Buchhandlungen gehören zu den ersten Geschäften, die in Deutschland von der Lockerung der Corona-Einschränkungen profitieren. In dem von Bund und Ländern verabschiedeten Fahrplan zählen sie zu den explizit eingeschlossenen Branchen, die wieder für den Publikumsverkehr öffnen dürfen:
- Neben allen Buchhandlungen gilt das auch für Kfz- und Fahrradhändler.
- In allen anderen Branchen sollen Geschäfte mit bis zu 800 qm Verkaufsfläche öffnen dürfen.
Vorerst weiterhin geschlossen bleiben sollen der großflächige Einzelhandel über 800 qm sowie Einkaufszentren und gastronomische Angebote. Damit solle ein Besucherandrang in den Städten vermieden werden, so die Begründung für die Regelung.
Das stößt allerdings auch auf Unverständnis: „Die Regelungen zur Wiedereröffnung der Nicht-Lebensmittelhändler müssen diskriminierungsfrei sein. Lockerungen der Ladenschließung dürfen sich nicht an Betriebsgrößen oder Verkaufsflächen festmachen”, kritisiert etwa HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth die Entscheidung. Das führe zu Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten.
Absehbar unterschiedliche Umsetzungen der Beschlüsse
Damit auch Buchhandlungen wieder für den Publikumsverkehr öffnen dürfen, sind strenge Hygieneregeln, Zutrittsbeschränkungen und das Verhindern von langen Warteschlangen auf der Straße erforderlich. Wie genau letztlich die Anforderungen aussehen werden, wird sich zeitnah zeigen, wenn die einzelnen Erlässe der Landesregierungen vorliegen.
Denn bereits jetzt zeichnen sich länderspezifische Unterschiede ab:
- Die ersten Länderchefs haben angekündigt, vom kommunizierten Starttag am 20. April abzuweichen. In Thüringen und Bayern sollen die Geschäfte erst eine Woche später am 27. April öffnen.
- Laut Söder sind die Länder zudem nicht verpflichtet, die Öffnung von Läden bis 800 qm zu erlauben, könnten den Spielraum aber ausschöpfen. Auch bezüglich der von Söder angekündigten Schließung von Einkaufszentren herrscht Unsicherheit, ob das flächendeckend der Fall sein wird.
Wie der Ladenverkauf unter verschärften Corona-Bedingungen organisiert werden kann, zeigen seit Wochen nicht nur Lebensmittelhändler und Drogerien, sondern auch Buchhändler in Berlin und Sachsen-Anhalt, für die Ausnahmeregelungen gelten. Und auch in Österreich haben sich in dieser Woche bereits viele Buchhändler zurückgemeldet – mit corona-gercht aufgesetzten Verkaufsräumen. Mehr dazu lesen Sie hier in einem br+-Beitrag.
Gratwanderung mit vielen Unbekannten
Die vier Wochen andauernden Ladenschließungen haben auch in der Buchbranche zu massiven Umsatzeinbrüchen geführt. Den Umsatzausfall für die gesamte Branche in dieser Zeit schätzt der Börsenverein auf eine halbe Milliarde Euro. „Die schnelle Wiederöffnung kann dabei helfen, die Situation in der Branche schrittweise zu verbessern“, sagt Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis, erneuert zugleich aber seine Forderung nach weiteren staatlichen Finanzhilfen (über die bestehenden Soforthilfen) hinaus.
Vieles hängt jetzt davon ab, ob die Gratwanderung gelingt:
- Wie groß ist die Konsumbereitschaft in Zeiten der Kurzarbeit?
- Wird die Kundenfrequenz trotz Anweisung, das Haus nur für notwendige Besorgungen zu verlassen, groß genug sein, um die stationären Läden wirtschaftlich offen zu halten?
- Wird mit den selektiven Öffnungen andererseits die Frequenz niedrig genug gehalten, sodass die Infiziertenzahl nicht wieder nach oben schnellt?
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