Jedes zweite Shopping-Center hat eine Modernisierung nötig. Marktforscher Raimund Ellrott über die Perspektiven der deutschen Einkaufsoasen.
Laut GMA-Studie muss beinahe die Hälfte der deutschen Shopping-Center modernisiert werden. Wo liegen die größten Schwachpunkte?
Die Gründe für den Modernisierungsstau sind vielfältig: Neben den klassischen Faktoren wie unzureichende Standort- und Marktgegebenheiten sowie ein zu geringes Einzugsgebiet sind es häufig auch objektspezifische Aspekte, die eine Center-Revitalisierung nahelegen. Viele Center in Deutschland sind nicht nach klassischen Centergrundsätzen konzipiert worden und oftmals mangelt es den Eigentümern an Know-how – und am nötigen Geld –, zwingend erforderliche Investitionen anzugehen.
Was ist zu tun?
Jeder Eigentümer sollte sich stets fragen: Wo steht mein Center in zehn Jahren? Bin ich mit meinem Center für lange Zeit gut in einem sich ständig verschärfenden Wettbewerbsumfeld aufgestellt? Denn eines hat unsere Studie deutlich gezeigt: Fehlende Investitionen in eine Handelsimmobilie können eine Teufelsspirale nach unten auslösen: Erst sinkt die Umsatzperformance, dann schwächeln Mieter und ziehen aus der Immobilie aus, damit einhergehend entsteht Leerstand auf Mietflächen. Geringere Mieteinnahmen und Wertverlust drohen.
In den USA spricht man bereits von Dead Malls, deren Zahl zunimmt. Droht diese Entwicklung auch in Deutschland?
Nein. US-amerikanische Handelsstrukturen sind durch eine weitaus höhere Wettbewerbsdichte als hierzulande geprägt, sodass uns keine amerikanischen Verhältnisse drohen. Dessen ungeachtet sind wir der Auffassung, dass wir in Deutschland aber in näherer Zukunft auch den Abriss von Centeranlagen erleben werden. Diese werden aber Ausnahmen bleiben.
Wie wirkt sich das auf den örtlichen Handel aus, wenn vermehrt Center-Projekte in Innenstädten angesiedelt werden?
Früher hieß es, Konkurrenz belebt das Geschäft, heute heißt es vielfach: Aus Konkurrenz wird Ruin. Je nach Fallvariante können beide Sichtweisen richtig und falsch sein. Grundsätzlich gilt: Je näher ein Einkaufszentrum an gewachsene innerstädtische Einzelhandelsstrukturen heranrücken und sich in diese integrieren kann, desto größer werden die wechselseitig positiven Effekte ausfallen. Je besser die Verzahnung zwischen den gewachsenen historischen Innenstadtstrukturen mit dem Center gelingt, desto größer werden die impulsbringenden Effekte sein. Je offensiver sich der örtliche Einzelhandel auf die Herausforderungen des Wettbewerbs einstellt, desto geringer die Auswirkungen.
In manchen Städten haben Center dem örtlichen Einzelhandel sehr stark zugesetzt.
Wir halten im Gegensatz zu anderen Protagonisten der Branche nichts von Pauschalregelungen, die einem Center einen maximalen Anteil an der Verkaufsflächenausstattung einer Innenstadt zugestehen, sondern sind immer der Meinung: Jeder Standort und jede Immobilie sind ein Unikat. Deshalb müssen die positiven und negativen Auswirkungen von Centerprojekten stets einzelfallbezogen geprüft und aufbereitet werden, sodass auf dieser Basis ein Pro und Contra einer Centeransiedlung möglich ist.
Die Fragen stellte Till Spielmann
Zur Person: Raimund Ellrott
1964 in Northeim geboren hat Ellrott nach dem Studium der Geografie in Göttingen seine berufliche Karriere beim Prisma Institut für Handels-, Stadt und Regionalforschung (Hamburg) gestartet: 1999 begann er dort als Studienassistent, bis er 2009 als Vorstand des mittlerweile unter dem Namen GfK GeoMarketing geführten Instituts zur GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH wechselte. Bei dem Marktforschungsinstitut leitet er die Niederlassung Hamburg. Im Auftrag des Shopping-Center-Entwicklers Sonae Sierra hat er für die GMA eine Untersuchung zur Revitalisierung deutscher Shopping-Center durchgeführt.
Das komplete Interview ist im buchreport.magazin 4/2011 zu lesen
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