Zu den strittigen Fragen der Einkaufskonditionen gehört nicht nur die große Spreizung zwischen kleineren Standortbuchhandlungen und Händlern mit Milliardenumsatz. Der Kasseler Buchhändler Jörg Robbert hat kürzlich die Aufmerksamkeit auf das untere Ende der Konditionenskala gelenkt: Warum nicht auch über eine Untergrenze der Rabatte sprechen? Sein Argument: Die von Verlagen und Barsortimenten teilweise angesetzten Grundrabatte zwischen 25 und 30% seien nicht kostendeckend.
Das wird von zahlreichen Buchhandelskollegen in einer Umfrage bestätigt. Auf die Frage, bei welchem Rabatt die Buch-Besorgung zum Verlustgeschäft werde, wurden folgende Größenordnungen genannt:
- 62% nennen Rabatte zwischen 25 und 30% als nicht kostendeckend.
- 14% sehen auch etwas höhere Rabatte noch kritisch.
- 25% können die Schmerzgrenze nicht beziffern.
Verwiesen wird auf durchschnittliche Kosten von Buchhandlungen in Größenordnung von 30% des Umsatzes und die vom Rabatt noch abzuziehenden Portokosten. Bei hochpreisigen Titeln seien relativ niedrige Rabatte tragbar.
Was bedeutet das für die Besorgung von Titeln mit (zu) niedrigem Rabatt?
- 6% blocken „häufig“ oder „immer“ derartige Bestellungen ab.
- 27% lehnen „manchmal“ die Besorgung derartiger Titel ab.
- 67% besorgen ihren Kunden auch Titel, an denen sie nichts verdienen – mit Verweis auf eine Mischkalkulation oder auch mit Blick auf das Preisbindungsprivileg und den „gesellschaftlichen Auftrag“ des Buchhandels.
Zu geringe Rabatte und zu hohe Versandkosten, die das Buchhandeln unrentabel machen, haben eine ganze Reihe der Umfrageteilnehmer in Kommentaren genannt, im wieder das Stichwort „Versandkosten“. Hier eine Auswahl ausformulierter Statements aus der Umfrage:.
»Die Schmerzgrenze ist schon lange überschritten«
- Diese Antwort ist kompliziert. Manche Verlage geben 30% Rabatt, nehmen aber 4 € Porto. Das ist bei Einzelbestellungen dann oft so, dass wir mehr zahlen als den Ladenpreis.
- Wir haben bereits Fortsetzungswerke mit 10-15% Rabatt, die können die Verlage dann bald selbst vertreiben.
- Das kann man nicht nur über den Rabatt berechnen. Es ist auch vom Ladenpreis und von den Versandkosten abhängig. Bei kleinpreisigen Titeln (unter 15 EUR) wird die Besorgung sehr schnell zum Draufzahlgeschäft.
- Wenn wir ein Buch zum VK 100 € mit 30% besorgen, ist das ok. Wenn ein Buch zum VK 8 € mit 35% geliefert wird, dann noch 2,20 € Porto dazu kommen, ist der Rabatt aufgebraucht. Ein Grundrabattgefüge wäre da evtl. hilfreicher als ein pauschaler Grundrabatt.
- Im Moment ist das eine Mischkalkulation. Zum Beispiel kalkulieren wir die wachsende Menge an Antiquarischen Bestellungen mit mindestens 40%. So kann man dann auch in Ausnahmefällen ein Buch mit wenig oder keinem Rabatt verkaufen.
- Wenn man Verlage auf eine zu schlechte Rabattierung oder zu hohe Versandkosten anspricht, bekommt man schon sehr abenteuerliche Antworten. Oft scheinen die Branchenkenntnisse extrem schlecht zu sein.
Da die statistischen Kosten im Buchhandel bei etwa 30% liegen, muss mein Rabatt höher sein.
- Auch hier gilt Mischkalkulation: Mit einigen Titeln finanziere ich die Verlust bringenden Bestellungen. Auch hier wird die Last auf den Inhabergeführten Buchhandel abgewälzt. Beispiele Titel mit Ladenpreis von 5 € oder geringer sind so minderrabattiert, dass man betriebswirtschaftlich gegen die Preisbindung verstoßen müsste: ,Diese Titel können wir Ihnen nur mit einem Verwaltungsaufschlag von … besorgen‘ oder: ,Gibt’s nicht mehr‘. Statt dessen: Service bis es wehtut. Die Schmerzgrenze ist schon lange überschritten.
- Alles unter 35% ist eigentlich bei der derzeitigen Kostenstruktur eine Katastrophe.
- Grundrabatt 40%! Die Verlage können entsprechend ihre Kalkulation anpassen.
- Einzelne Buchbesorgungen, die nicht über das Barsortiment bestellt werden könnnen, sind durch die unfaire Portoberechnungen der Kleinstverlage immer ein Verlustgeschäft! Ein Buch unter 1kg per Päckchen für knapp 5 € zu versenden, ist ein Unding, das bei den Kleinstverlagen noch nicht angekommen ist! Hier sollte dringend mal ein Stein ins Rollen kommen!
- Wir arbeiten mit einer Mischung von Rabatten und versuchen weitgehend bei den Verlagen zu bestellen. Allerdings ist das nicht möglich bei speziellen Kundenwünschen.
