Hierzulande ist Wattpad seit Monaten auf steilem Wachstumskurs. Diese Entwicklung dürfte sich in dieser Woche verstärken: Der SPIEGEL (Ausgabe 26/2014) widmet sich dem kanadischen Selfpublishing-Portal.
Manfred Dworschak stellt unter anderem den Autor Robert Thier vor, dessen in 44 Fortsetzungen erschienene Geschichte vom Raubritter Reuben und Ayla, der holden Burgherrin, von bis zu 90.000 Lesern verfolgt wurde – was beachtlich ist für einen unbekannten Fernstudenten aus der Nähe von Schwäbisch Gmünd.
27 Mio Nutzer, 2 Mio Autoren, die kostenlose Lektürestoffe hochladen – Wattpad sei eine „Volksküche der Literatur“, eine neue Art von Gebrauchsliteratur. „Der Dichter lebt nicht entrückt in eigenen Sphären, die Leute spinnen sich selbst ihr Garn. Die Geschichten, die sie im Netz austauschen, entstammen der gemeinsamen Lebenswelt, die naturgemäß vor allem eine popkulturelle Medienwelt ist. Kehrt hier nicht gar in neuer Gestalt die gute alte Volkserzählung wieder, wie man sie aus den Spinnstuben von anno dazumal kennt?“
Die Leser nähmen den Autoren wenig übel. Im Gegenteil, sie schätzten, dass kein Verlagslektor die Texte zuvor gestutzt und begradigt habe. „Lektoren tilgen ja gern das Unfertige, den Überschwang und die sentimentale Entgleisung – also gerade das, was dem Fan in Wahrheit teuer ist. Er will sich in der Erzählung wie unter seinesgleichen fühlen. Zu den häufigsten Kommentaren zählt der Stoßseufzer ,Das kenne ich!’“
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