Die Umsatzzahlen der vergangenen Wochen sprechen eine deutliche Sprache: Mit 8,1% Einbußen in der letzten Juniwoche und sogar 12,7% in der Woche davor hat die Fußball-EM ihren Tribut gefordert. Die Buchhandelskunden ziehen nervenaufreibende Gemeinschaftserlebnisse dem entspannten Lesen auf dem Balkon vor. Ablenkung vom Alltag in einer von Inflationsängsten und Teuerungsdruck geprägten Zeit ist willkommen.
So erfreuen sich auch die über die Jahre gewachsenen und professionalisierten Literaturfestivals großen Zuspruchs: Das Berliner Bücherfest, der Bücherbummel auf der Düsseldorfer Kö oder das feine Stelldichein von Autoren und Lesern zwischen Gebirgsmassiven und Thermalquellen im Schweizer Leukerbad laden zur Entdeckung von literarischen Welten ein, die oft zumindest in der Fantasie Freiräume eröffnen.
Verlage und Buchhändler sollten sich die Neugier sowie die Sehnsucht nach dem kulturellen Gemeinschaftserlebnis zunutze machen: Ein wenig Doping in Form von kleinen Bücherfesten und großen Festivals kann die Branche in der Sommerloch-Depression gut gebrauchen.
Die Kunden sind nicht nur dankbar für Wegweiser in der Fülle der Buchproduktion. Sie haben auch ein Interesse an Begegnungen mit den Menschen hinter der Ware Buch. Gerne bedanken sie sich für einen erlebnisreichen Nachmittag oder eine gruselig prickelnde Mitternachtslesung mit dem Kauf eines Romans, das vom Autor signiert zugleich als Souvenir dient. Und weil sie Freunden, Kollegen und Bekannten etwas zu erzählen haben von ihren Erlebnissen in der Gemeinschaft Gleichgesinnter, sind sie wertvolle Multiplikatoren.
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