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Saarland: Buchhandel schaut bei Digitalisierung nur zu

Lernen und Digitalisierung. (Foto: Copyright: deagreez)

Im Saarland herrscht Unruhe. Das bekannte Geschäftsmodell Schulbuch ist vielleicht kein Liebling des Buchhandels, aber wenigstens verlässlicher Umsatzbringer. Jetzt aber will das kleine Bundesland „bundesweit Vorreiter“ sein bei der Digitalisierung von schulischer Bildung. Das Ziel: Ab 2023 sollen Schülerinnen und Schüler statt in gedruckte Bücher auf Tablets schauen, statt Arbeitshefte auszufüllen lieber Aufgaben per Klick erledigen.

Für rund 67 Mio Euro aus dem Fördertopf Digitalpakt Schule werden viele der rund 91.000 Schüler im Saarland mit Hardware ausgestattet, Schulen ans Internet angeschlossen, digitale Infrastrukturen aufgebaut. Bildungsverlage wie Cornelsen stehen parat, um Lehrbücher auf ihren eigenen Plattformen in den Schulen unterzubringen. Derzeit läuft ein „Hybridjahr“, in dem gedruckte und digitale Medien noch parallel genutzt werden, ab dem Schuljahr 2023/2024 stehen die Zeichen aber auf Print-Abschied, so der ambitionierte Plan des Bildungsministeriums.

Digitaler Wandel ist das Motto der Zeit, für viele Fächer und Schüler bietet er Vorteile. Doch der Buchhandel schaut mit Sorge hin – und vorerst in die Röhre. Denn was digital gehandelt wird, landet nicht in den Kassen des Buchhandels vor Ort.

Die befürchteten Folgen? »Dramatisch«

Anke Birk. (Foto: Bücher König)

„Wir können die Digitalisierung nicht grundsätzlich aufhalten, das wollen wir auch gar nicht“, sagt Anke Birk. Sie ist Inhaberin von Bücher König in Neunkirchen. „Wir wären aber froh, wenn zumindest eine zweigleisige Lösung gefunden würde.“ Dass gerade für Leseanfänger und Grundschüler das gedruckte Buch und die Handschrift eine wichtige Rolle beim Lernen spielen, gilt als wissenschaftlicher und pädagogischer Konsens. Birk beschreibt aber auch das wirtschaftliche Problem: Rund ein Drittel des Umsatzes erzielt Bücher König mit dem Schulbuchgeschäft. „Das wäre ein riesiger Einbruch. Dramatisch“, beschreibt Birk die möglichen Folgen. Das digitale Schulbuchgeschäft laufe am Buchhandel vorbei. Schon deswegen hatten viele Händler auf eine Zweigleisigkeit von Print und Digital gehofft, mindestens auf einen gleitenden Übergang, um sich auf das veränderte Geschäft einstellen zu können.

Dörte Heinrich. (Foto: Kerstin Krämers)

Mit ihrer Sorge steht Birk stellvertretend für viele. „Erhebliche Umsatzeinbußen“ erwartet auch Dörte Heinrich, Inhaberin von Bock & Seip in Saarbrücken. Sie zeichnet ein düsteres Bild: Man müsse nun Kosten reduzieren, dabei müssten sich viele Händler „gravierende Fragen“ über das stellen, was künftig noch zu leisten sei.

Unklare Kommunikation

Die Unsicherheit im Buchhandel wird verstärkt durch einen so empfundenen Mangel an belastbaren Fakten. „Der Informationsstand ist gering“, kritisiert Brigitte Gode, Chefin der Buchhandlung Gollenstein. „Wir hängen in der Luft.“ Selbst viele Schulen wüssten derzeit nicht, wie es weitergehe, ist ihr Eindruck. Diesen teilt man im zuständigen Börsenvereins-Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland:

Brigitte Gode. (Foto: Gollenstein Buchhandlung)

Die Lage sei „diffus“, die Kommunikation schwierig, weil manche Instanzen selbst nicht informiert seien, wie es auf der Geschäftsstelle heißt. Ganz ausschließen will man im Verband nicht, dass es noch eine hybride Zukunft geben könnte. Man ermutige daher die Buchhandlungen im Saarland, in jedem Fall engen Kontakt zu den Schulen zu halten, um möglichst nah dran zu sein.
Bücher König-Inhaberin Anke Birk sitzt im Vorstand des Landesverbands, auch sie bestätigt laufende Gespräche mit den saarländischen Ministerien. Man höre bisher aber nicht viel mehr als „freundliche Worte“.

Schulbuchgeschäft: Manfred Keiper setzt Zeichen für die Buchbranche

Auch Gode ärgert sich über die Kommunikation: Man pflege doch im kleinen Bundesland eigentlich einen intensiven Austausch mit dem Bildungs- und Kulturministerium, doch diesmal dringe nichts nach außen. Sicher sei nur: Die bisherigen Lösungsansätze kämen aktuell nicht über den Ideenstatus hinaus. Es werde viel vertröstet. Ihre Befürchtung: Das werde „einige Buchhandlungen in der Existenz treffen“. Bei Gollenstein macht das Schulbuchgeschäft zwischen 15 und 20% des Umsatzes aus. „Das bringt uns sonst über die Sommermonate“, sagt Gode und verweist auch auf weitere, bisher nur wenig diskutierte Folgen: Mit dem Wegfall des Schulbuchgeschäfts würden auch Kundenfrequenzen sinken, Elternkäufe und Mitnahmegeschäfte abnehmen. „Wir sind dann in einer Situation, in der wir nur noch hoffen können.“

Möglichkeiten, Umsätze aufzufangen, liegen aus Sicht der Buchhandlungen im Nachmittagsmarkt, der Erwachsenenbildung oder aber in der Ausstattung von Schulbibliotheken, die der Buchhandel mit größeren Budgets seitens der Schulen mit gedruckten Bücher bestücken könnte. Doch das werde nicht reichen, um die Verluste an anderer Stelle zu kompensieren, schätzen die befragten Buchhandlungen. „Wir werden nicht locker lassen“, sagt Anke Birk. „Als Buchhandlungen sitzen wir hier alle im selben Boot.“

Edu:regio in Düsseldorf

Der Verband Bildungsmedien veranstaltet am 10. und 11. Februar 2023 erstmals die Edu:regio, eine Ausstellung für Anbieter aus dem Bildungsbereich mit parallelem Fortbildungsprogramm. Die Veranstaltung richtet sich an Lehrkräfte, Schulleiter, Schulträger und IT-Verantwortliche in Schulen. Der Verband rechnet bei der Premiere mit bis zu 3500 Teilnehmern im Düsseldorfer Congress Center. Zu den bisher bekannten Ausstellern gehören naturgemäß die im Verband organisierten großen Bildungsverlage Beltz, Cornelsen, Klett, Mildenberger und Westermann.

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