urheber und Übersetzer zu leiden haben.“
Hinrich Schmidt-Henkel, 1. Vorsitzender des Literaturübersetzerverbandes VdÜ, erklärte: „Diese Entscheidung begrüßen wir grundsätzlich und lassen sie natürlich noch fachjuristisch auswerten. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass unsere Vergütungsverhandlungen, die von den beteiligten Verlagen bis nach Vorliegen dieser Entscheidung ausgesetzt wurden, nun bald fortgesetzt werden. Das ist der richtige und sinnvollste Weg, die Belange beider Seiten in Einklang zu bringen.“
Ein Freund arbeitet in einem Übersetzungsbüro. Er würde es auch lieber sehen, wenn er mehr erhält. Allerdings meinte er, dass er mehr Zusammenhalt bräuchte, um wirklich etwas zu bewegen. Ein Gerichtsurteil wird da nichts dran ändern, wenn man nicht gemeinsam gegen den Preisverfall angeht.
Ein Freund arbeitet in einem Übersetzungsbüro. Er würde es auch lieber sehen, wenn er mehr erhält. Allerdings meinte er, dass er mehr Zusammenhalt bräuchte, um wirklich etwas zu bewegen. Ein Gerichtsurteil wird da nichts dran ändern, wenn man nicht gemeinsam gegen den Preisverfall angeht.