Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhandlungen (AUB) hat mit einem vor Sarkasmus und Ironietriefenden offenen Brief auf die von Carel Halff angestoßene Debatte über Konditionen reagiert. Die Attacke ist in Richtung der Verlage gerichtet, die dazu beigetragen hätten, dass viele unabhängige Buchhändler „platt“ gemacht worden seien. Und die ihr eigenes Grab schaufelten.
Hier der Brief im Original:
„Liebe Verlage,
wir kleinen und mittleren Sortimente fühlen mit Ihnen. Bitte seien Sie unserer aufrichtigen Anteilnahme versichert!
Erst mussten Sie sich von den Ketten Konditionen abpressen lassen, die nicht zu rechtfertigen waren, nicht zu rechtfertigen sind und niemals zu rechtfertigen sein werden. Beflügelt von diesen vielen Konditionenwundern eröffneten die Ketten große Flächen, mit denen sie vielerorts Ihre bis dahin besten Kunden, die inhabergeführten Mitbewerber, im Handumdrehen platt zu machen vermochten. Nun, da größere unabhängige Sortimente weitestgehend verdrängt sind, eröffnen uns die Ketten, dass die großen Flächen gar nicht wirtschaftlich zu betreiben sind. Das wussten wir – und Sie – zwar auch vorher schon. Jedoch haben Sie – und unfreiwillig auch wir, irgendwo mussten Sie den Ausgleich ja wieder eintreiben – diese Marktverwerfungen befördert. Nur nebenbei: Solch rabiate Machtausübung als ´Strukturwandel´ zu verharmlosen, wäre lachhaft … wenn es nicht zum Weinen wäre.
Nun, da in den Innenstädten und Einkaufszentren nur noch Ketten mit zu großen Flächen herrschen, wird die nächste Stufe gezündet. Da sagen die Ketten, dass ihre bloße Anwesenheit in den Zentren gefälligst von den Verlagen (mit)finanziert werden müsse! (Die Idee ist super, wir kleinen und mittleren Sortimente müssen mal drüber nachdenken, ob wir etwas Ähnliches erfinden können.) Lassen Sie uns raten. Natürlich werden Sie auf diese Ansinnen eingehen – schließlich ist es verdammt schwierig umzukehren, wenn man einmal auf eine schiefe Ebene geraten ist. Wir können Ihnen da ein leidvoll Liedlein singen, denn auch wir sind – nicht ohne Ihr Zutun – auf einer schiefen Ebene unterwegs. Vielleicht sollten wir uns zusammensetzen, damit wir Ihnen ein paar Ideen vorlegen, wie Sie die kommenden, abermals nicht zu rechtfertigenden Über-Konditionen an die Ketten wieder hereinholen können. Denkbar wäre eine Spendensammlung bei den Resten des unabhängigen Sortiments. Oder wir senken den Standardreiserabatt von 40 auf 35 Prozent (30 Prozent geht leider nicht, da machen die Banken nicht mehr mit). Wäre Ihnen damit vorerst geholfen?
Eine Frage zum Schluss: Wie lange wollen Sie sich das eigentlich noch antun und Schippe um Schippe Ihre eigenen Ruhestätten schaufeln?
Mit freundlichen Grüßen
vom Vorstand AUB e.V.
Hartwig Bögeholz
Karin Esch
Uwe Fischer
Lutz Herberg
Christian Röhrl“
Kleine Verleger, wie ich einer bin, haben sich von den großen Ketten nichts abpressen lassen, weil die Konzernhändler mit Leuten wie mir ja gar nicht erst reden.
Das sind also Rabattgeschäfte zwischen Konzernen und Großunternehmen. Wenn sich ein Konzernverlag zuviel Rabatt abquetschen lässt, sieht man, dass es dort nicht um das Buch geht, sondern einzig um den Quartalsprofit. Dieses Geschäftsmodell aber geht seinem Ende entgegen, denn weder Natur noch Kultur ertragen diese kategorische Dummheit auf Dauer.
Gespannt bin ich, ob die kleinen Buchhändler dann auch mal von den kleinen Verlagen was ins Sortiment nehmen. Diese Bewegung fehlt mir nämlich auch gänzlich. Man kann also auf alle Seiten bedenklich blicken.
Peter Kern
Eigentlich schade, liebe Kollegen vom AUB, dass Sie nun auch in Bausch und Bogen alle Verlage in einen Topf werfen, wenn Sie auf den versuchten Anstoß zu einer neuen Debatte über Konditionen im Buchmarkt reagieren. Wohin ein Buchmarkt steuert, der sich vor allem über Expansion und Handelsmargen entwickeln will, lässt sich derzeit bestens im amerikanischen Markt studieren, der am Ende genau dieses auf die Spitze getriebenen Weges kurz vor der Implosion steht. Das ist nicht weiter überraschend. Nun haben ja aber auch nicht alle deutschen Verlage gleichermaßen begeistert den von Ihnen kritisierten Weg beschritten. Ob das dann automatisch immer zu Solidarität der „Kleinen“ oder „Unabhängigen“ geführt hat, muss leider auch bezweifelt werden. Vielleicht täte es allen Bereichen des deutschen Buchhandels – ob groß oder klein, ob abhängig oder unabhängig – ganz gut, den Blick über den großen Teich zu wagen und sich zu fragen, ob denn überhaupt jemand möchte, dass sich am Ende ein deutsches Pendant zu Borders – wer immer es sein wird – ins Nichts verabschiedet und selbst die Zeche für diese letzte Aktion dann andere zahlen lässt. Noch ließe sich alternativ vielleicht darüber nachdenken, ob nicht doch mit gemeinsamen Anstrengungen für besser verkaufte Bücher für alle mehr erreicht wäre als mit Konditionskämpfen für schlechter verkaufte Bücher. Es könnten ja durchaus beide Seiten etwas aus anderen Märkten lernen.