- Wir haben viele Bibliotheksbestellungen, bei denen man Rabatt gewähren muss. Bei einem Verlagsrabatt von weniger als 30% bleibt fast nichts mehr übrig.
Eine traurige Entwicklung, die Verlage wollen wohl augenscheinlich immer mehr nur noch im Direktvertrieb anbieten.
25%, davon gehen noch die immer drastischer steigenden Versandkosten ab. Eindeutige Bücherwagen-Sendungen kommen seitens der Verlage oftmals mit standardisiertem Paketpreis von 5 € aufwärts. Verlage bündeln nicht mehr wirklich, wir erhalten viele Einzelsendungen, oftmals am selben Tag, jedes einzelne kostet natürlich wieder Extra-Porto. Eine traurige Entwicklung, die Verlage wollen wohl augenscheinlich immer mehr nur noch im Direktvertrieb anbieten.
- Das hängt sehr von den Akzeleratoren ab. Wird der Rabatt überlinear mit dem Umsatz gesteigert oder werden Aktionen stärker gewichtet, dann kann man darüber nachdenken, neue Modell zu etablieren. Ich sehe aber auch hier 35% Rabatt als ein absolutes Minimum. Die Verlierer sind hier aber eindeutig Neueinsteiger. Aus heutiger Sicht sind 40% ein absolutes Minimum, um dem lokalen Buchhandel eine Chance zu geben.
- Je höher der Verkaufspreis, desto eher lässt sich im Einzelfall ein kleinerer Rabatt verkraften. Unter 25% sollte es aber wirklich nicht gehen.
- Die Frage sollte lauten: Was ermöglicht ein vernünftiges Auskommen? Rabatte unter netto 40% sollten gar nicht in Frage kommen. Die Selbstausbeutung kleiner Sortimente geht auch so schon weit genug.
30% vom Umsatz beträgt in einer Durchschnittsbuchhandlung der Kostenanteil, also ist alles unter 30% nicht kostendeckend. - Verlustgeschäfte machen wir nicht. Wir kommunizieren das den Kunden und berechnen bspw. Porto- und/oder Recherchekosten. Wenn sich die Situation mit den Auslistungen bei den Barsortimenten weiter verschlimmert, dürfte es schwierig werden, als Buchhandlung einen vollständigen Besorgungsdienst anzubieten, was eine Erosion des Geschäftsmodells bedeutet.
Dass nur der Buchhandel die höheren Rabatte für Schulen bei Sammelbestellungen weitergeben muss, ist unverständlich.
- Warum werden Schulbücher immer ausgenommen? Dass nur der Buchhandel die höheren Rabatte für Schulen bei Sammelbestellungen weitergeben muss, ist unverständlich. So bleiben gerade mal um die 8% – das ist ein Witz (für die dahinter stehende Arbeit).
- Gerne schlagen Verlage die MwSt. erst nach Rabattabzug auf. Tendenziell bewerte ich Bestellungen bis 30% und drunter als Zuschussgeschäft bzw. durchlaufende Posten.
- Das Problem liegt meines Erachtens eher an der Höhe des jeweiligen Buchpreises, der Bündelung und damit den Versandkosten, als am Rabatt.
- Ein „Verlust“-Geschäft beginnt, wenn die Rabattspanne nicht ausreicht, um Versandkosten, Arbeitsaufwand, Kosten des Zahlungsverkehrs etc.pp. abzudecken.
- Mindestbestellmengen, Mindestumsätze, Versandkosten, die das Porto übersteigen, ungefragte Versendung als DHL-Paket machen es der Buchhändlerin schwer, dem Auftrag des Buchpreisbindungsgesetzes, alle mit allen Büchern versorgen zu wollen, gerecht zu werden.
Die Rabattkürzungen von Libri und Umbreit bei alltäglichen Titel schmerzen echt.
- Die Rabattkürzungen von Libri und Umbreit bei alltäglichen Titel schmerzen echt. Und die Zunahme der Kleinsendungen hängt ja auch mit den Rabattkürzungen und Sortimentsanpassungen zusammen.
Natürlich möchte ich einen Großteil meines Umsatzes mit hoch rabattierten Büchern generieren. Aber 20% bei einem Titel, der 380 Euro kostet, tut mir auch nicht weh. - Der Rabatt für individuelle Buch-Besorgungen muss immer im Zusammenhang mit den Versandkosten und dem Buchpreis gesehen werden. Liefert ein Verlag versandkostenfrei, ist der benötigte Rabatt geringer.
- Man hat im Sortiment viele Kleinbestellungen für Kunden bei Verlagen. Da bleibt kaum was übrig, besonders durch die hohen Portokosten.
Buchhandelsumfrage
buchreport hat vom 28. Mai bis 1. Juni eine Buchhandelsumfrage durchgeführt, an der sich auf E-Mail-Aufforderung online 269 Buchhandlungen beteiligt haben. Die Teilnehmer setzten sich so zusammen:
- 59% sind kleinere Buchhandlungen mit bis zu 500.000 Euro Jahresumsatz.
- 28% setzen 0,5 bis 1 Mio Euro um.
- 12% bewegen sich in der Umsatzklasse ab 1 Mio Euro.
- 2% machten zur Unternehmensgröße keine Angabe.
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