Angesichts der niedrigen Barsortiments-Rabatte können Buchhändler mit DVDs kein Geld verdienen, meint der Eifler Buchhändler Markus Groß (Foto, Aurel Buchhandlung). In vielen Fällen liege der Einkaufspreis bei KNV & Co. höher als beispielsweise der Verkaufspreis bei Amazon. „Die von den Barsortimenten an den Buchhandel gegebenen Rabatte sind ein Schlag ins Gesicht der Buchhändler“, erklärt Groß im Interview (unten).
DVDs gelten im Sortiment als Produkte mit Zukunft…
Im Einzelfall finde ich DVDs, die wie ein Hörbuch neben einem Buch im Schaufenster platziert werden, interessant. Bei Verlagen wie Oetinger gibt es auch DVDs – in diesem Falle Jugendklassiker –, die fair rabattiert werden. Aber im großen Umfang kann der Buchhändler an DVDs nichts verdienen. Wirtschaftlich ist das bei Gewinnmargen von 10 bis 12% ein Unsinn. Bei Amazon und anderen Onlinehändlern liegen die Verkaufspreise weit unter denen im Buchhandel. Ein Beispiel: Die erste Staffel zu „The Big Bang Theory“ kostet bei Amazon 11,95 Euro; der Barsortimenterpreis liegt bei 41,99 Euro. Die Behauptung, dass DVDs im Buchhandel aktuell ein eigenes lukratives Segment und nicht nur ein Beiwerk sind, halte ich für eine Veralberung.
Sie decken sich also bei Amazon mit DVDs zum Weiterverkauf ein?
Nein, aber wenn ich einen Kunden habe, der einen bestimmten Titel sucht, dann besorge ich den bei Amazon, statt bei KNV das Doppelte zu zahlen. Ich besorge dem Kunden ja auch vergriffene Bücher so günstig wie möglich. Unsere Hände sind insofern gebunden, als wir selbst als kleine und mittlere Buchhändler gar keine Chance haben, direkt über den Großhandel DVDs zu beziehen. Ich frage mich: Wenn Amazon so gute Konditionen erzielt, warum kann das KNV oder ein anderer Zwischenbuchhändler nicht?
René Kohl von Kohlibri schlägt vor, dass Buchhändler verstärkt auf anspruchsvollere, buchkäufer-affine DVDs im Sortiment setzen, die für den Handel besser rabattiert werden müssten.
Die Idee ist gut, in diesem Bereich müsste ein Programm entwickelt werden.
Reaktionen von KNV: Nicht auf die Top-200 konzentrieren
KNV-Einkaufsleiter Markus Fels erklärt auf Anfrage von buchreport.de: „Klar ist der Deckungsbeitrag bei DVDs nicht so hoch wie bei Büchern, dafür haben die Händler mit DVDs eine deutlich höhere Lagerumschlagsgeschwindigkeit, wenn sie es richtig machen.“
Fels empfiehlt den Sortimentern, sich weniger auf die 200 bis 250 DVDs zu konzentrieren, die in den Elektronikfachmärkten Lockangebote für Elektronikartikel seien, sondern nach DVDs Ausschau zu halten, die ins Sortiment passen. „Schaut man nicht nur auf die Top-200, sondern auf die Top-1000, dann liegen wir oft auch unter den Preisen von Amazon & Co.“
KNV verzeichne aktuell ein zweistelliges Umsatzplus mit DVDs gegenüber dem Vorjahr, „und das zu einem Zeitpunkt, an dem die DVD-Branche rückläufig ist – wir wachsen im Buchhandel mit DVDs gegen den Trend.“
DVDs im Buchhandel: schnell wachsende Nische
Zahlen zum Hintergrund: Der DVD-Markt (inklusive digitaler Vertrieb und Verleih) hat 2010 zwar knapp 5% mehr filmische Produkte verkauft, wegen des gesunkenen Durchschnittspreises ist der Umsatz jedoch nur um 1% auf 1,4 Mrd Euro (+1% ggü. Vorjahr) gestiegen. Bei den Distributionswegen kommt der stationäre Buchhandel seit einigen Jahren unverändert auf einen Anteil von knapp 3% am DVD-Gesamtmarkt. Mit einem Beitrag von 1% zum Buchhandelsumsatz bleiben DVDs hier weiterhin ein Zusatzsortiment. Zwar konnte der Buchhandel mit 4,7 Mio verkauften DVDs (+15%) den DVD-Absatz steigern, durch den Preisverfall musste er jedoch beim Umsatz von 45 Mio Euro Einbußen hinnehmen (–4%).a
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