Der Phantastikpreis der Stadt Wetzlar wird in diesem Jahr an die Berliner Autorin Sabrina Železný vergeben. Sie erhält die mit 4000 Euro dotierte Auszeichnung für ihr Buch „Kondorkinder – Das Spiegelbuch und die verlorenen Geschichten“, 2021 erschienen im Art Skript Phantastik Verlag. Die elfköpfige Fachjury (bestehend aus Vertretern von Buchhandel, Verlagswesen, Bibliothek, Schule, Universität und Medien) hat am 20. Juli 2022 aus über 100 eingereichten Titeln Sabrina Železnýs Roman ausgewählt. Mit auf der Shortlist standen „Pantopia“ von Theresa Hannig (Fischer Tor 2022) und „Athos 2643“ von Nils Westerboer (Klett-Cotta 2022).
Die Begründung der Jury lautet: „Die Kulturanthropologin und Altamerikanistin Železný führt uns in zwei Handlungssträngen in das Peru des 17. und 21. Jahrhunderts – und damit in die Zeit der spanischen Eroberung und in das Heute, in dem die Folgen dieser einstigen Okkupation immer noch spürbar sind. Im Zentrum des Romans steht ein magisches Buch, das eigens dafür hergestellt wird, die mündlich überlieferten Geschichten aufzunehmen und denjenigen mit einem Fluch belegt, der es verspottet. Zwei Frauen aus unterschiedlichen Jahrhunderten machen sich auf die Suche nach den verlorenen Geschichten, um das leere Buch mit dem füllen, was aus dem Hochland zu verschwinden droht: Erzählungen von zürnenden Berggöttern und Fabelwesen zwischen Mensch und Tier, aber auch von gewaltsamer Eroberung, Gier nach Gold, Diskriminierung, Entrechtung, ja sogar von der versuchten Ausrottung ganzer Gruppen. Beide erweisen sich erst als würdige Sammlerinnen, als sie auch Wege finden, die Geschichten weiterzugeben, als Lieder zum Klang des Charango oder als Texte für moderne Popsongs.
Železný schreibt voller Sympathien für die indigene Bevölkerung. Ihr gelingt eine liebevolle Annäherung ohne Aneignung. Die von der Autorin märchenhaft-magisch gestrickte Handlung führt uns spannend und bildstark vor Augen, wie wichtig kollektiv geteilte Mythen für die gemeinsame Identität sind. Železnýs Leidenschaft für Peru spricht aus jedem Kapitel und entführt in einem opulenten Leseerlebnis in eine Welt, die vielen von uns fremd ist. Man folgt ihr auf steinigen Wegen hinauf zu wilden Hochebenen, man sitzt mit ihr im rumpelnden Bus von Lima nach Cajamarca oder geht auf den geheimen Pfaden des Südwinds an der Seite eines magischen Alpakas. ‚Kondorkinder‘ ist ein spannendes Buch, das Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen anspricht. Und trotz aller enthaltenen Magie ist es auch ein politisches Buch mit der Botschaft: Lernt, einander besser zu verstehen, erzählt euch, was ihr wichtig findet im Leben.“
Die Überreichung des Preises, der seit 1983 verliehen wird, erfolgt durch Oberbürgermeister Manfred Wagner im Rahmen der Wetzlarer Tage der Phantastik am Samstag, 10. September, um 17 Uhr in der Phantastischen Bibliothek, Turmstraße 20, Wetzlar.
Seit 1983 wird der „Phantastikpreis der Stadt Wetzlar“ verliehen. Der Preis ist ein mit 4000 Euro dotierter Literaturpreis, der jährlich für einen Roman vergeben wird. Mit dem Preis ausgezeichnet werden Werke aus allen Spielarten der Phantastik, vom magischen Realismus bis hin zu Fantasy Science Fiction, Utopie und Horror. Besonderer Wert wird darauf gelegt, dass das phantastische Element – ähnlich wie in Goethes „Zauberlehrling“ – auch Zusammenhänge des wirklichen Lebens in einem neuen Licht erscheinen lässt. Der Preis wird von der Stadt Wetzlar in Kooperation mit der Phantastischen Bibliothek Wetzlar verliehen. Die Jury besteht aus Literaturkennern aus Wetzlar und der näheren Umgebung, die einen engen Bezug zur phantastischen Literatur haben.
Für die Vergabe des Phantastikpreises werden den Preisrichtlinien* entsprechend Bücher berücksichtigt, die zwischen dem 1. April des Vorjahres und dem 31. März des Jahres, in dem der Preis verliehen wird, als Originalveröffentlichung in deutscher Sprache erschienen sind und der Jury bis spätestens 31. März vorliegen. Die Verleihung erfolgt im September in Wetzlar im Rahmen eines Festaktes durch den Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar.
Die Preisrichtlinien im Einzelnen:
- Der Titel muss in originär deutscher Sprache verfasst sein. Es darf sich also nicht um eine Übersetzung aus anderen Sprachen handeln.
- Der Titel muss als gedrucktes Buch vorliegen und über eine ISBN verfügen.
- Nicht eingereicht werden dürfen Kurzgeschichten, Anthologien und Lyrik-Bände.
- Der Titel muss im Zeitraum zwischen dem 01.04.2020 und dem 31.03.2021 als gedrucktes Buch erstmals publiziert worden sein.
- Die Einreichungsfrist endet mit dem 31.03. des Jahres der Preisverleihung.
- Titel können sowohl von Autoren als auch von Verlagen eingereicht werden.
- Jeder eingesendete Titel muss zwei Mal als gedrucktes Buch an die Phantastische Bibliothek Wetzlar gesendet werden (Postanschrift siehe weiter unten).
- Mit der Einreichung erklärt sich der Einreichende bereit, für den Fall der Wahl des Titels auf die Long List der Jury bis zu zehn weitere Exemplare des Titels zur Verfügung zu stellen.
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