Wenn sich die britische Buchbranche Ende Mai in London trifft, um die besten Verlage, Buchhändler, Lektoren etc. des Jahres zu ehren, werden die Preisträger üblicherweise höflich beklatscht und das war’s. Nicht so in diesem Jahr: Die Entscheidung der Jury, den „Bookseller of the Year Award“ an die Supermarktkette Sainsbury’s zu vergeben, ist auf der Insel höchst umstritten und hat nicht nur in Kreisen des unabhängigen Buchhandels ebenso empörte wie hitzige Diskussionen provoziert.
Tageszeitungen wie der „Guardian“ berichten spöttisch-amüsiert über Sainsbury’s Beförderung in die Beletage des britischen Buchhandels. Auch der „Bookseller“ muss sich kritische Fragen gefallen lassen. Das Fachblatt gehörte in diesem Jahr zu den Hauptsponsoren der von „British Book Industry Awards“ in „The Bookseller Industry Awards“ umbenannten Branchenpreise. Der Versuch von „Bookseller“-Redakteur Tom Tivnan, der ebenso wie Chefredakteur Neill Denny Mitglied der Jury war, die Entscheidung pro Sainsbury’s in einem langen Blog zu rechtfertigen, hat die Wogen nicht geglättet, ganz im Gegenteil.
Bei der Preisvergabe wurden vor allem drei Gründe für die Wahl der drittgrößten britischen Supermarktkette zum Buchhändler des Jahres angeführt: Neben Sainsbury’s verstärktem Engagement für Bücher und einem um mehr als 33% gestiegenen Buchumsatz auch die Tatsache, dass der Supermarkt neue Buchkäufer gewinnt.
Welche Marktmacht Sainsbury’s mittlerweile darstellt, zeigen beispielsweise die 250 000 abgesetzten Exemplare von Jamie Olivers „30 Minute Meals“, was allerdings auch damit zusammenhängt, dass der populäre Fernsehkoch seit Jahren die Galionsfigur in der Fernsehwerbung des Supermarktriesen ist. Aber 25 000 verkaufte Hardcover von John Grishams „The Confession“ oder 30 000 Exemplare von Stephen Frys Memoiren „The Fry Chronicles“ können sich ebenfalls sehen lassen.
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