Mit der zunehmenden Bedeutung von Tablets (und dem Verkauf der Geräte zu Produktionskosten) stellt sich die Frage, inwieweit die Nutzer der Geräte auch tatsächlich am Kauf von Inhalten interessiert sind. Der Hightech-Verband Bitkom hat sich an einer Antwort versucht.
Mittels einer Umfrage unter 509 Tablet-Besitzern ab 14 Jahren hat der Verband ermittelt, für welche Medieninhalte die Nutzer Geld ausgeben. Immerhin: Mehr als die Hälfte der Tablet-Nutzer (54%) hat bereits digitale Medien gekauft. Im Detail:
- Rund jeder dritte Tablet-Nutzer (31%) hat bereits ein Spiel gekauft.
- Fast ebenso viele Nutzer (30%) haben mindestens ein E-Book für ihr Gerät gekauft – heißt aber auch: 70% nutzen das Tablet nicht als Lesegerät (für gekaufte Bücher).
- Kostenpflichtige Musik-Dateien hat knapp jeder Vierte erworben.
- Mit 16% folgen Käufe von Zeitschriften und Zeitungen.
- Hörbücher wurden von 12% der Nutzer in den virtuellen Warenkorb gelegt.
- Kostenpflichtige Filme und Serien wurden von 11% heruntergeladen.
Wohlgemerkt: Untersucht wurde nur, ob die Nutzer mindestens einen Download erworben haben – es werden also auch viele Neugierige darunter sein, die den Kauf einmalig getestet haben. Interessanter wäre eine Analyse der tatsächlichen Käufe – und ein Vergleich mit dem Kaufverhalten der E-Reader-Nutzer.
Will sagen: Gelegentlich werden Ebooks und andere digital(isiert)e Kulturgüter auch gekauft, aber das ist die Ausnahme von der Regel. Keine neue Erkenntnis.
Die Bitkom ist laut Selbstbeschreibung »das Sprachrohr der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche.«
Mit dem Tablet hat die Organisation ein prima Produkt, das zunächst alle Anbieter von digitalen Medien einbinden will.
Die Buchbranche, vor allem der Buchhandel, sollte nach meiner Meinung aber genauer prüfen, welche Effekte die Verbreitung der Tablets für die Mediennutzung hat.
Die Verlage müssen nach meiner Auffassung für Tablets andere Produkte produzieren, als sie es mit den klassischen eBooks zur Zeit tun – normale eBooks sind zu langweilig für Tablets.
Der Buchhandel, der Tablets verkauft, sollte seine Kunden genauer darüber befragen, was sie mit den Tablets tun (wollen) – ansonsten läuft er Gefahr, dem Charme eines trojanischen Pferdes zu erliegen.
Wer als Buchhändler nicht die ganze Breite der auf Tablets nutzbaren Medien (Filme, Apps, Spiele, Hörbücher, eBooks) im Download anbieten und daran verdienen kann, der sollte wenigstens am Hardware-Verkauf gut verdient haben (was angesichts des Preis-Wettbewerbs für Tablets ziemlich anspruchsvoll ist).
Nur weil Tablets cool sind, relativ günstig, kulturell vielseitige Menschen ansprechen usw., müssen sie nicht automatisch sinnvolle Buchhandelsprodukte sein – vielleicht sind sie für den Buchabsatz (print wie digital) sogar kontraproduktiv.
Ein paar weiterführende Gedanken dazu hier:
http://www.kohlibri-blog.de/20…
Spannende Einwände. Andererseits verschiebt sich die Vorliebe vieler Leser in vielen Ländern zusehends vom eReader in Richtung Tablets. Und in Sachen „Bücher“ seien „zu langweilig“ für bunte Tablets bin ich erst einmal skeptisch. Wo meiner Meinung der wirkliche Flaschenhals liegt ist die Lese- und Bibliothekssoftware, über welche wir die eBooks aufnehmen: Viel schlampige Typographie und Layout, immer noch viel zu umständliche Notizfunktionen und individuelles ‚Sharing‘, die ein Einbinden von Lesefutter in meine gesamte geistig-kulturelle Nahrungsaufnahme mehr abblocken, denn ermuntern, von DRM Hürden ganz zu schweigen. Und genau hier würde auch der Punkt für Buchhändler sein um einzuhaken: Gäbe es rund um den Lesetext ein tolles Umfeld – im Sinn von vielseitig User Verknüpfung (was aber auch nur auf Tablets funktioniert, nicht am eReader – könnte sich hier als Berater und Ansprechpartner unverzichtbar machen. gerade auch im digitalen Kosmos. Und mit viel weniger Aufwand als mit aufgemotzten ‚enhanced‘ eBooks.