Die vor rund einem Monat bekanntgewordene Gesundschrumpfung des zur Bonnier-Tochter Piper gehörenden Berlin Verlags wird konkret: Die Geschäftsleitung hat eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingereicht, drei Viertel des 20-köpfigen Teams sind betroffen. Das geht aus einer Mitteilung von Niklas Pastille hervor, der als Rechtsanwalt den Betriebsrat des Berlin Verlags vertritt.
Pastille mahnt an, dass die Anzeige während der laufenden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen mit dem Betriebsrat eingericht wurde, ohn die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats abzuwarten: „Der Berlin Verlag hat es sehr eilig, seine Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. Der Betriebsrat soll einen Sozialplan aushandeln, während ihm der Stuhl unter dem Hintern weggezogen wird. Auch staunen wir über die bislang blamabel geringen Abfindungsangebote“. Der Betriebsrat habe klar Stellung bezogen und fordere deutliche Verbesserungen für die Mitarbeiter. Zudem geißelte der Anwalt die mangelnde Informationspolitik des Verlags. Es liege keine schriftliche Information zur anstehenden Betriebsänderung vor.
Der Piper Verlag bereinigt derzeit Portfolio und Strukturen. Im Februar hatte die Bonnier-Tochter bereits ihre Hälfte an dem Joint Venture NG Malik Buchgesellschaft an GeraNova Bruckmann verkauft. Jetzt soll der 2012 von Bloomsbury übernommene Berlin Verlag auf die Programmarbeit reduziert werden. Die vor drei Monaten angetretene Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg bezeichnet die Pläne als „unumgänglich“.
Die Pläne im Detail:
- Herstellung, Vertrieb und Marketing werden geschlossen. Ab Frühjahr 2017 wird Piper die Arbeiten zentral von München aus übernehmen.
- Lektorat und Presse sollen mit ca. fünf Mitarbeitern unter Führung von Verlagsleiter Georg M. Oswald in Berlin verbleiben.
- Sie sollen das Hardcover-Programm (Belletristik und Sachbuch) mit etwa 10 bis 12 Novitäten pro Halbjahr fortführen.
- Das kleine Taschenbuch-Programm wird bei Piper angedockt.
- Das Imprint Bloomsbury Berlin war bereits zuvor eingestellt worden. An der Programmausrichtung von Piper ändere sich nichts, sagt von Lovenberg. Weitere, auch personelle Änderungen, seien nicht geplant.
Aktuelle Informationen zur Tarifrunde 2106 Buchhandel/Verlage i. Bayern:
In der 2. Verhandlungsrunde am 14.6.2016 einigten sich die ver.di-Tarifkommission und der Arbeitgeberverband auf eine Lohnerhöhung von 1,9 % (Laufzeit bis 31.3.2017). Der Manteltarifvertrag tritt unverändert in Kraft. Vorausgegangen waren den Verhandlungen eine Postkartenaktion der Beschäftigten, ein Offener Brief von 29 Hugendubel-BetriebsrätInnen aus München, Ingolstadt, Würzburg, Schweinfurt und Kempten sowie eine Arbeitskampf-Abstimmung am Hugendubel-Standort München.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof untersagte zudem eine für den 19.6.2016 geplante Sonntagsöffnung zum Stadtgründungsfest in München.
Weitere Informationen unter: http://www.hugendubel-verdi.de
Ist es wirklich angemessen oder überhaupt nötig, in diesem Zusammenhang ein Wort wie „Gesundschrumpfung“ unhinterfragt zu übernehmen?