Abgekoppelt vom digitalen Zukunftsmarkt oder doch mit im Boot? – Welche Rolle die Komponente E-Commerce im stationären Sortiment spielt, hat das Mainzer Institut für Buchwissenschaft in Kooperation mit dem Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins untersucht. Eine Kernaussage: Immer mehr kleinere und mittlere Buchhandlungen haben eine „Multichannel-Strategie“ auf der Agenda.
Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Insgesamt 83% der Befragten zeigen mit einem Internetauftritt und einem Online-Shop im Web Flagge. Zum Vergleich: 2006 waren es 71%. Keinen eigenen Online-Shop haben folglich 17% der befragten Buchhändler.
- Besonders aktiv sind Buchhandlungen mit speziellem Sortiment. Antiquariate, Fach- und Spezialbuchhandlungen stufen die Bedeutung ihrer Internetpräsenz höher ein als allgemeine Sortimente.
- 17% der befragten Buchhändler haben keinen eigenen Online-Shop.
- Ebenso viele betreiben ihre Shops ohne externe Unterstützung. Es lässt sich erkennen: Nur sehr kleine und sehr große Buchhandlungen konstruieren eigenständig Webshop-Systeme.
- Die restlichen 66% der Befragten haben sich einen Dienstleister ins Boot geholt. Die Angebote der Zwischenbuchhändler spielen dabei mit deutlich größtem Anteil (55%) eine entscheidende Rolle.
- Antiquariate kümmern sich auffallend oft (zu 60%) selbst um ihren Shop.
- 35% der befragten Buchhandlungen treten auch über Social Media mit Kunden in Kontakt, davon 41% über Facebook, 15% über Xing, 13% twittern, unter 10% nutzen zudem die Branchenplattform Lovelybooks.
- 45% der Befragten sehen den hohen Zeitaufwand als großes Problem der Web-Präsenz. Gleichzeitig wird von 84% angegeben, nicht mehr als 30 Minuten pro Tag zu investieren. Fachbuchhandlungen investieren mehr Zeit in ihre Internetpräsenz: 29% von ihnen mehr als 30 Minuten pro Tag.
- Je größer eine Buchhandlung ist, desto wichtiger ist dem Inhaber die Präsenz im Internet.
- Die Zielgruppen der Internetpräsenz sind zwar weiterhin Stamm- (79%) und Neukunden (75%) des Ladengeschäfts, inzwischen aber auch verstärkt Kunden, die primär den Online-Shop nutzen sollen (61%).
- Die Ziele einer Online-Präsenz werden unterschiedlich bewertet: Eine erhöhte Erreichbarkeit und bessere Kundenbindung werden von den meisten als besonders wichtig angesehen, während Kundengewinnung, Verbesserung der Kundenkommunikation und Umsatzerhöhung eher zweitrangig scheinen.
- Bisher erfragen nur 26% der Buchhandlungen, wie zufrieden ihre Kunden mit ihrem Internetangebot sind. Zum Vergleich: Bei einer Studie des Projekts E-Commerce-Leitfaden gaben kürzlich immerhin 60% der befragten Einzelhändler verschiedener Branchen an, Nutzungsdaten ihrer Website auszuwerten, um den Erfolg ihrer Angebote zu ermitteln. Diese wiesen allerdings auch auf den zum Teil problematischen Umgang mit dem Datenschutzes hin.
- Standardisierte Kennzahlen sind lediglich bei 52% die Messung der über den Online-Shop generierten Umsätze und bei 43% die Messung der Zugriffszahlen. Je größer die Buchhandlung ist, desto differenzierter wirkt der Einsatz von Kontroll- und Messinstrumenten.
- Kommunikative Aktivitäten sind Chefsache: Die redaktionelle Betreuung der Website erfolgt bei 69% der Buchhandlungen durch die Geschäftsführung.
- Anzeigen in klassischen Medien sind vor allem für größere, finanzstarke Buchhandlungen ein probates Mittel zur Bewerbung der eigenen Website.
- Virale Marketingstrategien (3%) und Werbeanzeigen im Internet (8%) werden nur selten und dann überwiegend von großen Buchhandlungen genutzt.
- Das Web ist aber auch eine Dauerbaustelle: Unzufrieden sind die Befragten wegen fehlender Aktualität (28%), fehlender Individualität (15%) oder mangelhaftem Design (18%). 22% beklagen fehlende Resonanz.
- Als Erfolgsfaktoren gelten im Gegenzug insbesondere eine ständige Aktualisierung (12%), individuelle Gestaltung (25%) sowie gute Usability (10%).
- Fast ein Viertel der Buchhandlungen kämpft mit technischen Problemen.
- 32% sehen die mangelnde Qualifikation ihrer Kollegen als problematisch an.
Die Daten der Studie wurden im Juli erhoben, dafür wurde 3320 Mitgliedsbuchhandlungen des Börsenvereins online ein Fragebogen zugeschickt. Filialbuchhandlungen waren in dem verwendeten Verteiler üblicherweise mit ein bis zwei Hauptstellen vertreten. Insgesamt wurden 315 vollständig ausgefüllte Fragebögen erhalten, was einer Rücklaufquote von 9,49% entspricht. Alle Ergebnisse der Studie wurden noch nicht veröffentlicht.
Im Buch- und Medienhandel setzen übrigens Unternehmen wie die Bertelsmann Direct Group, Gyldendal (No 1 in Dänemark) und Mir Knigi (No 1 in Russland) auf eine zentrale Plattform (Product Information Management PIM) für ihre Multichannel-Strategie.