Die Initiative Urheberrecht fordert eine Reform des seit 2002 geltenden Urhebervertragsrechts. Urheberverbände und Gewerkschaften vertritt. Gerhard Pfennig, Rechtsanwalt, Honorarprofessor der Uni Mainz und Sprecher der Initiative, erklärt im Interview, warum er die bisherige Regelung für gescheitert hält.
Warum halten Sie das geltende Urhebervertragsrecht für reformbedürftig?
Das geltende Urhebervertragsrecht wird seinem Anspruch, den Urhebern zu einer angemessenen Vergütung zu verhelfen, leider noch nicht gerecht. Eine zentrale Ursache ist, dass sich die Verbände der Verwerter in einigen Branchen schlichtweg weigern, über die vom Gesetz vorgesehenen gemeinsamen Vergütungsregeln zu verhandeln.
Für die Buchbranche gibt es aber Vereinbarungen, etwa für Übersetzer …
Für diese Vereinbarung musste der Übersetzerverband über zehn Jahre lang zäh verhandeln; von Übersetzern mussten mehrere Prozesse geführt werden. Trotzdem betont der Börsenverein, sie sei nur für einzelne Verlage bindend und nicht allgemeingültig. Der Sinn von Vergütungsregeln ist aber nicht, dass die Urheber einen ständigen Kleinkrieg führen müssen.
Wie wollen Sie das ändern?
Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem unter anderem konkretisiert wird, wer auf Verwerterseite über Vergütungsregeln zu verhandeln hat. Ziel muss sein, diejenigen, die sich den Verhandlungen bisher entziehen, mit größerem Nachdruck an den Verhandlungstisch zu bitten. Es ist zum Beispiel äußerst bedauerlich, dass der Börsenverein sich beharrlich solchen Verhandlungen verweigert und die Verbindlichkeit von Regeln bestreitet.
Der Börsenverein argumentiert, dass die Unterschiede zwischen den Mitgliedsverlagen zu groß sind …
Das ist ein vorgeschobenes Argument. Im Bereich der Filmproduktionsfirmen zum Beispiel sind die Unterschiede zwischen den betroffenen Unternehmen mindestens ebenso groß wie in der Buchbranche. Trotzdem sind dort gemeinsame Vergütungsregeln zustande gekommen.
Die Buchverlage stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Ist es nicht ein falsches Signal, ihnen weitere Lasten aufzubürden?
Es geht nicht darum, die Verlage zusätzlich zu belasten. Im Gegenteil: Wir wollen das Verhältnis zwischen Urhebern und Verwertern durch faire Regelungen befrieden, damit sie ihre gemeinsamen Interessen effizient vertreten können. In den kommenden Jahren wird die große Herausforderung für alle „Contentproduzenten“ sein, gegen die mächtigen Internetkonzerne wie Google und Co. angemessene Vergütungen und Refinanzierungsmodelle durchzusetzen. Deshalb liegt es im ureigensten Interesse der Verwerter, den Schulterschluss mit den Urhebern zu suchen.
Aus: buchreport.express 18/2015
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